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Wettbewerbsrecht: Ist Werbung an Schulen erlaubt?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe November/2010, Seite 602

Reklameplakate neben dem Schwarzen Brett, das Fahrschullogo auf kostenlos im Schulhof verteilten College-Blocks, Flyer an den Scheibenwischern aller Autos auf dem Schulparkplatz – mit dieser Art von Werbung könnten Fahrschulen ihre Zielgruppe direkt und ohne größere Streuverluste erreichen. Aber sind solche Werbestrategien überhaupt zulässig?

In einer Werbebroschüre der Firma Spread Blue, die Sponsoringpartner für Schulen sucht, findet man folgenden Text: „In Deutschland lernen derzeit etwa dreizehn Millionen Schüler an rund vierunddreißigtausend öffentlichen und privaten Schulen. Die Schüler verfügen über ein jährliches Taschengeldvermögen von ca. 20 Mrd. Euro – ein wahrhaft zukunftsträchtiger Markt“. Neben den Fahrschulen buhlen deswegen auch zahlreiche andere Branchen um die Kaufkraft der Schüler und versuchen immer wieder, mit Werbemaßnahmen in Schulen Fuß zu fassen.

Keine bundeseinheitliche Regelung

Da in Deutschland die Kulturhoheit bekanntlich Ländersache ist, gibt es in den einzelnen Bundesländern einen Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen. So ist beispielsweise in Berlin Werbung an Schulen generell erlaubt.

Neutralitätspflicht im Schulgesetz verankert

Was gilt im Ländle? Da lohnt sich ein Blick ins baden-württembergische Schulgesetz. Danach unterliegen Lehrkräfte der Neutralitätspflicht, soweit sie an öffentlichen Schulen unterrichten, die von einer Gemeinde, einem Landkreis, einem Regionalverband oder einem Schulverband gemeinsam mit dem Land oder vom Land allein getragen werden. Das bedeutet in erster Linie, dass Lehrer in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnlichen äußeren Bekundungen abgeben dürfen, die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülern und Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden zu gefährden oder zu stören. Insbesondere ist ein äußeres Verhalten unzulässig, welches bei Schülern oder Eltern den Eindruck hervorrufen kann, dass eine Lehrkraft gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung der Menschen nach Artikel 3 des Grundgesetzes, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftritt (§ 38 Abs. 2 SchG BW).

Kruzifix und Kopftuch

An dieser Bestimmung entzündet sich immer wieder einmal der Konflikt um Kruzifixe in Klassenzimmern und die von muslimischen Schülerinnen und Lehrerinnen während des Unterrichts getragenen Kopftüchern. Die Bestimmung untersagt den Pädagogen an öffentlichen Schulen auch, bestimmte Produkte oder die Dienstleistungen einzelner Firmen anzupreisen oder besonders herauszustellen.

Verwaltungsvorschrift verbietet Werbung

Konkret mit dem Thema Werbung beschäftigt sich außerdem die Verwaltungsvorschrift „Werbung, Wettbewerbe, Erhebungen“ vom 19.10.1995. Danach gilt an Schulen das Verbot für Werbung für wirtschaftliche, politische, weltanschauliche oder sonstige Interessen. Ein Verstoß ist wettbewerbswidrig im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG, § 4 Nr. 11). Diese Bestimmung besagt, dass die Missachtung einer sogenannten „Marktverhaltensvorschrift“ immer auch gleichzeitig wettbewerbswidrig ist. Damit steht eindeutig fest, dass die eingangs erwähnten Werbeaktivitäten – so verlockend sie auch wären – in Baden-Württemberg und der Mehrzahl der anderen Bundesländer unzulässig sind.

Schüler- und Abiturzeitungen

Traditionell ist die Schaltung von Werbeanzeigen in Schüler- und Abiturzeitungen von dem Verbot ausgenommen. Diese oft mit viel Liebe und Herzblut gestalteten Blättchen könnten ohne bezahlte Werbeanzeigen überhaupt nicht existieren. Wer als Fahrschule in diesen Medien präsent ist, wirbt äußerst zielgruppenorientiert und meist unschlagbar preiswert. Außerdem ist den Anzeigenkunden im Regelfall ein nicht zu unterschätzender Sympathiebonus an der jeweiligen Schule sicher.

Sponsoring in geringem Umfang zulässig!

Trotz aller Verbote ist sogenanntes „Sponsoring“ in geringem Umfang erlaubt. Die erwähnte VwV regelt: „Spenden dürfen entgegengenommen werden, aber nur wenn sie pädagogischen Zwecken dienen und dem gegenüber eine etwaige Werbung deutlich zurücktritt und nur einen geringen Umfang hat.“ Das bedeutet, dass ein Unternehmen der Schule Geld- oder Sachleistungen zur Verfügung stellen darf und dafür eine werbewirksame Gegenleistung bekommt. Das bekannteste Beispiel für Sponsoring ist der ADAC, der jedes Jahr den Schulanfängern mit seinem Logo versehene gelbe Mützen oder Warnwesten zur Verfügung stellt. Ebenso möglich ist die Spende eines Neu- oder Gebrauchtwagens für die Kfz-Lehrwerkstatt der Berufsschule. Dafür darf das entsprechende Autohaus selbstverständlich lobend und mit Bild in der Presse oder im Jahrbuch der Schule erwähnt werden. In beiden Fällen bleibt der Werbeeffekt ohne Zweifel deutlich hinter dem pädagogischen Nutzen zurück. Außerdem schreibt das Schulgesetz vor, dass die Schule bei der Entscheidung über eine derartige Zusammenarbeit grundsätzlich den Schulträger (Landkreis, Kommune) und die Schulkonferenz einbinden muss.

Jochen Klima