FahrSchulPraxis August 2011 - Ausgewählte Artikel dieser Ausgabe im WWW > mehr ...

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426 Inhalt
427 EDITORIAL: Lehrfahrzeuge -Wir brauchen Planungssicherheit!
430 Nachrichten - Kurz und aktuell: IAA 2011 / Pedelecs & Co. / TÜV SÜD Life Service GmbH
432 Sterbekasse STOCK: Hilfreich, bewährt und geschätzt!
434 Eine überfällige Neuerung: Wechselkennzeichen soll kommen
437 Fahrschulwerbung auf Gutschein-Plattformen: Schmutzkonkurrenz im Internet
438 Interview mit Paul Schurr: Überwachung findet niemand vergnüglich!
451 VERKEHRSMINISTERIUM - Tagesnachweise: Jetzt auch elektronisch archivieren
454 Schutzbrief: Fahrlehrerversicherung komplettiert ihr Angebot
456 Die Arbeit der Straßenverkehrszentrale: Steuerung des Autobahnverkehrs
459 Landestag der Verkehrssicherheit:  Verbandsfahrschulen waren präsent
460 Brief an den Fahrlehrerverband ...
462 Fahrerlaubnisrecht: Klasse C oder D längst abgelaufen! Neue Fahrprüfung?
464 Gerichtsurteile: (2006) Unverhältnismäßigkeit langer Fahrtenbuchauflage / (2005) Fahrtenbuchauflage trotz Fahrerbenennung / (2004) Einweisungspflicht vor Risiko / (2003) Charakterliche Unzuverlässigkeit eines Fahrlehrers / (2002) Firmenname für Gemeinschaftsfahrschule / (2001) Verkehrsstraftat kann zur Kündigung führen / (2000) Herausgabe des Dienstwagens bei Kündigung

Mitglieder des FLVBW finden die FPX als PDF-Datei im Downloadbereich des internen InternetForums...

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Interview mit Paul Schurr: Überwachung findet niemand vergnüglich!

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe August/2011, Seite 438

„Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Überwachung der Fahrschulen, der Fahrschulzweigstellen und der Fahrlehrerausbildungsstätten durch die Erlaubnisbehörden vorwiegend wegen personeller Schwierigkeiten nicht immer in dem erforderlichen Umfang durchgeführt werden konnte …“ So lautete der einleitende Satz des ministeriellen Erlasses vom 13. August 1973, durch den in Baden-Württemberg eine zentrale Stelle mit der gesetzlichen Überprüfung der Fahrschulen (§ 33 FahrlG) beauftragt wurde. Seit 1. Januar 1981 obliegt dem „Treuhandverein für Verkehrserziehung und Verkehrssicherheit e.V.“ die regelmäßige Überprüfung der Fahrschulen. Die Redaktion der FahrSchulPraxis sprach mit dem Vorsitzenden des Treuhandvereins, Paul Schurr, über den Stand und die aktuellen Entwicklungen der Fahrschulüberwachung.

FPX: Herr Schurr, seit 1973 werden die Fahrschulen in Baden-Württemberg zentral überwacht. Hat sich das System bewährt?

Schurr: Die zentrale Überwachung sorgt für regelmäßige, gleichmäßige, objektive und damit auch gerechte Durchführung dieses gesetzlichen Auftrags. Das dient der ordnungsgemäßen Ausbildung der Fahranfänger und somit der Verkehrssicherheit. Zugleich ist gute Überwachung ein Stück Verbraucherschutz und ein gewisses Regulativ im Wettbewerb.

FPX: Dennoch hört man immer wieder einmal Kritik von Fahrschulen: Den einen sind die Prüfer zu pingelig, den anderen nicht streng genug, und wieder andere plädieren lauthals für die Abschaffung jeglicher Überwachung.

Schurr: Niemand lässt sich gerne überwachen, niemand findet Überwachung vergnüglich. „Zu pingelig“, „zu streng“, das sind subjektive Äußerungen Betroffener, für die man Verständnis haben muss. Wenn eine Fahrschule am Tag der Überprüfung ihre Unterlagen nicht ordnungsgemäß parat hat und/oder schon mehrfach aufgefallen war, guckt der Prüfer etwas näher hin, dazu ist er verpflichtet. Doch im Zweifel ist das dem Konkurrenten von nebenan viel zu wenig; er möchte, dass beim unliebsamen Mitbewerber gnadenlos durchgegriffen wird. Unsere Prüfer sind gut ausgebildet, sie erfüllen ihre Aufträge sachlich, vorurteilsfrei und nach gleichem Maßstab.

FPX: Läge die Überprüfung der Fahrschulen in der Hand der Aufsichtsbehörden, wäre das für die Fahrschulen kostengünstiger, behaupten Kritiker der zentralen Überwachung. Was sagen Sie dazu?

Schurr: Solche Thesen rufen bei mir höchstes Erstaunen hervor. Als langjähriger Kommunalpolitiker weiß ich, wie in Behörden gedacht und gehandelt wird, ja gehandelt werden muss, wenn es ums Geld geht. Dienstleistungen dieser Art werden nicht – wie manche glauben machen wollen – aus dem Steuersäckel beglichen, dafür gibt es eine Gebührenordnung und das sogenannte Kostendeckungsprinzip. So wird, um nur ein Beispiel zu nennen, für jeden Bußgeldbescheid neben dem Bußgeld eine Gebühr für den Verwaltungsaufwand fällig. Ein Blick über die Landesgrenzen zeigt, dass unser System der zentralen Überwachung weit und breit das kostengünstigste ist. Fraglich wäre auch, ob eine Überprüfung durch die Behörde nicht personalaufwendiger und damit wesentlich teurer wäre, weil das sog. Vieraugenprinzip zur Anwendung käme.

FPX: Ein Stein des Anstoßes war gelegentlich die Rechnungsstellung des Treuhandvereins: zu hoch, intransparent, schwer verständlich. Was ist da dran?

Schurr: Vorab ein bisschen Statistik: Der Treuhandverein führt jährlich etwa 500 sog. Regelüberwachungen durch und schreibt dafür ebenso viele Gebührenrechnungen. Die Beanstandungen liegen unterhalb von 1,5 Prozent. Das sagt einiges aus. Die Höhe der Gebühren für die einzelne Fahrschule bemisst sich am jeweiligen Arbeitsaufwand und den Fahrtkosten des Prüfers, beides wird minuten- und centgenau aufgezeichnet. Wer mit seiner Fahrschule weitab der Zentren liegt, muss u. U. mit höheren Fahrkosten rechnen; eine Pauschalierung der Kosten ist rechtlich unzulässig. Grundlage der Gebührenberechnungen sind die Sätze des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) für Sachverständige. Aktuell werden für die Überwachung der Fahrschulen 44,50 €, für die Seminarüberwachung hingegen 55 € berechnet. Nach § 8 Absatz 2 Satz 2 JVEG erfolgt jeweils Aufrundung auf die letzte angefangene viertel Stunde, nicht etwa auf die volle Stunde. Pro Kilometer werden 0,30 € berechnet. Hinzu kommen minimale Gebühren für Schreibaufwand, Telefon und Porto. Die Leistungen des Treuhandvereins sind umsatzsteuerpflichtig, was für 99 Prozent der Fahrschulen kostenneutral ist.

FPX: Und das alles ganz transparent?

Schurr: Der Treuhandverein ist kein gewinnorientiertes Unternehmen, sondern hat lediglich Kostendeckung zu erzielen. Die Geschäftsstelle arbeitet bei geringstmöglichem personellen Aufwand äußerst wirtschaftlich. Noch in diesem Herbst werden wir die Rechnungen weiter aufgliedern, um damit ein Höchstmaß an Transparenz herzustellen.

FPX: Herr Schurr, auch im Namen unserer Leser vielen Dank für das Gespräch.

 

Paul SchurrPaul Schurr ist seit 1958 Fahrlehrer aller Klassen und war von 1961 bis 1977 erfolgreicher Fahrschulinhaber in Filderstadt. 1977 berief ihn die Landesverkehrswacht Baden-Württemberg zu ihrem hauptamtlichen Geschäftsführer. Diese Position hatte er bis zur Erreichung der Altersgrenze inne. Seit 12 Jahren führt Paul Schurr den Treuhandverein. Schurr hat sein berufliches Leben ganz in den Dienst der Verkehrssicherheit gestellt. Daneben war er während mehr als 30 Jahren für die Freien Wähler ehrenamtlich in der Kommunalpolitik engagiert. Seine Lebensleistung wurde 2008 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande gewürdigt.