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EDITORIAL: Sofortmaßnahmen am Unfallort als Fernkurs

Peter Tschöpe, Vorsitzender des FLVBW

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Oktober/2011, Seite 527

Verehrte Leserinnen und Leser,

Deutschland schaffte 1986 die Ausbildung von Führerscheinbewerbern durch Laien ab. Der Gesetzgeber wollte damit sicherstellen, dass alle Fahranfänger auf der Grundlage einheitlicher Regeln und Standards von professionellen Fahrlehrern geschult werden. Dabei ist es Aufgabe der zuständigen Aufsichtsbehörden, die Fahrschulen regelmäßig hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen zu überwachen. Doch es gibt im Zusammenhang mit dem Führerscheinerwerb auch Pflichtkurse, die nicht überwacht werden.

Vor nunmehr 43 Jahren wurde für Führerscheinbewerber der Besuch eines Kurses über Grundkenntnisse in Erster Hilfe zur Pflicht. Damals schien der Gesetzgeber volles Vertrauen in die Hilfsorganisationen gesetzt zu haben, die Kurse ordnungsgemäß durchzuführen. Das würde erklären, warum auf eine Überwachung verzichtet wurde. Auf der Mitgliederversammlung 2009 des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. berichtete ein Kollege über gravierende Missstände bei der Durchführung der Kurse über Sofortmaßnahmen am Unfallort. Er sagte, bestimmte Anbieter beendeten diese Kurse oft schon nach zwei oder drei Stunden, obwohl eine Mindestdauer von vier mal 90 Minuten vorgeschrieben sei. Viele andere bestätigten diese Missstände. Trotz entsprechender Intervention nutzen diverse Anbieter solcher Kurse bis heute ihre absolute „Gestaltungsfreiheit“ und müssen sich nicht sorgen, kontrolliert zu werden. Inzwischen soll es die Teilnahmebescheinigung sogar schon nach „Besuch“ eines via Internet übermittelten Fernkurses geben. Wie man hört, schreiten die Behörden auch dagegen nicht ein. Sollten diese Kurse künftig nicht konsequent überwacht werden, um so wenigstens eine überwiegend korrekte Durchführung sicherzustellen, müssten die erforderlichen Kenntnisse in Sofortmaßnahmen am Unfallort Gegenstand einer Prüfung werden. Kommt keines von beidem, sollte man den Pflichtbesuch der Kurse abschaffen, denn bei der heute weithin herrschenden Laxheit der Durchführung erfüllen sie ihren Zweck definitiv nicht.

Mit besten Grüßen

Ihr

Peter Tschöpe