Tagfahrlicht: Man muss bilanzieren

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe März/2011, Seite 152

Die europäischen Automobilhersteller müssen seit 7. Februar 2011 neu aufgelegte Pkw-Modelle serienmäßig mit Tagfahrleuchten ausstatten (gilt nicht für Pkw-Typen, deren Produktion schon vor dem Stichtag lief). Es geht um Besser-Gesehen-Werden. Wie bei Motorrädern für das Abblendlicht seit Langem vorgeschrieben, schaltet sich das Tagfahrlicht automatisch mit Anlassen des Motors ein.

Ein Jahr später wird die Vorschrift auch auf Nutzfahrzeuge erweitert. Eine Nachrüstpflicht für vor dem Stichtag in den Verkehr gekommene Pkw ist mit der neuen Verordnung nicht verbunden. Ebenso sind Fahrer von Pkw ohne Tagfahrlicht in Deutschland nicht verpflichtet, bei Tag mit Abblendlicht zu fahren; selbst Fahrer von bereits mit Tagfahrlicht ausgestatteten Pkw müssen dieses nicht benutzen. In Deutschland wie auch in Frankreich und der Schweiz existiert bislang nur eine Empfehlung des Verordnungsgebers, am Tag mit Licht zu fahren. Seit 31. Oktober 2003 ist die Schaltung von Tagfahrleuchten in der StVZO (§ 49a Abs. 5) geregelt. In den anderen Ländern der EU gelten unterschiedliche Regelungen. Verboten ist Fahren mit Tagfahrlicht oder Abblendlicht am Tag nach derzeitigem Stand nirgends. Als „ahnungsloser“ Deutscher fing man sich in Österreich bis zur Aufhebung der Benutzungspflicht am 01.01.2008 leicht einen Strafzettel ein, wenn man – mangels Tagfahrlicht – nicht mit eingeschaltetem Abblendlicht fuhr.

Nachrüsten

Tagfahrlicht zeichnet sich gegenüber dem Abblendlicht durch weniger Kraftstoffverbrauch und geringere Blendgefahr aus. In einer Pressemitteilung von Anfang Februar d. J. rät der TÜV, so auch DEKRA und KÜS, zur Nachrüstung, warnt aber zugleich vor „unsachgemäßem Selbsteinbau“ und damit evtl. verbundenen Schaltungsfehlern. Zum Beispiel darf sich zusammen mit Tagfahrlicht das Abblendlicht nicht einschalten.

Werden andere übersehen?

Immer wieder hört man von Einwänden gegen das Tagfahrlicht. Das mag auch zu der bisher etwas abwartenden Haltung des deutschen Verordnungsgebers beigetragen haben. Vor allem Motorradverbände wandten sich in der Vergangenheit immer wieder lautstark gegen das Tagfahrlicht, weil es das „Abblendlicht der Motorradfahrer schlucke“, es also weitgehend unwirksam mache. Auch hieß es vielfach, Radfahrer und Fußgänger könnten durch das Tagfahrlicht in ihrer Erkennbarkeit „genullt“ werden. Das alles scheint nun durch die Unfallforschung der deutschen Versicherer (UDV) widerlegt zu sein. Danach sollen sicherheitsrelevante Einflüsse des Tagfahrlichts auf schwächere Verkehrsteilnehmer nicht messbar sein. Wie dem auch sei, es spricht weit mehr für das Tagfahrlicht als dagegen. Indes, unter seltenen, besonders ungünstigen Bedingungen ist eine Beeinträchtigung der Erkennbarkeit anderer Verkehrsteilnehmer denkbar. Doch keine als prinzipiell richtig erkannte Regelung erweist sich unter allen vorstellbaren Umständen immer nur als perfekt. Bei allen Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit muss man, wie auch sonst im Leben, zur Erzielung des Besseren mögliche geringe Nachteile in Kauf nehmen. Wichtig ist, dass am Ende die „Bilanz“ stimmt. Und hier darf mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass zunehmende Benutzung des Tagfahrlichts das Unfallgeschehen mindern wird.

GLH