Schutzkleidung für Motorradfahrschüler - Mehr Rechtssicherheit durch 10. FeV-Änderungsverordnung?

Motorrad-Fahrschüler müssen zur praktischen Prüfung mit kompletter Schutzausrüstung erscheinen. (Foto: BMW-Presse)
Motorrad-Fahrschüler müssen zur praktischen Prüfung mit kompletter Schutzausrüstung erscheinen. (Foto: BMW-Presse)

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Februar/2014, Seite 78

Fahrschüler der Motorradklassen sollen bei der Ausbildung und der Prüfung komplette Schutzkleidung tragen. Dazu haben sich die in der Bundesvereinigung (BVF) organisierten Fahrlehrerverbände schon seit Langem öffentlich bekannt. 
Urteile von zwei Obergerichten zur Schutzausrüstung bei der Motorradausbildung (OLG Brandenburg in FPX 2/2010 S. 82 und OLG Nürnberg in FPX 5/2012 S. 268) stützten die Haltung der Verbände. Die BVF hat Empfehlungen zur Motorradschutzbekleidung veröffentlicht und Mindeststandards formuliert. Diese Mindeststandards wurden nun konsequent in den Entwurf einer 10. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften aufgenommen. 

In der geplanten Änderung der Anlage 7 Nummer 2.2.18 zur FeV soll es heißen:

„Bei Prüfungen der Klasse A, A1, A2 und AM muss der Bewerber geeignete Motorradschutzkleidung, einen passenden Motorradhelm, Motorradhandschuhe, eine eng anliegende Motorradjacke, einen Rückenprotektor (falls nicht in der Motorradjacke integriert), eine Motorradhose und Motorradstiefel mit ausreichendem Knöchelschutz tragen. Es dürfen nur Fahrzeuge verwendet werden, für die eine Helmtragepflicht besteht.“

Schutzkleidung – Fahrlehrer ist verantwortlich

Nach der genannten Rechtsprechung trägt der Fahrlehrer bei der Motorradausbildung eine erhöhte Sorgfaltspflicht und Verantwortung, die über die Bestimmungen des § 21a Absatz 2 der StVO und § 4 der FahrschAusbO in Verbindung mit Anlage 2.1 hinausgeht. Danach ist es gerade die Aufgabe einer Ausbildung, mehr zu vermitteln, als das nach dem Gesetz absolut Notwendige. Daraus folgt: Der Fahrlehrer darf die Ausbildung nur durchführen, wenn der Fahrschüler entsprechende Schutzkleidung trägt. Weigert sich ein Fahrschüler Schutzkleidung zu tragen, ist der Fahrlehrer nötigenfalls verpflichtet, die Fahrstunde komplett abzusagen. Bei einem Sturz haftet sowohl der Fahrlehrer als auch der Fahrschulinhaber für Verletzungen (§§ 280, 276, 278 BGB), die bei vorhandener Schutzkleidung nicht oder nur vermindert eingetreten wären.

Strenge Vorgaben auch für Klasse AM?

Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man zu dem Schluss kommen, bei Ausbildungen der Klasse AM sei die volle Montur nicht unbedingt nötig. Denn man bilde ja vorwiegend auf Motorrollern aus. Und AM-Neulinge benutzen ihre Roller hauptsächlich als Stadtfahrzeuge. Doch nach sorgfältiger Überlegung darf die Klasse AM aus der Regelung nicht ausgeklammert werden.

Hier die wesentlichen Argumente unseres Motorradreferenten Karl-Heinz Hiller gegen eine Sonderregelung:

  • Unsere Fahrschüler müssen gut angezogen auf dem Zweirad sitzen, egal ob Roller, Leichtkraftrad oder Motorrad. Ein Verletzungsrisiko besteht auch bei geringen Geschwindigkeiten. Die obige obergerichtlich postulierte Sorgfaltspflicht des Fahrlehrers muss so weit gehen, dass ein Fahrschüler bei jeder Zweiradausbildung möglichst gut bekleidet auf die Maschine gesetzt wird.
  • Der Fahrschüler soll lernen, dass gute Schutzkleidung (neben einem technisch perfekten Fahrzeug) der einzige passive Schutz beim Zweirad ist.
  • Fast jede neue Motorradjacke hat bereits einen Rückenprotektor integriert. Und wenn nicht, muss man eben nachrüsten.
  • In der Fahrlehrerschaft muss die Forderung gelten: Immer und in jeder Situation perfekt angezogen! Egal ob AM oder Motorrad mit 200 PS. Beim Thema Sicherheit gibt es keine Kompromisse!
  • Auch das Argument, dass dies Geld kostet, kann nicht überzeugen. Eine Fahrschule muss ein Grundsortiment an Schutzkleidung haben. Wenn diese vorhanden ist, dann kann sie auch für die Klasse AM eingesetzt werden.

Was heißt „Motorradstiefel, Motorradhose, Motorradhandschuhe“?

Der Verfasser selbst hat sich in einem Fachgeschäft beim Kauf von Motorradstiefeln beraten lassen. Da gab es Schuhe, die teilweise als leichte, wasserdichte Sportschuhe (Textilfutter, Knöchelschutz, verstärkte Fersenkappe, Reflektor, Fußbett, Gummisohle; knapp über den Fußknöchel reichend und mit Schnürsenkel, aber ohne Klettverschluss, um die Schnürsenkel zu versorgen) deklariert waren. Daneben gab es ähnliche Schuhe (auch nur halbhoch über den Fußknöchel reichend), jedoch mit einem Klettverschluss statt Schnürsenkel und dem weiteren zusätzlichen Hinweis auf eine abriebfeste hitzebeständige Gummisohle. Können solche „Stiefel“ bei der Ausbildung verwendet werden? Hier wird es noch manche Diskussion geben, da die Bezeichnung „Motorradstiefel mit ausreichendem Knöchelschutz“ interpretationsfähig ist.

Wer entscheidet bei der Fahrprüfung?

Obschon in dem obigen Beispiel der Verfasser einen der Schuhe als nicht motorradspezifisch bezeichnen musste, wird auch dieser Schuh vom Prüfer in der praktischen Prüfung akzeptiert werden müssen. Es ist nicht möglich, bei der Prüfung nach Katalog zu bestimmen, welcher Schuh nun akzeptiert werden kann und welcher nicht. Die Verantwortung dafür, dass bei der Prüfung den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Schutzausrüstung verwendet wird, liegt beim Fahrlehrer.

Ralf Nicolai