Fahrberechtigung für Einsatzfahrzeuge – Anwendungshinweise für Behörden

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Februar/2013, Seite 98

Mitglieder des FLVBW finden die Anwendungshinweise des Ministeriums hier im internen InternetForum ...

Am 1. Dezember 2012 trat die zweite Fahrberechtigungsverordnung in Kraft (siehe FahrSchulPraxis 12/2012 Seite 655 ff.). Dazu hat das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg Anwendungshinweise für die Behörden herausgegeben. Lesen Sie nachstehend die für Fahrschulen wichtigsten Hinweise.

Besitz der Klasse B

Es wird klargestellt, dass die Fahrerlaubnis Klasse B der Antragsteller ohne Unterbrechung seit zwei Jahren gültig sein muss; die Zeit des begleiteten Fahrens mit 17 zählt.

Nach vorausgegangener Entziehung der Fahrerlaubnis darf eine Fahrberechtigung erteilt werden, sofern seit Neuerteilung zwei Jahre vergangen sind. Ein Fahrverbot nach § 25 StVG ist für die Zweijahresfrist ohne Bedeutung, weil die Fahrerlaubnis nicht erlischt. Selbstverständlich darf während eines Fahrverbots von der Fahrberechtigung nicht Gebrauch gemacht werden.

Ehrenamtliche Tätigkeit

Das Ministerium weist ausdrücklich darauf hin, dass die Fahrberechtigung nur an „ehrenamtlich tätige Angehörige einer freiwilligen Feuerwehr, eines nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienstes, des technischen Hilfswerks oder einer sonstigen Einheit des Katastrophenschutzes“ erteilt werden darf. Der Anwendungsbereich der Verordnung umfasst nicht „Einsatzabteilungen mit Angehörigen der Berufsfeuerwehr oder mit hauptamtlichen Kräften und Werksfeuerwehren“.

Als ehrenamtliche Tätigkeit im Sinne der Fahrberechtigungsverordnung ist „eine unentgeltliche, nicht auf Gewinnerzielung abzielende Tätigkeit zu verstehen“. Und weiter: „Als ehrenamtliche Tätigkeit gelten auch Tätigkeiten im Rahmen des freiwilligen sozialen Jahres oder im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes. Diese Tätigkeiten werden nicht vorrangig zu Erwerbszwecken ausgeübt, sondern sind als freiwilliges Handeln im gemeinnützigen Bereich zu verstehen. Die empfangenen Leistungen, insbesondere das Taschengeld, sind nicht als Arbeitsentgelt, sondern als Aufwandsentschädigung anzusehen.“

Aufgabenbezogener Anwendungsbereich

„Die Fahrberechtigung darf nur für die ehrenamtliche Aufgabenerfüllung der genannten Organisationen genutzt werden. Umfasst sind nur Fahrten mit Einsatzfahrzeugen, die im Zusammenhang mit der gesetzlichen Aufgabenerfüllung der Organisationen stehen. Nicht umfasst sind beispielsweise Privatfahrten oder Vereinsausfahrten.“

Organisationsübergreifender Anwendungsbereich

„Die Fahrberechtigung gilt organisationsübergreifend, sodass Personen, die beispielsweise als ehrenamtliche Angehörige einer freiwilligen Feuerwehr die Fahrberechtigung erworben haben, auch im Rahmen der ehrenamtlichen Aufgabenerfüllung eines Rettungsdienstes davon Gebrauch machen können.“

Anforderungen an die ausbildende Person

„Die ausbildende Organisation hat vor Bestellung der ausbildungsberechtigten Person zu überprüfen, ob die Person diese (in § 2 Absatz 3 Fahrberechtigungsverordnung genannten) Anforderungen erfüllt. Sie kann von der Person eine Auskunft aus dem Verkehrszentralregister verlangen.“

Fahrlehrer als Ausbilder

„Ohne Rücksicht auf das Lebensalter, den Punktestand und die Dauer des Vorbesitzes der Klasse C1 bzw. C1E kann die Ausbildung durch Fahrlehrer im Sinne des Fahrlehrergesetzes erfolgen. Fahrlehrer müssen nicht Angehörige der ausbildenden Organisation sein.“

Stellung der ausbildenden Person

„Die ausbildende Person gilt nach den bundesrechtlichen Vorgaben des § 2 Absatz 16 StVG in Verbindung mit § 2 Absatz 15 StVG bei Ausbildungsfahrten als verantwortlicher Fahrzeugführer.“

Ausbildungsumfang

„Der Umfang der Ausbildung hängt davon ab, welche Fahrberechtigung erworben werden soll: Für die Fahrberechtigung bis 4,75 t besteht die Ausbildung nach Ziffer 2.1 der Anlage 2 aus mindestens fünf Einheiten zu je 45 Minuten. Eine Einheit muss als theoretischer Unterricht erfolgen, wobei insbesondere die Besonderheiten von Einsatzfahrten zu behandeln sind. Im Übrigen obliegt die Aufteilung in Theorieunterricht und praktische Übungen der ausbildenden Organisation. Die fünf Ausbildungseinheiten können auch zusammenhängend absolviert werden.“

Erweiterung auf 7,5 t

Die erweiterte Fahrberechtigung bis 7,5 t ist nach Nummer 2.3 der Anlage 2 mit einer Zusatzausbildung von zwei Einheiten zu je 45 Minuten möglich.

„Sowohl für die Fahrberechtigung bis 4,75 t als auch bis 7,5 t ist der Erwerb einer Fahrberechtigung auch für Fahrzeugkombinationen möglich. In diesem Fall ist nach Nummer 2.4 der Anlage 2 jeweils eine zusätzliche Einheit von 45 Minuten erforderlich, in der die anhängerspezifischen Ausbildungsinhalte nach Nummer 1.4 der Anlage 2 mit praktischen Übungen zu vermitteln sind.“

Durchführung der Ausbildung

„Aus Gründen der Verkehrssicherheit darf die praktische Ausbildung erst im öffentlichen Straßenverkehr durchgeführt werden, nachdem sich die ausbildende Person davon überzeugt hat, dass der/die Bewerber/in das Führen des Ausbildungsfahrzeugs sicher beherrscht. Die ersten Übungen und Fahrten sollten daher im nichtöffentlichen Straßenverkehr – z.B. auf Verkehrsübungsplätzen – stattfinden. Die Ausbildung ist abgeschlossen, wenn der/die Bewerber/in fähig ist, selbstständig das Ausbildungsfahrzeug auch in schwierigen Verkehrslagen verkehrsgerecht und sicher zu führen.“

Ausbildungsbescheinigung

„Nach Abschluss der Ausbildung hat die ausbildende Person eine Ausbildungsbescheinigung nach § 2 Absatz 4 in Verbindung mit Anlage 3 auszustellen. Der Inhalt und Umfang der Ausbildung (bis 4,75 t, bis 7,5 t, mit Anhängerberechtigung) wird im Ausbildungsnachweis gemäß Anlage 3 durch Anbringen des Stempels der ausbildenden Organisation und der Unterschrift der ausbildenden Person in den drei Kästchen – soweit zutreffend – dokumentiert.“

Prüfung zum Erwerb der Fahrberechtigung

„Ohne Rücksicht auf das Lebensalter, den Punktestand und die Dauer des Vorbesitzes der Klasse C1 bzw. C1E kann die Prüfung durch Fahrlehrer im Sinne des Fahrlehrergesetzes oder Personen erfolgen, die als Sachverständige oder Prüfer einer technischen Prüfstelle im Sinne des Kraftfahrsachverständigengesetzes amtlich anerkannt sind. Fahrlehrer bzw. Sachverständige oder Prüfer müssen nicht Angehörige der ausbildenden Organisation sein. Die ausbildende Person und die Prüfperson dürfen nicht dieselbe Person sein.“

Stellung der Prüfperson

„Die Prüfperson gilt nach den bundesrechtlichen Vorgaben des § 2 Absatz 16 StVG in Verbindung mit § 2 Absatz 15 StVG bei Prüfungsfahrten als verantwortlicher Fahrzeugführer.“

Begleitung bei der Prüfung

Das Ministerium vertritt die Auffassung, dass eine Begleitung durch die ausbildende Person bei der Prüfung nicht vorgeschrieben ist. Deshalb gilt die prüfende Person als verantwortlicher Führer des Prüfungsfahrzeugs. Fahrlehrer sollten bedenken, dass die Prüfung in der Regel in einem Fahrzeug ohne Doppelpedale stattfindet.

Durchführung der Prüfung

„Die praktische Prüfung hat im öffentlichen Straßenverkehr zu erfolgen. Sie findet nach Abschluss der Ausbildung statt. Der Prüfperson ist vor der Prüfung die Ausbildungsbescheinigung zu übergeben. Das Ausstellungsdatum der Ausbildungsbescheinigung soll nicht länger als drei Monate zurückliegen. Vor Beginn der Prüfungsfahrt ist dem/der Bewerber/in zu erläutern, wie Anweisungen gegeben werden. Die Prüfperson gibt die Fahrtstrecke an.“

Bewertung der Grundfahraufgaben und der Prüfungsfahrt 

„Die Prüfung ist insgesamt als nicht bestanden zu werten, wenn der/die Bewerber/in die Grundfahraufgabe auch bei Wiederholung nicht fehlerfrei ausführt, den umliegenden Verkehrsraum ungenügend beobachtet und es dadurch zu einer Gefährdung kommt, eine Person, ein Fahrzeug oder einen anderen Gegenstand anfährt.“

Im Übrigen gelten für das Nichtbestehen der Prüfungsfahrt die Regelungen aus der Prüfungsrichtlinie für die allgemeine Fahrerlaubnisprüfung. Das bedeutet, fehlerhaftes Verhalten wird in zwei Gruppen eingeteilt: Fehler, die zum sofortigen Nichtbestehen führen, und Fehler, die erst in der Wiederholung oder durch Häufung zum Nichtbestehen führen.

Nichtbestehen der Prüfung

„Eine nicht bestandene Prüfung soll nicht vor Ablauf eines angemessenen Zeitraums (in der Regel nicht weniger als eine Woche) wiederholt werden. Sofern der/die Bewerber/in dreimal die Prüfung nicht besteht, soll die Abnahme einer weiteren Prüfung unterbleiben.“

Verfahren zur Erteilung der Fahrberechtigung

In Baden-Württemberg ist für die Erteilung der Fahrberechtigung die Fahrerlaubnisbehörde zuständig, in deren Bezirk der/ die Bewerber/in seinen/ihren ordentlichen Wohnsitz hat. In einigen anderen Bundesländern richtet sich dagegen die örtliche Zuständigkeit nach dem Dienstort der Organisation. Für Fälle, in denen ein Bewerber bei einer baden-württembergischen Organisation tätig ist, aber in einem anderen Bundesland seinen Wohnsitz hat, gilt Folgendes: In diesen Fällen kann die für den Dienstort der Organisation zuständige Fahrerlaubnisbehörde die Fahrberechtigung erteilen, sofern alle anderen Voraussetzungen erfüllt sind.

Antragstellung

Es reicht aus, wenn der Antrag auf Erteilung der Fahrberechtigung nach bestandener Prüfung gestellt wird. Dem Antrag ist der Führerschein, die Ausbildungsbescheinigung und die Prüfungsbescheinigung beizufügen.

Erteilung der Fahrberechtigung

Die Fahrberechtigung wird durch Aushändigung des „Nachweises der Fahrberechtigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen“ nach Anlage 1 der Fahrberechtigungsverordnung erteilt. Dieses Verfahren entspricht der Erteilung der Fahrerlaubnis. Solange der Nachweis der Fahrberechtigung nicht ausgehändigt worden ist, darf der Betroffene keine Einsatzfahrzeuge führen. Für die Erteilung der Fahrberechtigung wird eine Gebühr in Höhe von 24,30 Euro erhoben.

Übergangsregelungen für Alt-Inhaber/innen von Fahrberechtigungen bis 4,75 t

„In Form einer Übergangsregelung nach § 6 wird sichergestellt, dass Personen, die im Vertrauen auf die Fahrberechtigungsverordnung vom 18. Januar 2011 vor dem 1. Dezember 2012 eine Fahrberechtigung bis 4,75 t erworben haben, diese auch weiterhin im bisherigen Umfang nutzen dürfen (sog. Besitzstand). Dies gilt auch für hauptamtlich tätige Personen, die ihre Fahrberechtigung für die hauptamtliche Aufgabenerfüllung der Organisationen verwenden. Ein Aufstieg auf die Fahrberechtigung bis 7,5 t sowie eine Erweiterung auf die Fahrberechtigung für Fahrzeugkombinationen ist ab 1. Dezember 2012 nur noch nach den neuen Vorgaben, also insbesondere nur noch für ehrenamtlich tätige Personen möglich.“

Fahrlehrer, die als Ausbilder oder Prüfer für die Fahrberechtigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen aktiv werden wollen, sollten sich unbedingt sehr genau mit den Anwendungshinweisen beschäftigen.

Peter Tschöpe