55. Verkehrsgerichtstag in Goslar: Senioren im Straßenverkehr

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe März/2017, Seite 194

Jedes Jahr im Januar ist in Goslar Verkehrsgerichtstag (VGT). Dann wird das kleine Städtchen im Harz für drei Tage zum Mekka von Juristen und Verkehrsexperten aus der ganzen Republik und dem benachbarten Ausland. Die Empfehlungen der Arbeitskreise (AK) haben in der Vergangenheit oft Eingang in die Gesetzgebung gefunden. In diesem Jahr beschäftigte sich der AK III mit dem Thema „Senioren im Straßenverkehr“.

Foto: DVR
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Aufgabenstellung

Die Gruppe der älteren Verkehrsteilnehmer wächst stetig. Zugleich werfen spektakuläre Unfälle mit Beteiligung von Senioren immer wieder die Frage auf, ob deshalb spezielle rechtliche Maßnahmen für ältere Kraftfahrer erforderlich sind. Der AK III wollte u.a. herausfinden, ob es probate Mittel gibt, die Risiken der Senioren zu mindern. Dabei ging es u.a. um ärztliche Untersuchungen, verpflichtende Hör-, Seh- oder Reaktionstests und auch Feedback-Fahrten unter professioneller Leitung (Fahrlehrer), die als obligatorisch einzuführen wären.

Qualifizierte Rückmeldefahrt mit einem Fahrlehrer

Zu Beginn der Tagung des Arbeitskreises unter der Leitung von Dr. Peter Dauer, dem früheren Leiter der Verkehrsbehörde der Stadt Hamburg, stellten die vortragenden Experten fest, es gebe deutliche Hinweise auf ein überdurchschnittlich hohes Unfallrisiko dieser Zielgruppe. Allerdings rechtfertige die reine Daten- und Faktenlage zurzeit (noch) nicht die Einführung obligatorischer Fahreignungsüberprüfungen. Sinnvoll sei es jedoch, Instrumente zu entwickeln, mit deren Hilfe ältere Verkehrsteilnehmer in die Lage versetzt werden können, ihre eigene Fahrkompetenz besser einzuschätzen. Denkbar sei deshalb die Einführung einer qualifizierten Rückmeldefahrt, deren Ergebnis jedoch ausschließlich der betroffenen Person und keinesfalls der Fahrerlaubnisbehörde mitzuteilen wäre. 

Senkt der Verzicht auf das Auto die Unfallzahlen?

In der Diskussion kam ein interessanter Aspekt zu Tage: Untersuchungen ergaben: Der Verzicht älterer Menschen auf das Auto bedeute oft Umstieg aufs Fahrrad und berge das Risiko, damit häufiger in Unfälle verwickelt und schwer verletzt zu werden. Deshalb ist es durchaus sinnvoll, Hilfestellung zur längeren Erhaltung der automobilen Verkehrsteilnahme zu geben. Gleichzeitig ist es enorm wichtig, ältere Kraftfahrer zu mehr Eigenverantwortung hinsichtlich ihrer Fahreignung aufzurufen.

Wichtige Rolle der Ärzte

Für ältere Menschen sind oftmals die Hausärzte zentrale Ansprechpartner. Deshalb fordert der AK die Verbesserung deren verkehrsmedizinischer Kompetenz und damit Erlangung der Fähigkeit, ihre Patienten in Sachen Mobilität besser beraten zu können. Schwierig ist dabei die Frage, ob trotz Schweigepflicht den Ärzten bei Fahreignungsmängeln ihrer Patienten aus Gründen der Verkehrssicherheit Meldepflichten auferlegt werden könnten.

Resolution: Unten drucken wir die Empfehlungen des Arbeitskreises III im Volltext ab.

Jochen Klima

 

Empfehlungen
des Arbeitskreises III

Es gibt Hinweise darauf, dass ältere Menschen als Kraftfahrer ein zunehmendes Risiko für die Sicherheit im Straßenverkehr darstellen. Politik und Forschung sind aufgefordert, zeitnah die notwendige Datengrundlage hinsichtlich der Risikoabschätzung zu schaffen.

Für die Einführung genereller, obligatorischer und periodischer Fahreignungsüberprüfungen gibt es derzeit keine Grundlage.

Instrumente zur besseren Einschätzung der eigenen Fahrkompetenz sind zu entwickeln und wissenschaftlich zu evaluieren. Vorgeschlagen wird eine qualifizierte Rückmeldefahrt, deren Ergebnis ausschließlich dem Betroffenen mitgeteilt wird. Falls sich herausstellt, dass solche Instrumente auf freiwilliger Basis nur unzureichend in Anspruch genommen werden, ist die Teilnahme obligatorisch zu machen.

Die anlassbezogene Fahreignungsüberprüfung muss insbesondere zur Vermeidung von Mehrfachbegutachtungen älterer Kraftfahrer verbessert werden. Dazu gehört:

  • Verankerung der psycho-physischen Leistungsüberprüfung (Interview, Leistungstest, Fahrverhaltensbeobachtung) als eigenständiges Instrument in der Fahrerlaubnis-Verordnung, da in erster Linie kognitive Leistungseinschränkungen vorliegen,
  • größere Sensibilisierung der Ermittlungsbehörden für Fahreignungsmängel.

Die verkehrsmedizinische Kompetenz der Ärzte muss verbessert werden. Es ist zu prüfen, welche Meldepflichten für Ärzte hinsichtlich der Fahreignung ihrer Patienten vorgegeben werden sollen.

Die älteren Kraftfahrer werden aufgerufen, in Eigenverantwortung jederzeit zu prüfen, ob und wie sie auf eventuelle Einschränkungen ihrer Fahreignung angemessen reagieren müssen.

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Mitgliedsfahrschulen des FLVBW bieten seit Jahren folgende Programme für erfahrene Kraftfahrer an: