Ausländische Fahrlehrerscheine - Ministerium schafft Klarheit

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe August/2010, Seite 419

Wer in einem Mitgliedstaat der EU unter vergleichbaren Anforderungen ordnungsgemäß einen Berufsabschluss erworben hat, soll seinen Beruf in jedem anderen Mitgliedstaat der EU ausüben dürfen. So jedenfalls will es die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Eine entsprechende Regelung enthält § 2a des Fahrlehrergesetzes. In letzter Zeit versuchten gewissenlose Geschäftemacher nationale Regelungslücken auszunutzen. Sie lockten leistungsschwache Interessenten am Fahrlehrerberuf, darunter auch in Deutschland an der Fahrlehrerprüfung Gescheiterte, ins Ausland, um ihnen dank der dort deutlich geringeren fachlichen und pädagogischen Anforderungen zu einem „Fahrlehrerschein light“ zu verhelfen. Mit diesem Schein in Händen werden diese Leute bei den deutschen Erlaubnisbehörden vorstellig und verlangen aufgrund der oben zitierten Bestimmungen die „Umschreibung“ in eine deutsche Fahrlehrerlaubnis. Das ist klarer Missbrauch europäischen Rechts. Das baden-württembergische Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr schiebt diesem ungesetzlichen Treiben nun einen Riegel vor. Lesen Sie dazu bitte den nachfolgend mit Genehmigung des Ministeriums abgedruckten Erlass. Die Entscheidung des Ministeriums dient der Verkehrssicherheit und zugleich der Rechtssicherheit der Erlaubnisbehörden; die anderen Bundesländer sollten, soweit es nicht schon geschehen ist, diesem Beispiel alsbald folgen, um dem „Geschäftsmodell“ dieser Freibeuter bundesweit den Garaus zu machen.

Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen
nach §§ 2a FahrlG, 1 DV-FahrlG;

hier: Fahrlehrerberechtigung aus Österreich

Schreiben des Innenministeriums vom 28. Mai 2008

Mit dem Schreiben des Innenministeriums vom 28. Mai 2008 wurden umfassende Anwendungshinweise zur Frage der Anerkennung ausländischer Fahrlehrerausbildungen und -prüfungen anderer EU-Mitgliedstaaten übersandt. Hierzu wurde mit Schreiben des Innenministeriums vom 27. März 2009 eine vom BMVBS zur Verfügung gestellte Staatenliste gemäß § 1 Absatz 9 DV-FahrlG nachgereicht. Mit Blick auf Fahrlehrer mit Ausbildung und Prüfung in Österreich wird um Beachtung der folgenden ergänzenden Hinweise gebeten:

1. Rechtslage in Österreich

In Österreich wird zwischen einer Fahrlehrerberechtigung und einer Fahrschullehrerberechtigung unterschieden. Lediglich die Fahrschullehrerberechtigung ist eine vollwertige Erlaubnis, die zur Erteilung von theoretischem und praktischem Fahrunterricht berechtigt.

Mit der österreichischen Fahrlehrerberechtigung darf in Österreich nur praktischer Unterricht, kein theoretischer Unterricht erteilt werden. Die Ausbildung zum Fahrlehrer (Theorie 330 Stunden à 50 Minuten, Praxis 60 Stunden à 50 Minuten) dauert nur 3 Monate und endet mit einer mündlichen Prüfung und einer Prüfungsfahrt. Lehrproben sowie ein Fahrlehrer-Praktikum sind nicht vorgesehen. Eine Fahrerlaubnis der Klasse CE und A wird für den Erwerb der österreichischen Fahrlehrerberechtigung der Klasse B nicht benötigt. Erst nach achtjähriger Berufstätigkeit als Fahrlehrer kann der Fahrlehrer die Anerkennung als Fahrschullehrer und damit die Berechtigung zur Erteilung von theoretischem Fahrunterricht erwerben.

2. Vergleich der österreichischen Fahrlehrerberechtigung mit der deutschen Fahrlehrerlaubnis der Klasse BE

Die in Österreich erworbene Fahrlehrerberechtigung unterscheidet sich in Ausbildung und Prüfung wesentlich von den in Deutschland durch die Fahrlehrer-Ausbildungsordnung und die Prüfungsordnung für Fahrlehrer vorgeschriebenen Anforderungen im Sinne der §§ 2a Abs. 2 FahrlG, 1 Abs. 3 und 4 DV-FahrlG.

Von Inhabern einer österreichischen Fahrlehrerberechtigung, bei denen der Unterschied nicht im Rahmen einer langjährigen Berufserfahrung ausgeglichen werden kann, ist daher ein Anpassungslehrgang nach § 1 Abs. 3 DV-FahrlG zu verlangen. Der Anpassungslehrgang kann gemäß § 1 Abs. 4 DV-FahrlG durch die erfolgreiche Teilnahme an einer Eignungsprüfung ersetzt werden.

Die Dauer des Anpassungslehrgangs ist nach den Kenntnissen und Berufserfahrungen des Bewerbers um eine deutsche Fahrlehrerlaubnis im Einzelfall festzulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die österreichische Fahrlehrerberechtigung im Gegensatz zur deutschen Fahrlehrerlaubnis keine schriftliche und mündliche Fachkundeprüfung sowie keine Lehrproben im theoretischen und fahrpraktischen Unterricht vorsieht. Auch ist im Anschluss an die Ausbildung kein Fahrlehrer-Praktikum zu absolvieren. Schließlich bleibt die österreichische Ausbildung hinter der deutschen Fahrlehrerausbildung als solche auch hinsichtlich des Umfangs und der Inhalte wesentlich zurück.

Daher wird im Regelfall, wenn der Antragsteller nicht besondere Kenntnisse und Erfahrungen nachweisen kann, ein Anpassungslehrgang im Umfang der vollen deutschen Ausbildung in einer Fahrlehrer-Ausbildungsstätte mit einer Dauer nach § 2 Absatz 3 und nach § 2 Absatz 5 Satz 2 und 3 FahrlG erforderlich sein.

3. Berufserfahrung in Österreich

Eine durch entsprechende Unterlagen nachgewiesene Berufserfahrung kann bei der Dauer des Anpassungslehrgangs zugunsten des Antragstellers berücksichtigt werden. Davon sollte allerdings erst ab einer Berufserfahrung von mindestens zwei Jahren Gebrauch gemacht werden. Auch im letzteren Falle sollte wegen der erheblichen Unterschiede der österreichischen Ausbildung und Prüfung die Absenkung der Dauer des Anpassungslehrgangs in der Regel auf nicht unter drei Monate erfolgen.

4. Missbrauchs- und Umgehungsfälle

In Fällen, bei denen der Bewerber um eine deutsche Fahrlehrerlaubnis bereits erfolglos einen oder mehrere Prüfungsversuche in Deutschland zur Fahrlehrerprüfung absolviert hat, ist anstelle eines Anpassungslehrgangs regelmäßig eine Eignungsprüfung nach § 1 Abs. 4 DV-FahrlG zu verlangen. Anhand des erfolglosen Prüfungsversuchs ist nämlich in der Regel davon auszugehen, dass der Erwerb der österreichischen Fahrlehrerberechtigung vorwiegend zum Zwecke der Umgehung der strengeren deutschen Prüfungsanforderungen dient. 

5. Antragsunterlagen

Hinsichtlich der Antragsunterlagen für die Erteilung einer Fahrlehrerlaubnis, die nach § 3a Abs. 2 FahrlG zur Niederlassung im Inland berechtigt, wird auf die Ausführungen im Schreiben des Innenministeriums vom 28. Mai 2008, Ziff. B.3.2.1, Seite 5/6 verwiesen. Zum Nachweis der österreichischen Fahrlehrerberechtigung ist ein gültiger österreichischer Fahrlehrerschein vorzulegen. Andernfalls ist eine Bestätigung der zuständigen österreichischen Erlaubnisbehörde im Original zu verlangen, dass der Antragsteller die Berechtigung als Fahrlehrer für die Klasse B erworben hat. In der Bestätigung muss auch der amtliche Nachweis geführt werden, dass kein Fall vorliegt, in dem die Ausübung des Berufs wegen fehlender geistiger oder körperlicher Eignung nach § 2a Abs. 4 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FahrlG zu untersagen wäre. Die Bescheinigung darf bei ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate sein. Bei Zweifeln an der Echtheit der Bescheinigung oder bei sonstigen Rückfragen wird empfohlen, Kontakt durch Direktanfrage bei der österreichischen Erlaubnisbehörde aufzunehmen.

6. Erteilung einer deutschen Fahrlehrerlaubnis der Klasse BE

Die Erteilung einer deutschen Fahrlehrerlaubnis in der Klasse B ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die deutsche Fahrlehrerlaubnis wird nach § 1 Abs. 1 Satz 2 FahrlG mindestens in der Klasse BE erteilt.

Österreichische Fahrlehrerberechtigungen, die lediglich in der Klasse B erteilt worden sind, sind deshalb im Rahmen von Anpassungsmaßnahmen zwingend auf die deutsche Fahrlehrerlaubnis der Klasse BE anzugleichen.

Der Besitz der Fahrerlaubnisklassen A, BE und CE ist zwingende Berufszugangsvoraussetzung für den Fahrlehrerberuf in Deutschland. Über § 2a Abs. 2 FahrlG ist deshalb – zusätzlich zum Anpassungslehrgang gemäß oben 2. – der Erwerb der fehlenden Fahrerlaubnisklassen als Voraussetzung der Anerkennung der Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikation notwendig. § 2a Abs. 1 Satz 1 FahrlG steht dem nicht entgegen, da diese Regelung nur den allgemeinen Grundsatz der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen aus dem EU/ EWR-Raum regelt, nicht aber, wann diese Gleichwertigkeit vorliegt.

Die Erteilung einer deutschen Fahrlehrerlaubnis der Klasse BE setzt deshalb sowohl den Erwerb der Fahrerlaubnis der Klassen A, BE und CE voraus (soweit nicht vorhanden) als auch den Erwerb der fehlenden Kenntnisse im Rahmen eines Anpassungslehrgangs.

Die Regierungspräsidien werden gebeten, die Erlaubnisbehörden bei den Stadt- und Landkreisen entsprechend zu informieren.

gez. Wolfgang Ansel