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Gelbe Karte – Warnung für jugendliche Gewalttäter

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Oktober/2011, Seite 534

Polizeidienststellen und Fahrerlaubnisbehörden im Land haben ein Verfahren entwickelt, um gewaltbereiten Jugendlichen bereits vor Erreichen der gesetzlich vorgegebenen Eingriffsschwellen die "Gelbe Karte" zeigen zu können.

Paragraf 2 Absatz 12 StVG verpflichtet die Polizeidienststellen die Fahrerlaubnisbehörden zu informieren, wenn ihnen Tatsachen bekannt werden, die „auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen“. Nach Eingang solcher Meldungen hat die Fahrerlaubnisbehörde zu prüfen, ob die Fahrerlaubnis zu entziehen oder mit Auflagen zu versehen ist.

Ausgangslage

In den letzten Jahren nahmen Gewaltdelikte deutlich zu. Dazu gehört auch eine erhöhte Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeibeamten und anderen staatlichen Stellen. Insbesondere im Umfeld von Musik- oder Sportveranstaltungen sind die Übergriffe deutlich angestiegen. Dazu kommt, dass Jugendliche sich teilweise gezielt bis zur Bewusstlosigkeit betrinken, auch "Warmtrinken" oder "Komasaufen" genannt.

Was wird aus denen?

Grundsätzlich ist Alkoholmissbrauch nicht strafbar. Jedoch liegt es nahe, dass Jugendliche mit solchen Trinkgewohnheiten auch als Kraftfahrer Trinken und Fahren nicht trennen können. Auch aus der Bereitschaft, Gewalt anzuwenden, kann geschlossen werden, dass sich diese Personen als Kraftfahrer nicht rücksichtsvoll verhalten werden. Beides rechtfertigt in der Regel noch keine fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahmen. Zumal da in nicht wenigen Fällen die „Täter“ Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 16 Jahren sind. Die denken oft noch gar nicht daran, dass ihr Verhalten später die Erteilung der Fahrerlaubnis infrage stellen könnte.

Der neue Ansatz

Mit dem neuen Ansatz wollen die Behörden aktiv werden, bevor "das Kind in den Brunnen gefallen ist". Individuelle Mobilität ist in unserer Gesellschaft fast ein Muss, und der Führerschein ist für viele junge Menschen eine Art Statussymbol. Deshalb soll versucht werden, den Gestrauchelten bereits unterhalb der gesetzlichen Eingriffsschwellen deutlich zu machen, dass eine erteilte Fahrerlaubnis in Gefahr geraten oder die Erteilung einer Fahrerlaubnis fraglich werden kann. Dabei gilt der Grundsatz „Nach Gelb kommt Rot“.

Kein Verwaltungsakt

Da es sich bei der "Gelben Karte" nicht um einen Verwaltungsakt handelt, bedarf es weder einer gesetzlichen Regelung noch ist ein Rechtsmittelverfahren möglich oder nötig. Verwaltungsgebühren dürfen nicht erhoben werden.

Einbindung der Erziehungsberechtigten

Sofern die Betroffenen noch nicht volljährig sind, werden immer auch die Erziehungsberechtigten eingebunden. Die sollen über die Situation informiert werden und nach ihren Möglichkeiten positiv auf die Jugendlichen einwirken.

Hilfsangebote

Mit der Aktion „Gelbe Karte“ werden die Betroffenen nicht nur auf mögliche künftige Probleme hingewiesen. Es wird ihnen auch ein Angebot zur Selbsthilfe unterbreitet. Dazu werden in die Aktion auch Suchtberatungsstellen und Stellen, die Antiaggressionstraining anbieten, eingebunden. Allerdings dürfen die personenbezogenen Daten an diese Stellen nur mit Zustimmung der Betroffenen weitergegeben werden; bei Jugendlichen ist auch die Zustimmung der Erziehungsberechtigten erforderlich.

Verfahrensablauf

Nach dem die Polizei die Fahrerlaubnisbehörde benachrichtigt hat, schreibt diese dem Betroffenen einen Brief. Zur Symbolisierung der Aktion wird der Brief auf gelbem Papier geschrieben, oder es wird eine „Gelbe Karte“ beigelegt. Der Brief zeigt das Fehlverhalten und die sich eventuell ergebenden Folgen auf; außerdem werden die Stellen benannt, von denen Hilfe kommt.

Kein landeseinheitliches Verfahren

Die Aktion „Gelbe Karte“ ist keine Verwaltungsmaßnahme und ist auch keinen gesetzlichen Regelungen unterworfen. Die Beteiligung der Behörden ist freiwillig. Nachdem Polizei und Fahrerlaubnisbehörden in Freiburg die „Gelbe Karte“ erfolgreich getestet hatten, haben auch andere Dienststellen dieses Verfahren ausprobiert. Dabei haben sich unterschiedliche Vorgehensweisen entwickelt. Die zuständigen Ministerien haben erfreulicherweise darauf verzichtet, ein landeseinheitliches Verfahren vorzugeben.

Was können Fahrschulen tun?

Fahrlehrer sollten ihre Kunden über diese Aktion informieren. Das gilt besonders für Landkreise oder Städte, deren Polizei und Fahrerlaubnisbehörden sich an der Aktion beteiligen.

Peter Tschöpe