Landesarbeitsgericht Hamm: Arbeitnehmer muss Schaden am Fahrzeug teilweise ersetzen

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Dezember /2011, Seite 670

Wer muss zahlen, wenn während einer Ausbildungsfahrt das Fahrzeug der Fahrschule beschädigt wird? Diese Frage läuft beim Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. immer wieder einmal auf. Unlängst ist hierzu vom Landesarbeitsgericht Hamm ein interessantes Urteil ergangen (Az: 3 Sa 1824/ 10 vom 23.03.2011).

 Was war passiert? Ein Omnibusfahrer hatte beim Heranfahren an eine Haltestelle das Wartehäuschen gestreift. Dabei wurden der rechte Außenspiegel und die Grundplatte des Spiegels so stark beschädigt, dass beide komplett ausgetauscht werden mussten. Die Reparatur kostete ca. 600 Euro.

Lohnabzug

Der Firmeninhaber zog dem Mitarbeiter dafür in drei aufeinanderfolgenden Monaten jeweils 100 Euro vom Nettolohn als anteilige Reparaturkosten ab.

Klage beim Arbeitsgericht

Das ließ sich der Fahrer nicht gefallen. Er nahm einen Anwalt und klagte vor dem zuständigen Arbeitsgericht in Dortmund, das die Klage abwies. In der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Hamm erhob der Arbeitgeber zugleich Widerklage, mit der er seine Ansprüche noch erweiterte.

Fahrer bestreitet den Vorfall

Vor Gericht bestritt der Fahrer, mit dem Wartehäuschen kollidiert zu sein. Vielmehr habe ein entgegenkommender Getränkelaster seinen Bus gestreift und dabei den Spiegel zerstört. Der Arbeitgeber wies diese Version zurück. Er erklärte, der Fahrer habe unmittelbar nach dem strittigen Vorfall von seinem Mobiltelefon aus den Betriebsleiter angerufen und diesen informiert, dass er gegen ein Wartehäuschen gestoßen sei und dabei den Spiegel abgefahren habe.

Arbeitgeber legt nach

Der Arbeitgeber vertrat deshalb die Meinung, der Fahrer habe zumindest mit mittlerer Fahrlässigkeit gehandelt. Deshalb bestehe er auf hälftige Mithaftung. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Fahrer seit Beginn seines Arbeitsverhältnisses bereits das dritte Mal einen Außenspiegel beschädigt habe. Außerdem habe er in der Zwischenzeit noch einen weiteren Schaden verursacht: Er sei auf einem Busparkplatz ohne Einweiser rückwärtsgefahren und dabei mit einem anderen Bus kollidiert. Dabei sei am anderen Bus ein Gesamtschaden von ca. 4.200 Euro entstanden. Am eigenen Bus sei die Heckklappe deformiert worden. Die für die Instandsetzung erforderlichen Kosten betragen ca. 900 Euro. Er sei der Meinung, der Fahrer habe bei diesem Vorfall grob fahrlässig gehandelt. Indem er ohne Einweiser rückwärtsgefahren sei, habe er jegliche Sorgfalt außer Acht gelassen. Deshalb müsse der Fahrer nun auch noch die Reparatur der Heckklappe zur Hälfte bezahlen.

Gericht gibt Arbeitgeber Recht

Das Gericht wies die Berufung des Fahrers zurück und gab gleichzeitig der Widerklage des Arbeitgebers statt. Somit muss der Fahrer die Kosten für den Austausch des Außenspiegels und die Instandsetzung der Heckklappe jeweils zur Hälfte tragen. In der Urteilsbegründung führte das Gericht aus, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich für durch ihn zu vertretende Vertragspflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis haftet. Voraussetzung dafür ist allerdings immer, dass der Schaden durch eine schuldhafte Pflichtverletzung entstanden ist. Die Beweislast hierfür trägt der Arbeitgeber. Im konkreten Fall ging das Gericht bei beiden Schadensereignissen von einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers aus. Negativ angelastet wurde ihm dabei auch die nachweisbar falsche Schutzbehauptung, ein entgegenkommender Getränkelaster habe den Spiegelschaden verursacht.

Analog für angestellte Fahrlehrer?

Das Urteil lässt den Schluss zu, dass auch angestellte Fahrlehrer für während Ausbildungsfahrten entstandene Unfallschäden haftbar gemacht werden können. Das wäre beispielsweise nach Unfällen infolge zu spätem oder nicht erfolgtem Eingreifen denkbar.

Jochen Klima