Fahrverbot für rote Plaketten ab Juli 2010: Stuttgart bekämpft den Feinstaub

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe April/2010, Seite 187

Schon seit mehreren Jahren gilt Stuttgart als die Stadt mit der höchsten Feinstaubbelastung in Deutschland. Der zulässige Grenzwert wird an mehr als fünfunddreißig Tagen im Jahr überschritten. Deswegen werden in der Landeshauptstadt immer mehr Fahrverbote eingeführt.

Besonders gefährlich sind Staubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als zehn Mikrometern (10 µm), der sogenannte PM10-Feinstaub. Diese mikroskopisch kleinen Teilchen bilden für die menschliche Gesundheit ein extremes Risiko, weil sie nicht in der Nase oder im Rachen hängen bleiben, sondern ungehindert in die Lunge gelangen, wo sie Entzündungen, Asthma und Krebs auslösen können. Vor allem an windstillen Tagen mit austauscharmer Wetterlage ist die Konzentration des schädlichen Feinstaubs häufig sehr hoch. Der Kraftfahrzeugverkehr mit seinen Verbrennungsvorgängen sowie dem Abrieb von Bremsbelägen und Reifen gilt als einer der Hauptverursacher. 

Mehrstufiger Aktionsplan

Um die hohe Feinstaubbelastung langfristig in den Griff zu bekommen, hat die Stadt Stuttgart einen mehrstufigen Aktionsplan erlassen, mit dem sukzessive diverse Maßnahmen zur Luftreinhaltung eingeführt wurden und werden.

Stufe 1: Lkw-Durchfahrverbot

Bereits ab dem 1. Januar 2006 galt ein generelles Durchfahrverbot für Lkw, das zunächst mit der Einführung von Umweltzonen und Feinstaubplaketten begann, aber mit Ablauf des 28. Februar 2008 vorläufig wieder ausgesetzt wurde. 

Stufe 2: Einrichtung von Umweltzonen

Zum 1. März 2008 wurden erstmals in Stuttgart und in zunächst sieben weiteren baden-württembergischen Städten die ersten Umweltzonen eingerichtet. Dazu sind inzwischen bundesweit Dutzende von weiteren Städten gekommen. Ab der Einführung durften Fahrzeuge ohne Feinstaubplakette nicht mehr in die geschützten Bereiche einfahren. Der damaligen Planung zufolge waren in Stuttgart weitere Verbote für Fahrzeuge mit roter Plakette erst ab 2012 geplant. Neben denen mit grüner sollten zunächst auch die Fahrzeuge mit gelber Plakette unangetastet bleiben.

Stufe 3: Wiedereinführung des Lkw-Durchfahrverbotes

In den letzten Jahren ist die Feinstaubbelastung kontinuierlich zurückgegangen: An der Messstation „Am Neckartor“ wurde der EU-Grenzwert im Jahr 2005 noch an 187 Tagen überschritten; im Jahr 2008 waren es nur noch 79 Tage. Allerdings bietet die positive Tendenz keine Veranlassung zur Entwarnung, da die Belastung an vielen Stellen nach wie vor viel zu hoch ist. Aus diesem Grund wurde zum 1. März 2010 das Lkw-Durchfahrverbot wieder eingeführt. Weite Bereiche des Stadtgebietes wurden mit dem Zeichen 253 und dem Zusatzschild „Lieferverkehr frei“ für Brummis gesperrt.

Fahrschulen sind nicht betroffen

Auf eine Anfrage wurde dem Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. vom Regierungspräsidium mitgeteilt, dass Fahrschulen von diesem Verbot nicht betroffen sind. Sie werden als „Lieferverkehr“ betrachtet. Die Polizei und die Ordnungsämter wurden über diesen Sachverhalt informiert, sodass Fahrschulen bei Ausbildungs- und Prüfungsfahrten im Stadtbereich Stuttgart keine Probleme bekommen sollten. Das gilt auch für auswärtige Fahrschulen, die bei Sonderfahrten - falls die Autobahn mal wieder dicht ist - eine Schleife durch die gesperrten Gebiete ziehen müssen.

Stufe 4: Ab 01.07.2010 – Fahrverbot für Fahrzeuge mit roter Plakette 

Das ursprünglich erst für das Jahr 2012 geplante Fahrverbot für Fahrzeuge mit roter Plakette wurde ziemlich überraschend auf 1. Juli 2010 vorgezogen, sodass ab diesem Datum nur noch mit grüner oder gelber Plakette in die Umweltzonen eingefahren werden darf. Von diesem bereits in wenigen Wochen wirksamen Verbot sind nach derzeitigem Stand immerhin etwa fünfzigtausend Stuttgarter Fahrzeughalter betroffen. Ebenso eine hohe Anzahl von Berufspendlern.

Stufe 5: Ab 01.01.2012 – nur noch grün

Weiter werden - ebenfalls entgegen der ursprünglichen Planung - mit Beginn des Jahres 2012 auch alle Fahrzeuge mit gelber Plakette endgültig ausgesperrt, sodass dann praktisch im gesamten Stadtgebiet (207 Quadratkilometer, 590.000 Einwohner) nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette geduldet sind. Es bleibt abzuwarten, ob auch andere Städte im Land und im Bundesgebiet nachziehen werden.

Ausführliche Informationen und aktuelle Übersichtskarten zu diesem Thema gibt es unter www.umwelt-plakette.de im Internet.

Jochen Klima