Streckenverbote - Wo sie enden und wo nicht

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Januar/2012, Seite 21

Die Zeichen „Zulässige Höchstgeschwindigkeit“ (274), „Vorgeschriebene Mindestgeschwindigkeit“ (Zeichen 275) sowie die Überholverbotszeichen (276/278) sind sog. Streckenverbote. Die Bezeichnung macht deutlich, dass die Verbote nicht für eine Stelle, sondern für eine bestimmte Strecke gelten.

Das Streckenverbot beginnt am Zeichen, das Ende wird durch die Zeichen 278 bis 281 oder durch das Zeichen „Ende aller Streckenverbote“ (Zeichen 282) angezeigt. Ein Streckenverbot kann auch anders enden:

  • Ohne Kennzeichnung, wenn das Verbot nur für eine kurze Strecke gilt und auf einem Zusatzzeichen die Länge des Streckenverbots angegeben ist.

Wenn das Streckenverbotszeichen zusammen mit einem Gefahrzeichen angebracht ist und sich aus der Örtlichkeit zweifelsfrei ergibt, von wo an die angezeigte Gefahr nicht mehr besteht.

Gefahrstrecke eindeutig beendet?

Bei einem Streckenverbot vor einem Bahnübergang ist das Ende klar erkennbar. Nicht immer so bei den Gefahrzeichen „Rollsplitt“ oder „Bauarbeiten“. In diesen Fällen darf der Kraftfahrer nicht schon dann das Ende des Streckenverbots annehmen, wenn auf kurze Distanz kein Rollsplitt oder keine Bautätigkeit mehr zu erkennen ist. Er muss vielmehr vorsichtig weiterfahren, bis er zweifelsfrei erkennen kann, dass die Gefahrstrecke eindeutig zu Ende ist.

Wo Streckenverbote nicht enden

Entgegen einer sich hartnäckig haltenden Mär enden Streckenverbote keinesfalls an der nächsten dem Streckenverbotszeichen folgenden Kreuzung oder Einmündung. Sie gelten vielmehr auch im weiteren Verlauf der Straße.

Hier wird oft gefragt: Wie kann ein von einer Seitenstraße Einfahrender von dem Verbot wissen?

In der Verwaltungsvorschrift (VwV) zu Zeichen 274 heißt es, dass Streckenverbotszeichen nach jeder Kreuzung oder Einmündung wiederholt werden müssen. Diese Regelung gilt zumindest dann, wenn damit zu rechnen ist, dass ortsunkundige Fahrer die Straße nutzen. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat in mehreren Fällen entschieden, dass ein Fahrer, dem das Streckenverbot bekannt ist, dieses auch dann beachten muss, wenn er das anordnende Zeichen nicht sehen konnte, weil er beispielsweise aus einer Seitenstraße eingebogen ist (u.a. Bayerisches Oberstes Landesgericht VRS Band 73, Nr. 76, Hentschel/König/Dauer Randziffer 47 und 248 h zu § 41 StVO, 40. Auflage).

Wenn der Fahrer des Fahrzeugs in Abb. 1 in die Seitenstraße abbiegt, dort wendet und später wieder die Fahrt in die bisherige Richtung fortsetzt, muss er die ihm bekannte Geschwindigkeitsbegrenzung beachten. Gleiches würde für einen Fahrer gelten, der in der Seitenstraße wohnt und von dort einbiegt.

Wo lange kein Zeichen kommt

Wird ein Streckenverbot über eine längere Strecke (mehrere Kilometer) nicht wiederholt, ist es zwar nach wie vor gültig. Doch kann einem Kraftfahrer, der das Verbot nicht beachtet, daraus nicht mehr der Vorwurf der Fahrlässigkeit gemacht werden (Hentschel/König/Dauer, 40. Auflage, Randnummer 248 h zu § 41).

Was gilt nach Gabelungen?

Weil ein Kraftfahrer nicht wissen kann, welche der beiden Straßen als Fortsetzung der bisherigen Straße gelten soll, kann man wohl davon ausgehen, dass das Streckenverbot an der Gabelung endet (Abb. 2).

Soll die Geschwindigkeitsbegrenzung nach der Gabelung weiter gelten, müsste das Verbotszeichen in einer oder in beiden Straßen wiederholt werden. 

Fortsetzung ist deutlich

Anders aber, wenn eindeutig klar wäre, welche Straße als Fortsetzung der bisherigen gelten soll. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn durch eine Fahrbahnmarkierung der Straßenverlauf deutlich wäre, oder wenn es sich um eine abknickende Vorfahrtstraße handelte. 

Beendet ein Kreisverkehr das Streckenverbot?

Welche Straße gilt als Fortsetzung der Straße mit Streckenverbotszeichen? (Abb. 4) 

Wer in einen mit der Zeichenkombination 205 und 215 gekennzeichneten Kreisverkehr einfährt, darf nach § 9a Abs. 1 nicht blinken. Das Verlassen des Kreisverkehrs wird einem Abbiegen gleichgestellt (Hentschel/König/ Dauer, 40. Auflage, Randziffer 11 zu § 9a StVO). Deshalb muss das Verlassen des Kreisverkehrs durch Blinken angekündigt werden. Die Folgerung, dass ein Streckenverbot an einem Kreisverkehr endet, wäre sicher nicht ganz von der Hand zu weisen.

Was meinen Sie, liebe Leserinnen und Leser?

Wir würden uns freuen, wenn wir mit dieser Frage eine lebhafte Diskussion auslösen könnten. Auf dem nächsten Bund-Länder-Fachausschuss Straßenverkehrs-Ordnung (BLFA-StVO) wollen sich die Vertreter des Bundesverkehrsministeriums und der Bundesländer mit dieser Frage befassen. Vielleicht können wir zu den Beratungen wichtige Anregungen aus der Praxis beisteuern.

Peter Tschöpe