Durch Auswahl eines Links wird unterhalb dieser Auflistung der vollständigen Artikel bzw. weitere Informationen dazu angezeigt: 566 Inhalt Mitglieder des FLVBW finden die FPX als PDF-Datei im Downloadbereich des internen InternetForums... ___________________________________
567 EDITORIAL: Die StVO - ein Volksgesetz?
570 Kurz und aktuell: 18 bis 24 - die risikoreichsten Jahre / Autofahren erneut teurer / Verfassungsbeschwerde: Bei Missbrauch droht Bußgeld
574 Zu Gast auf dem Lämmerbuckel: Konstituierende Sitzung des Beirats
579 Gültigkeit Theorieprüfung: Wann endet die Jahresfrist?
580 Motorradprüfungen: Fahrzeugschein ist vorzulegen
582 Vorsicht Verjährung! Vor dem Jahreswechsel: An offene Rechnungen denken
584 Info für Seminarleiter: Seminarüberwachung findet weiterhin statt
586 Motorradausbildung: Handy als Funkgerät?
588 Motorrad Total 2010: Mental trainiert fährt man besser
594 Motorrad Total 2010: Stimmen von Instruktoren
600 Betreuung von Fahranfängern: Schluss mit FSF - was nun?
602 Wettbewerbsrecht: Ist Werbung an Schulen erlaubt?
605 Demenzkranke Autofahrer: Was können Angehörige tun?
612 Gerichtsurteile: (1043) Vorfahrt im Reißverschlussverfahren / (1042) Marderbiss / (1041) Wartefrist für das Abschleppen / (1040) Auf eigene Gefahr / (1039) Zusammenstoß mit totem Reh / (1038) Steinwurf von nächtlicher Autobahnbrücke ist versuchter Mord / (1037) Keine Werbeanlagen neben Autobahn
Motorradausbildung: Handy als Funkgerät?
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe November/2010, Seite 586
Not macht erfinderisch. Dieser Spruch bewahrheitet sich immer wieder. Obwohl die Vorschrift über die Benutzung von Funkanlagen bei der Ausbildung von Motorradfahrschülern seit 1. April 1986 gilt, gibt es dafür noch immer keine preiswerte und zugleich sichere Funkanlage. Deshalb experimentieren auch ein Vierteljahrhundert nach Einführung der Vorschrift viele Fahrlehrer mit unterschiedlichen Systemen.
Die Ansprüche, die verantwortungsbewusste Fahrlehrer an eine Führungs-Funkanlage stellen, werden von der in der DV-FahrlG festgelegten Norm nicht definiert. Dort heißt es lapidar: „Eine Funkanlage, die es dem Fahrlehrer gestattet, den Fahrschüler während der Fahrt anzusprechen (einseitiger Führungsfunk).“
Anforderungen an Funkanlagen
Damit ein Fahrlehrer bei der Ausbildung seiner Verantwortung gerecht werden kann, muss eine Funkanlage
- auf geschützten Kanälen arbeiten, um fälschliche Anweisungen durch Dritte zu vermeiden,
- eine ausreichende Batteriekapazität haben, die mindestens während eines Ausbildungstages durchhält,
- einfach zu montieren sein, wenn der Fahrschüler den eigenen Helm benutzen will,
- eine ausreichende Reichweite haben, so dass bei Autobahnfahrten die Verbindung auch dann nicht abreißt, wenn sich beim Einfahren in die Autobahn oder bei Überholmanövern Fahrzeuge zwischen den vorausfahrenden Fahrschüler und das Fahrzeug des Fahrlehrers schieben,
- ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis haben,
- eine sichere Verbindung während der gesamten Fahrstunde bieten,
- den Fahrschülern und Fahrlehrern eine Unterbrechung der Verbindung signalisieren.
Die von den meisten Fahrschulen eingesetzten Anlagen sind entweder preisgünstig, erfüllen aber nicht alle diese Mindeststandards, oder sie sind qualitativ ausreichend, aber sehr teuer.
Eine neue Idee
Ein Fahrschulinhaber aus Niedersachsen hatte eine Idee. Das von ihm und seinen Mitarbeitern benutzte Handynetz bietet eine sehr preisgünstige Flatrate. Da der Kollege jeweils nach drei Jahren kostenlos ein neues Handy bekam, lagen in den Schubladen der Fahrschule mehrere ältere, voll funktionsfähige Modelle herum. Passende Freisprecheinrichtungen waren auch vorhanden. Wenn ich meinem Fahrschüler das Handy in die Brusttasche des Schutzanzugs stecke, dem Fahrschüler den Kopfhörer verpasse, das Handy einschalte und die Nummer des Fahrschüler-Handys wähle, so dachte er, habe ich doch eine einwandfreie Funkverbindung, die überdies preiswert ist.
Ist die Idee auch rechtssicher?
Doch er bekam Bedenken: Ist meine Idee rechtens? Er schaltete seinen Verband ein, der sich an die Bundesvereinigung wandte. Die schaltete zur Klärung der fernmelderechtlichen Zulässigkeit die Bundesnetzagentur ein. Parallel dazu wandte sich die Bundesvereinigung an das Bundesverkehrsministerium, um die fahrlehrerrechtliche Seite zu klären. Die Bundesnetzagentur hatte keine Einwände gegen das Vorhaben; das Bundesverkehrsministerium war grundsätzlich auch nicht dagegen, wies aber in seiner Antwort darauf hin, dass der Fahrlehrer auch bei dieser Lösung für die sichere Verbindung verantwortlich ist.
Ei des Kolumbus?
Bevor sich ein Fahrlehrer mit der Handy-Lösung anfreundet, sollte er auf jeden Fall klären, ob damit die oben genannten Anforderungen auch erfüllt sind. Die ersten fünf Anforderungen: Geschützter Kanal, Akkuleistung, einfache Montage, ausreichende Reichweite und angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis dürften bei dieser Lösung gegeben sein. Wie sieht es aber mit Forderung Nummer 6 aus? Sichere Verbindung? In vielen Fällen dürfte auch diese Forderung erfüllt sein. Wer aber in Ballungsgebieten während der Stoßzeiten mit seinem Handy längere Telefonate geführt hat, weiß, dass unter Umständen die Verbindung getrennt wird, damit auch andere einmal telefonieren können. Es könnte also zumindest in Ballungsgebieten zu Problemen kommen. Außerdem könnte es auch insbesondere bei Autobahn- oder Überlandfahrten zu Funkunterbrechungen kommen. Niemand kann auch sicher sein, dass in Regionen, in denen heute die Verbindung steht, dies auch am nächsten Tag der Fall sein wird.
Und wie sieht es mit der Anforderung Nr. 7 aus?
Warnung bei Unterbrechung der Verbindung?
Diese Anforderung wird erfüllt. Wird eine Handy-Verbindung unterbrochen, werden die Teilnehmer durch Signaltöne informiert.
Fazit: Die Idee ist zumindest nicht uninteressant. Ein Fahrlehrer, der sie in die Praxis umsetzen will, muss aber vorher sorgfältig abwägen,
- ob sein Handyvertrag eine entsprechende Flatrate beinhaltet,
- ob die Funkverbindung seines Handynetzes in seiner Umgebung und auf den bei der Ausbildung genutzten Autobahn- und Überlandstrecken auf jeden Fall sicher ist,
- ob die Verbindung auch bei hoher Netzbelastung stabil ist.
Im Zweifelsfall hat Sicherheit Vorrang.
Hoffnung: Vielleicht lässt sich einer der Fachverlage durch diese Idee inspirieren, doch noch eine sichere und trotzdem preisgünstige Funkanlage für die Motorradausbildung auf den Markt zu bringen.
Jürgen Bauer