EDITORIAL: Risiko durch optimierte Ausbildung senken

Peter Tschöpe, Vorsitzender FLVBW

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Februar/2010, Seite 51

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

seit 48 Jahren rüstet sich die alte Kaiserpfalz Goslar Ende Januar für das wohl bedeutendste Verkehrsrechtsforum Europas, den Deutschen Verkehrsgerichtstag. In diesem Jahr waren acht Arbeitskreise mit ganz unterschiedlichen Fragen zum Verkehrsrecht und zu angrenzenden Rechtsgebieten befasst. Der Arbeitskreis VII – Unfallrisiko „junge Fahrer“ beriet darüber, wie sich das Risiko dieser Gruppe nachhaltig senken ließe. Dabei informierte Georg Willmes-Lenz von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) über die Ergebnisse einer Untersuchung zum Modell der Freiwilligen Fahranfängerfortbildung, auch Zweite Phase genannt. Die Evaluation der BASt soll gezeigt haben, dass die Teilnahme an diesem Modellversuch verhältnismäßig gering war und weder nennenswerte Einstellungsänderungen noch geringere Unfallzahlen hervorgebracht hat. Dagegen ist das Modell „Begleitetes Fahren“ bei der Zielgruppe der jungen Fahrer auf breite Zustimmung gestoßen. Überdies konnte nach Abschluss der Begleitphase eine Verringerung des Unfall- und Deliktrisikos nachgewiesen werden. Allerdings nehmen bundesweit nur etwa 30 Prozent aller Führerscheinbewerber an diesem Modell teil. Willmes-Lenz betonte, die professionelle Fahrausbildung in Deutschland sei ein Eckpfeiler der Verkehrssicherheitsarbeit. Das weltweit Einmalige am deutschen Modell des Begleiteten Fahrens liegt darin, dass der Begleitphase eine professionelle Ausbildung in der Fahrschule und eine ungeschmälerte Fahrerlaubnisprüfung vorausgehen. Die Experten waren sich einig, dass durch eine Intensivierung der schulischen Verkehrserziehung die professionelle Arbeit der Fahrlehrer deutlich unterstützt werden könnte. Außerdem sei zu prüfen, wie die theoretische und die praktische Ausbildung noch stärker verzahnt und ob durch den Einsatz moderner Lernformen die Ausbildungserfolge noch erhöht werden können.

Eine Äußerung, wonach Fahranfänger über die Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe nicht ausreichend informiert seien, erwies sich bei näherer Betrachtung als nicht haltbar. Selbst wenn einzelne Fahrlehrer die Probezeit im Unterricht nicht in aller Tiefe behandelten, müssten sich die Fahrschüler gleichwohl damit befassen, weil der amtliche Prüfungskatalog mehrere Fragen zur Probezeit enthalte.

Die Erwartung, finanzielle Anreize könnten Führerscheinneulinge dazu veranlassen, gleich zu Beginn moderne Fahrzeuge mit allen wichtigen Sicherheitseinrichtungen zu kaufen, wird sich wohl kaum erfüllen. Es darf bei dieser Diskussion auch nicht übersehen werden, dass heute acht Jahre alte Autos aus Baureihen stammen, in denen Sicherheitseinrichtungen wie ABS und ESP vielfach schon zum Standard gehörten.

Die klare Botschaft des AK VII lautet: Die professionelle Fahrausbildung ist weiter zu optimieren, um die Minderung der Unfallbelastung der jungen Fahrer entscheidend voranzubringen. Wir Fahrlehrer sind bereit, mit allen Kräften daran mitzuwirken.

Mit besten Grüßen

Ihr

Peter Tschöpe