Halbherziges aus Brüssel: ABS ja, aber nicht für Kleinkrafträder

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus AusgabeJanuar/2011, Seite 47

Die EU-Kommission hat Anfang Oktober einen Entwurf zur Motorrad-Rahmenverordnung vorgelegt, die ab 1. Januar 2013 in Kraft treten soll. Danach müssen ab dem 1. Januar 2017 alle neu in den Verkehr kommenden Motorräder mit mehr als 125 m³ Hubraum oder mehr als 11 kW serienmäßig mit einem Antiblockiersystem ausgerüstet sein. Für Krafträder bis 125 m³ Hubraum soll lediglich ein kombiniertes Bremssystem vorgeschrieben werden.

Wo bleibt da die Logik? Gerade die jungen Vielfahrer, die bei jedem Wetter mit ihren Leichtkrafträdern und Rollern unterwegs sein müssen, sollen kein ABS brauchen? Und das 25 Jahre nach Erfindung des Antiblockiersystems! Ein Skandal kurzsichtigen Profitdenkens. Dazu die alte unaufrichtige Leier: Der Kunde frage das nicht nach, ergo rentierten sich die Entwicklungskosten nicht. Die Preise von heute zugrunde gelegt, müsste der Kunde bei gesetzlich forcierter Serienproduktion für ein einfaches ABS im Leichtkraftrad etwa 100 bis 500 € mehr auf den Tisch legen. Was ist das schon, wenn man die Alternativen bedenkt: Unfall, Schmerzen, Krankenhaus, Rollstuhl oder vielleicht sogar Friedhof. Dabei hat gerade ein Anfang Oktober letzten Jahres auf der Internationalen Motorradkonferenz in Köln von Continental-Teves publiziertes Forschungsergebnis gezeigt, dass die Hälfte aller durch Schreckbremsungen verursachten Unfälle durch ABS verhindert werden könnten.

Druck aufbauen

Hier muss dringend weiterer Druck aufgebaut werden. Deshalb bitte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei allen Verkaufsgesprächen mit Motorradhändlern und natürlich in Ihrem Unterricht vor Zweiradfahrschülern immer wieder deutlich zu machen: Für alle motorisierten Zweiräder oberhalb des Mopeds muss endlich die gesetzliche Pflicht zur Ausrüstung mit ABS kommen. Angesichts der negativen demografischen Entwicklung hat unsere Gesellschaft allen Grund, unsere Jugend so gut wie möglich zu schützen.

Karl-Heinz Hiller – Motorradreferent