Fahrtauglichkeit: Ritalin im Straßenverkehr

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Mai/2011, Seite 288

Unlängst kam im Fahrschulunterricht beim Thema Drogen/Medikamente die Frage auf, inwieweit das Medikament Ritalin die Fahreignung herabsetzen und somit die Einnahme zu Problemen bei Kontrollen der Polizei führen kann. Der Fahrlehrerverband Baden Württemberg e.V. hat bei Dr. Marcus Tieschky, Medizinischer Leiter der PIMA-MPU GmbH in Augsburg nachgefragt.

Ritalin (Methylphenidat) gehört zur Gruppe der Amphetamine und unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz, deshalb ist jede Verschreibung meldepflichtig. Es ist anregend und produziert pharmakologische Effekte, die denen von Kokain und anderen Amphetaminen ähnlich sind. Ritalin wird hauptsächlich bei ärztlich kontrollierten Behandlungen von Kindern mit Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörungen (ADHS) eingesetzt, aber auch für die Behandlung der Narkolepsie (eine Schlaf-Wach-Störung).

Fahreignung

Ritalin kann während der ersten Zeit der Einnahme die Aufmerksamkeit und damit die Fahrtauglichkeit herabsetzen. Deshalb sollte während der ersten Phase (mehrere Wochen bis Monate) des Gebrauchs von Ritalin auf das Führen von Kraftfahrzeugen verzichtet werden, bis sich die Wirkung „eingependelt“ hat. Unter regelmäßiger Einnahme tritt dieser Effekt für gewöhnlich nicht mehr auf. Da beispielsweise die meisten Patienten mit ADHS erfahrungsgemäß Ritalin schon seit der Kindheit oder frühen Jugend einnehmen, entfällt in solchen Fällen für das Autofahren diese Gewöhnungszeit.

Ritalin als Droge

Nach dem Straßenverkehrsgesetz (§ 24 a Absatz 2 Satz 1) handelt ordnungswidrig, wer unter der Wirkung eines (näher bezeichneten) berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Hierbei genügt der einfache Nachweis dieses Mittels im Blut; dabei kommt es nicht – wie etwa bei Alkohol – auf die Konzentration an. Das Gesetz sieht jedoch eine entscheidende Ausnahme vor (§ 24a Absatz 2 Satz 2): Wenn die berauschende Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt, liegt keine Ordnungswidrigkeit vor.

Ritalin gehört grundsätzlich zu diesen verbotenen berauschenden Mitteln, denn das Gesetz sieht hier keine Feingliederung vor, sondern richtet sich nur an Grundsubstanzen einer Liste, die im Blut eines Kraftfahrers nicht vorkommen dürfen. Bei einem polizeilichen Drogen-Schnelltest kann daher wegen Ritalin durchaus ein positiver Amphetamin-Befund angezeigt werden. Erst mit einer präzisen Laboranalyse könnte Ritalin als die genaue Substanz ermittelt werden. Soweit der Kraftfahrer jedoch nachweisen kann, dass er auf ärztliche Verordnung zur Behandlung von beispielsweise ADHS diese Substanzen bestimmungsgemäß eingenommen hat, ist der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nicht erfüllt.

Bescheinigung mitführen

Ritalin-Patienten sollten daher eine regelmäßig aktualisierte Bescheinigung des behandelnden Arztes über die Verschreibung mit sich führen. Einen grundsätzlichen „Schutz“ gegen polizeiliche Maßnahmen im Verdachtsfall stellt eine solche jedoch nicht dar.

Ralf Nicolai