EDITORIAL: Schnellbleichen sind nicht vertretbar

Peter Tschöpe, Vorsitzender FLVBW

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe März/2010, Seite 111

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

es ist kein Zufall, dass die deutsche Fahrausbildung weltweit als wegweisend gilt. Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich hierzulande die Anforderungen an die Fahrausbildung erheblich gewandelt. Heute wird von der Fahrschule mehr als technische Instruktion und die Vermittlung schieren Regelwissens erwartet. Fahrschüler sollen vielmehr zu einem nachhaltigen Verkehrsverhalten erzogen werden, das auf Verantwortung für Leben, Schutz für Gesundheit, Umwelt und Eigentum, auf Rücksicht und Partnerschaft basiert. Diese Ausbildungsziele sind in der Fahrschülerausbildungsordnung verbindlich vorgegeben. Wer als Fahrlehrer pflichtgemäß danach handelt, weiß, dass Angebote sog. Schnellbleichen wie „In sieben Tagen zum Führerschein“ einer groben Missachtung der Ausbildungsordnung das Wort reden. In so kurzer Zeit lässt sich allenfalls (freilich ohne jede Gewähr!) das Allernötigste für die Prüfung einpauken. Es fehlt bei diesen pädagogisch widersinnigen Crashkursen eindeutig an der sogenannten Setzzeit, während der Schüler das Gelernte reflektieren und vertiefen kann.

Umso bedenklicher ist es, dass auch staatliche Stellen von Fahrschulen erwarten, ihre Kunden in no time und unter unzumutbaren Bedingungen „prüfungsreif“ zu machen. Die Inhalte und Ziele der Fahrschüler-Ausbildungsordnung und somit die einer verkehrssicherheitlich geprägten Ausbildung sollen bei diesen Aufträgen allem Anschein nach unbeachtet bleiben. Das ist skandalös. So sollten beispielsweise die Arbeitsagenturen vor allem Wert darauf legen, dass die von ihnen in eine aus Steuermitteln finanzierte Fahrausbildung oder Fahrerfortbildung geschickten Personen nicht möglichst schnell, sondern möglichst intensiv und nachhaltig ausgebildet werden, zumal es sich dabei häufig um Fahrer schwerer Lkw handelt.

Der Primat der Ausbildung wurde in Deutschland früher als in vielen anderen Ländern erkannt und durch Handeln des Gesetzgebers bestätigt. Wenn nun Ausschreibungen der öffentlichen Hände gleichsam die Momentaufnahme der Fahrprüfung zum einzig bedeutsamen Kriterium erheben, empfindet das die überwiegende Mehrzahl der Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer als eine Bevorzugung des Miserablen gegenüber verantwortungsbewusster Ausbildungsqualität.

Mit besten Grüßen

Ihr

Peter Tschöpe