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Gebhard L. Heiler - IAA 2011: innovativer, optimistischer, elektrischer ...

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Oktober/2011, Seite 560

Das Auto hat nichts von seinem Magnetismus verloren. Im Gegenteil. Die Massen pilgerten auch in diesem September nach Frankfurt, um – aufs Internet sei gepfiffen – den Novitäten aus Stahlblech, Alu und Karbon ganz nah zu kommen. Verglichen mit der etwas bänglichen IAA von 2009, die sich mit dem Ende der Abwrackprämie kreuzte, war es diesmal wieder ein richtiges Autofest. Wer die größte Automesse der Welt schon eine Weile kennt, vernahm allenthalben sprühenden Optimismus. Man fühlte sich ein wenig in die goldenen Jahre des deutschen Wirtschaftswunders zurückversetzt: Das Auto, schon damals der Deutschen liebstes Kind, macht sich auf, die Welt neu zu beglücken. Ja, auch Luxuskarossen gibt es noch zuhauf, und das ist gut so. Wie ungebrochen der Trend ist, diese teuren Stücke individuell herauszuputzen und noch muskulöser zu machen, zeigte sich an der starken Präsenz der Veredler und ihren exquisiten, wenn auch nicht immer geschmackssicheren Exponaten.

Die andere, viel bedeutendere Seite dieser IAA aber war die erstmals wirklich greifbare Hinwendung zum energieeffizienten Auto, und zwar über alle Klassen hinweg. Ob groß oder klein, ob Sportwagen oder Alltagsauto, keine Marke, kein Hersteller will in diesem für die zukünftigen Marktchancen so entscheidenden Rennen hinten bleiben.

Indes, die Ära des Verbrennungsmotors ist noch lange nicht zu Ende. Auch das lehrte diese IAA. Zugleich hat die Messe dem breiten Publikum eindrucksvoll zu verstehen gegeben: Das Zeitalter des (teil-)elektrisch angetriebenen Gebrauchsautos ist unumkehrbar eingeläutet. Rein-Elektro, Full-Hybrid, Mild-Hybrid oder Plug-in-Hybrid, fast alles gibt es schon bei allen wichtigen Herstellern oder ist mindestens in der Pipeline. Die Hybriden haben, jedenfalls, wenn es um Alltagstauglichkeit geht, einstweilen die Nase vorn. Noch ist offen, welche Technik schließlich das Rennen machen wird. Die stereotype Antwort lautet: “Für geraume Zeit wird es wohl konkurrierende Lösungen geben!“ Und: „Es kommt ganz darauf an, was Ihr Auto können soll!“ Beide Antworten greifen zu kurz.

Denn wer ist so umweltbewegt, für ein E-Auto mindestens 10.000 Euro mehr auszugeben als für einen verbrauchsoptimierten Diesel oder Benziner? Zumal da der Stromer nicht sehr weit trägt und dann große Ladepausen einlegt? Auf der Suche nach dem nur elektrisch angetriebenen Auto, das uns ohne Faxen in die Toskana fährt, wurde man auf dieser IAA noch nicht fündig. Ein skeptischer Mitbesucher meinte: „Ein genialischer Konstruktionsplan, oder soll ich Erfindung sagen, steht da noch aus!“ Widerspruch kommt von zwei Seiten. Zum Ersten von den Protagonisten der Brennstoffzelle mit Wasserstoff als Energielieferant. Sie glauben, die Probleme Batterien und Reichweite gelöst zu haben. Immerhin haben drei Mercedes-Autos (B-Klasse) mit dieser Technik unlängst die Welt umrundet und dabei in 125 Tagen pannenfrei 30.000 km zurückgelegt. Aber wo sind die Wasserstoff-Tankstellen? Zum Zweiten von Chevrolet und Opel. Deren Volt und Ampera sind im strengen Sinne keine Hybriden, sondern Elektroautos. Ein sparsamer Verbrennungsmotor füttert als Bordgenerator die Batterien und sorgt für beachtliche Reichweiten. Interessant ist, dass sich auch andere Hersteller dieser Technik zuwenden.

Fazit: Alles fließt, alles ist in Bewegung! Nichts ist so klar wie vor 120 Jahren, als der Verbrennungsmotor den Dampfantrieb endgültig aus dem Automobil verdrängte. Apropos, die IAA 2011 war auch eine Messe der Konzept-Autos, der Zukunftsstudien. Unglaublich, wie diese nicht unbedingt realistischen Vehikel das Publikum anziehen. Der Traum vom Auto ist eben noch lange nicht ausgeträumt, und diese IAA gab ihm neue, frische Nahrung.