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631 EDITORIAL: Fahrlehrerrecht – zurück ins Mittelalter?
634 Kurz und aktuell: Verkehrssicherheitsprogramm 2011 / Stefan Strick ist neuer Präsident der BASt / DVR-Präsident macht Abgeordneten die Zahl der Verkehrstoten fassbar
636 Dritte EG-Führerscheinrichtlinie - Klares und Unklares: Die Änderungen kurz gefasst
647 Alte Akten – Was darf nach Jahresende weg?
652 Verjährung droht – Außenstände jetzt sichern
656 Hoher pädagogischer Gewinn: Kontaktstudium an der PH Karlsruhe
661 KOLUMNE: Gebhard L. Heiler - Randschärfe
665 Inge B.: Sterbekasse STOCK – Verlässliche, unkomplizierte Vorsorge
670 Landesarbeitsgericht Hamm: Arbeitnehmer muss Schaden am Fahrzeug teilweise ersetzen
672 Gerichtsurteile: (2035) Vorsicht beim Rückwärtsausparken / (2034) Schlaglöcher und Sichtfahrgebot / (2033) Produkthaftung für Konstruktionsfehler / (2032) Kein Gebrauchtmarkt für Navigationsgeräte / (2031) Überladung von Kraftfahrzeugen / (2030) Spielsucht rechtfertigt Entzug der Fahrlehrerlaubnis / (2029) Nutzungsausfall für Fahrrad / (2028) Vertragsstrafe für unerwünschte Werbe-E-Mail
Hoher pädagogischer Gewinn: Kontaktstudium an der PH Karlsruhe
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Dezember /2011, Seite 656
Mit einem dreisemestrigen Kontaktstudium an der PH Karlsruhe können in der Erwachsenenbildung tätige Lehrer ihre Methoden- und Medienkompetenz steigern. Unter den ersten 16 Studenten, die Mitte 2010 mit dem Studium begannen, sind auch zwei Fahrlehrer.
Im Jahr 1991 bot der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. zusammen mit dem Landesverband Bayerischer Fahrlehrer e.V. unter dem Titel „Kontaktstudium“ eine viertägige Fahrlehrerfortbildung an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd an. Obwohl zunächst nicht nach § 33a FahrlG anerkannt, war der Zuspruch der Mitglieder beachtlich.
Neuer Anfang
Nachdem die Professoren Heilig und Dr. Knörzer emeritiert waren, wurde das Angebot leider nicht weiter aufrechterhalten. Frau Professor Dr. Traub, die schon in Schwäbisch Gmünd zum Team gehörte, ist inzwischen an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe tätig. Sie bietet ein dreisemestriges Kontaktstudium für Fahrlehrer und andere in der Erwachsenenbildung Tätige an.
Wir haben mit den beiden Fahrlehrern gesprochen, die ihr Kontaktstudium im Mai 2012 abschließen werden. Das sind Frau Merkel-Schruba aus Freiburg und Herr Ralph Schincke aus Neuwied.
FPX: Wie sind Sie auf das Kontaktstudium aufmerksam geworden?
Merkel-Schruba: Ich habe im August 2009 in der FahrSchulPraxis die Ankündigung gelesen. Weil mich das sehr angesprochen hat, habe ich Frau Traub eine E-Mail geschrieben und mich genauer über dieses Kontaktstudium informiert.
Schincke: Eine Kollegin aus Baden-Württemberg hatte mich auf den Bericht in der FahrSchulPraxis aufmerksam gemacht. Ich habe dann auf der Internetseite des Verbandes ein bisschen gestöbert und fand das Angebot sehr interessant. Ich war schon früher beim Kontaktstudium in Gmünd und kannte Frau Professor Traub. Ich hoffte, auch bei diesem umfangreicheren Angebot wieder sehr viele Tipps und Hilfen für die konkrete Umsetzung in der Praxis zu bekommen.
FPX: Sie haben etwa zwei Drittel des Studiums hinter sich. Wurden Ihre Erwartungen bis jetzt erfüllt?
Merkel-Schruba: Meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Das, was ich bis jetzt gelernt habe, konnte ich beim Theorie- und Praxisunterricht in der Fahrschule auch prompt anwenden. Der Austausch sowohl bei den Partner- bzw. Gruppentreffen wie auch in den Präsenzphasen ist immer sehr hilfreich, bringt neue Ideen und hilft bei der Umsetzung in die Praxis.
Schincke: Da kann ich mich voll und ganz anschließen. Mir war es wichtig, moderne Unterrichtsmethoden nicht nur theoretisch vermittelt zu bekommen, sondern sie immer auch gleich in der Praxis erproben zu können.
FPX: Sie sprachen eben von Gruppentreffen und Präsenzveranstaltungen. Wie läuft so ein Kontaktstudium ab?
Schincke: Zunächst gibt es einen Einführungstag. Dabei bekommt man einen Überblick über die gesamte Veranstaltung. Man lernt auch seine Kommilitonen kennen. Außerdem werden an diesem Tag die „Lerntandems“ gebildet. So ist man während des gesamten Studiums nie auf sich allein gestellt. Den Partner, mit dem man dieses Lerntandem bildet, wählt man am Einführungstag aus. Mit ihm ist man in Kontakt. Mit ihm bespricht man sich, wenn man einmal nicht mehr weiterkommt. Man besucht sich auch gegenseitig beim Unterricht und gibt sich Rückmeldungen. Da ich von allen Teilnehmern den weitesten Weg nach Karlsruhe habe, habe ich die Kommilitonin als Partnerin ausgewählt, die in Frankfurt tätig ist. Sie war mir räumlich am nächsten. Drei bis vier Paare werden zu einer Lerngruppe zusammengefasst.
Merkel-Schruba: Bei meiner Wahl des Tandempartners spielte die räumliche Entfernung keine Rolle. Ich bilde mit einem Elektronikingenieur ein Tandem. Mir war es sehr wichtig einen Partner zu haben, der aus einem völlig anderen Arbeitsbereich kommt als ich. Der Elektronikingenieur ist heute als Ausbilder in Kosmetikschulen für den Bereich Wellness tätig.
Der Vorteil bei dieser Tandembildung ist, dass man sich bei den Unterrichtsbesuchen voll auf den Medieneinsatz und die Methodenanwendung konzentrieren kann. Würde man mit einem Fahrlehrer ein Tandem bilden, würde mit Sicherheit der Blick auf die Methodensicherheit durch Überlegungen zu den fachlichen Inhalten überlagert.
Schincke: Das kann ich nur bestätigen. Auch für mich ist es sehr hilfreich, dass meine Tandempartnerin aus einem völlig anderen Bereich kommt. Die fachliche Richtigkeit der Informationen spielt bei unseren Unterrichtsbesprechungen überhaupt keine Rolle. Wir konzentrieren uns voll auf die angewendeten Methoden und die eingesetzten Medien.
FPX: Wie oft treffen Sie sich mit Ihrem Tandempartner?
Merkel-Schruba: Das machen wir im Abstand von 4 bis 6 Wochen. Sehr viel häufiger haben wir aber Kontakt per Telefon oder E-Mail. Das geschieht oft sogar mehrmals pro Woche.
Schincke: Bei mir ist das ähnlich. Ich war bisher sieben Mal bei meiner Kommilitonin im Unterricht und sie fünf Mal bei mir. Wir telefonieren aber sehr oft miteinander. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn ich meine Hausaufgaben erledige und sich dabei Fragen ergeben.
FPX: Was heißt in diesem Zusammenhang „Hausaufgaben“? Müssen Sie diese Arbeiten an die PH schicken? Werden die dort benotet?
Merkel-Schruba: Als Hausaufgabe bekommen wir meistens den Auftrag, einzelne Kapitel in einem der beim Unterricht verwendeten Bücher zu lesen und sich daraus ergebende Fragen zu beantworten. Die Ergebnisse werden zuerst mit dem Tandempartner abgeglichen, ergänzt und diskutiert. Unklarheiten oder noch bestehende Fragen notiert und dann in der Koping-Gruppe (Lerngruppe) besprochen. Nur wenn danach immer noch ungeklärte Fragen im Raum stehen, werden diese in der Präsenzphase zuerst im Plenum angesprochen und bei Bedarf durch Frau Traub beantwortet. Es findet also keine Benotung statt. Die Frage, ob man etwas nur dürftig, ausreichend oder richtig verstanden hat, klärt sich beim Besprechen der Hausaufgaben im Tandem oder in der Gruppe von selbst.
Schincke: Oft entdeckt man beim Lesen ganz bestimmte Schwerpunkte. Der Andere entdeckt andere Schwerpunkte. Da ist es immer interessant, sich mit dem Tandempartner auszutauschen. Dabei erschließen sich oft ganz neue Blickwinkel.
FPX: Was sind Gruppentreffen?
Merkel-Schruba: Drei Lerntandems bilden eine Lerngruppe (Koping-Gruppe). Auch die Zusammensetzung dieser Gruppen wird am Einführungstag bereits festgelegt. Die Lerngruppen treffen sich meist kurz vor den Präsenzveranstaltungen. Bei Bedarf kann sich die Gruppe auch häufiger treffen.
Schincke: Bei den Gruppentreffen berichten die Lerntandems über ihre Erfahrungen und diskutieren Optimierungsmöglichkeiten.
FPX: Heißt das, dass sowohl die Tandems als auch die Gruppen ohne „Lehrer“ arbeiten?
Schincke: Im Grunde ist das so. Natürlich können wir, wenn wir einmal gar nicht weiterkommen, uns immer auch an die PH wenden. Bei uns war das bisher aber nicht nötig. Aufgetretene Probleme konnten wir in unserer Gruppe alleine lösen.
Merkel-Schruba: Bei uns war das ähnlich. Wir haben einmal bei Frau Professor Traub nachfragen müssen, weil wir uns bei einem bestimmten Punkt auch in der Gruppe nicht sicher waren, wie wir weiter vorgehen sollten.
FPX: Worum ging es da?
Merkel-Schruba: Ein Gruppenmitglied musste aus privaten Gründen das Studium leider vorzeitig beenden, und so wurde ein Tandem überraschend solo. Und die Frage an Frau Traub war: Wie sollen wir organisatorisch weiter vorgehen?
FPX: Wie oft finden Präsenzveranstaltungen statt?
Schincke: Insgesamt stehen zehn Präsenzveranstaltungen auf dem Plan. Davon werden die Blöcke eins und zwei, drei und vier sowie acht und neun zusammengefasst. Die Termine für alle Präsenzveranstaltungen stehen aber von vornherein fest. Die kann man einplanen.
FPX: Wie lange dauert eine Präsenzveranstaltung?
Schinke: Eine reguläre Veranstaltung beginnt am Freitag mit dem Mittagessen und endet am Samstagnachmittag. Die Doppelveranstaltungen beginnen ebenfalls am Freitag und enden am späten Sonntagnachmittag.
FPX: Was passiert auf den Präsenzveranstaltungen?
Merkel-Schruba: Im Grunde sind es immer drei Teile, die aber unterschiedlichen Zeitbedarf haben: Wir besprechen aus den Gruppenarbeiten offengebliebene Fragen, berichten von den gegenseitigen Unterrichtsbesuchen der Tandems und evtl. gemachten Erfahrungen, die für das ganze Plenum interessant sind. Im zweiten Teil vermittelt Frau Traub pädagogisches Hintergrundwissen, vertieft und ergänzt das Wissen, das wir uns durch die Hausaufgaben angeeignet haben. Sie erläutert neue Unterrichtsmethoden und wobei diese erfolgversprechend sind. Im dritten Teil wenden wir diese neuen Erkenntnisse durch Partner- bzw. Gruppeninterviews, Rollenspiele, Legetechniken und viele andere Methoden in praktischen Übungen an.
Schincke: Gerade dieser Teil der Präsenzveranstaltungen ist ungeheuer hilfreich. Ich bekomme immer eine direkte Rückmeldung. Die hilft mir, die angewandte Methode noch zu optimieren.
Merkel-Schruba: Ab und zu kam es vor, dass ein Teilnehmer sich absolut nicht vorstellen konnte, wie eine neu erlernte Methode in seiner beruflichen Praxis Verwendung finden könnte. Was mich dann immer wieder aufs Neue fasziniert, egal welche Berufssparte, Frau Traub bringt ein oder manchmal sogar mehrere Beispiele, und auf einmal erscheint es so einfach und plausibel, diese Methode in die Praxis umzusetzen.
FPX: Das Kontaktstudium kostet knapp 1.000 Euro. Dazu kommen noch die Fahrt- und Unterbringungskosten bei den Präsenzveranstaltungen und die Besuche beim Tandempartner. Rechnet man noch die an den Präsenztagen ausfallenden Fahrstunden hinzu, muss man für das Kontaktstudium sicher zwischen 1.500 und 2.000 Euro in Ansatz bringen. Lohnt sich das?
Schinke: Darauf kann ich nur mit einem ganz klaren JA antworten. Allein die Tatsache, dass ich heute in der Lage bin, im Unterricht genau die gleichen modernen Methoden kompetent einzusetzen, die meine Kunden von ihrer Schule kennen, bringt mir im Wettbewerb deutliche Vorteile. Ich frage meine Kunden bei der Anmeldung, warum sie meine Fahrschule ausgewählt haben. Da höre ich in der letzten Zeit immer häufiger „Weil ich gehört habe, dass man bei Ihnen etwas lernt und der Unterricht Spaß macht.“
Merkel-Schruba: Ich habe ähnliche Erfahrungen. Wer anspruchsvollen Unterricht anbietet, bekommt auch einen anspruchsvollen Kundenkreis. Dieser ist auch bereit, ein angemessenes Entgelt zu bezahlen. Ich lade, gerade bei BF 17, immer gerne die Eltern/Begleiter ein, einmal bei einer Fahrstunde mitzufahren. Oft wird dazu die Nachtfahrt ausgewählt, da die Eltern dann am ehesten Zeit haben. Die Eltern sind häufig von der schon selbstständigen Fahrweise ihrer Kinder positiv überrascht. Im Gespräch höre ich ab und zu, dass die Kinder sich zuhause positiv über unseren abwechslungsreichen, lehrreichen und nie langweiligen Unterricht geäußert haben.
FPX: Sie sprachen vorhin von den Hausaufgaben. Wie viel Zeit muss man denn dafür einplanen?
Merkel-Schruba: Also ich nehme mir meist einen halben Tag pro Woche Zeit, um die Hausaufgaben zu erledigen. Manchmal ist die Lektüre aber auch so spannend, dass ich dann noch den Sonntag dafür nutze. Fünf bis sechs Stunden pro Woche muss man aber dafür einplanen.
Schincke: Da decken sich unsere Erfahrungen absolut.
FPX: Gibt es am Ende eine Urkunde?
Schincke: Am Ende des Kontaktstudiums bekommt jeder Teilnehmer, der die ganze Zeit durchgehalten und mitgearbeitet hat, eine Teilnahmeurkunde. Die ist aber für mich nur schmückendes Beiwerk. Darüber hinaus bietet die PH an, ein Hochschulzertifikat zu erwerben. Dazu muss man nach Abschluss des Studiums eine Unterrichtsprobe mit seinen Schülern in Anwesenheit von Frau Professor Traub ablegen. Entspricht diese den Kriterien, bekommt man das Zertifikat. Das werde ich mir dann auch gerne in die Fahrschule hängen.
Merkel-Schruba: Das sehe ich genauso. Das Zertifikat der Pädagogischen Hochschule ist der krönende Abschluss.
FPX: Können Sie das Kontaktstudium den Kolleginnen und Kollegen empfehlen?
Merkel-Schruba: Uneingeschränkt ja. Wer seine Lehrerkompetenz verbessern und seinen Blickwinkel erweitern will, wird kaum etwas Besseres finden. Der Aufwand lohnt sich auf alle Fälle.
Schincke: So sehe ich das auch. Wir können nicht unsere Fahrschüler zum lebenslangen Lernen auffordern und selbst beim Althergebrachten stehen bleiben. Ein moderner Pädagoge muss sich intensiv mit den neuzeitlichen Methoden und Medien befassen.
FPX: Vielen Dank für das Gespräch.