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475 EDITORIAL Prüfungsfahrt: Verantwortung und Feedback
478 Nachrichten - Kurz und aktuell: 0,0 Promille: Die Jugend ist doch anders! / Sind 45 Minuten für die Pkw-Prüfung noch zeitgemäß?
480 Fahrlehrerrecht: Freie Fahrt für „freie Mitarbeiter“?
484 Steuerhinterziehung – Wenn Fahrschulen geschätzt werden
488 Elektronische Rechnungen – Vereinfachung seit 1. Juli 2011
490 Auffahrunfall: Das Fahrschulschild schützt
492 Pedelecs im Verkehrsrecht – Kraftfahrzeug oder Fahrrad?
496 BE-Anhänger im Ausbildungsbetrieb – Reifen, Anhängerkupplungen etc.
504 Fahrerassistenzsysteme: Über eigene Prüfungserfahrungen
518 Gerichtsurteile: (2013) Fahrradfahren darf nicht verboten werden / (2012) Verwaltungsgebühren für Abschleppmaßnahmen / (2011) Sturz eines Radfahrers / (2010) Gebührenrückerstattung der Autobahnmaut / (2009) Zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten / (2008) Keine Gebühren für Darlehenskonto / (2007) Grenze der Schmähkritik wird nicht überschritten
Steuerhinterziehung – Wenn Fahrschulen geschätzt werden
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe September/2011, Seite 484
Dieser Fall aus jüngster Zeit beruht auf Tatsachen. Die genannten Summen für Steuernachforderung und Geldstrafe sind den Originalunterlagen entnommen. Der betroffene Fahrschulinhaber ist der Redaktion bekannt, der hier genannte Name jedoch frei erfunden.
Fahrschulinhaber Gustav Corrumpo glaubte, die Marktsituation lasse längst fällige Preiserhöhungen nicht zu. Als daraufhin der Gewinn immer stärker schrumpfte, sah er sich gezwungen, alle vermeidbaren Kosten zu reduzieren. Dazu zählte er fatalerweise auch die Steuern! Deshalb kassierte er seine Schüler fortan vorwiegend bar ab und verbuchte nur noch einen Teil seiner Einnahmen.
Außenprüfung
Als sich das Finanzamt bei Gustav zu einer Außenprüfung anmeldete, beunruhigte ihn das nicht. Er war sicher, der Betriebsprüfer würde die unterdrückten Einnahmen nicht entdecken. Der Beamte überprüfte zunächst die Buchhaltungsunterlagen. Einige kleine Beanstandungen konnten im Gespräch geklärt werden. Aber dann ließ sich der Betriebsprüfer alle Tagesnachweise und Ausbildungsnachweise vorlegen und verglich diese miteinander. Dabei fiel ihm auf, dass die Angaben der Fahrstunden in den Ausbildungsnachweisen nicht in allen Teilen mit den Tagesnachweisen übereinstimmten.
Diese Ungenauigkeiten versuchte Gustav mit Flüchtigkeitsfehlern bei der Übertragung zu erklären. Als der Prüfer nach verschiedenen Verprobungen jedoch auf starke Widersprüchlichkeiten bei Einnahmen und Ausgaben stieß, wurde es für Gustav ungemütlich. Unter anderem betrugen die Fahrzeugkosten ohne Leasingraten rund 20 Prozent der Umsätze. Nach den Erfahrungssätzen des Finanzamtes ist aber ein Anteil von 10 bis 12 Prozent normal.
Schätzung und saftige Nachzahlung
Aufgrund dieser Erkenntnisse schloss das Finanzamt auf nicht ordnungsgemäße Buchführung und ermittelte auf der Grundlage der Fahrzeugkosten im Wege der Schätzung die entsprechenden Einnahmen. Für die vier geprüften Jahre wurden zusätzliche Umsätze in Höhe von rund 80.000 Euro ermittelt. Daraus ergab sich nicht abgeführte Umsatzsteuer in Höhe von rd. 12.500 Euro. Dazu kam hinterzogene Einkommensteuer in Höhe von rund 20.000 Euro. Insgesamt wurde eine Steuernachzahlung von rd. 32.500 Euro festgesetzt.
Strafe
Weil der Fahrschulinhaber in seiner Buchhaltung und in seinen Steuererklärungen bewusst falsche Angaben gemacht hatte, handelte es sich nicht um eine fahrlässige Steuerverkürzung (Ordnungswidrigkeit), sondern um eine Steuerhinterziehung, die als Straftat gilt. Deshalb informierte das Finanzamt die Straf- und Bußgeldsachenstelle, die beim Amtsgericht einen Strafbefehl über 3.500 Euro beantragte, der auch in dieser Höhe erlassen wurde. Gustav erkannte nicht, dass er mit diesem Strafbefehl günstig weggekommen war. Üblich sind in solchen Fällen Geldstrafen von 90 bis 180 Tagessätzen (durchschnittliches Tageseinkommen). Gustav legte Einspruch gegen den Strafbefehl ein.
Kurzer Prozess
In der Verhandlung machte der Richter dem Fahrschulinhaber klar, dass er gegebenenfalls sämtliche Fahrschüler, die in den fraglichen vier Jahren ausgebildet worden waren, als Zeugen vorladen und einzeln vernehmen würde. Das wollte der Fahrschulinhaber dann doch nicht riskieren und akzeptierte den Strafbefehl. Damit blieb ihm eine weitere Gerichtsverhandlung erspart. Trotzdem kamen zu Strafe und Steuernachzahlung noch Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 700 Euro hinzu. Per saldo hatte Gustav plötzlich Schulden in Höhe von rd. 37.000 Euro.
Das dicke Ende – Entzug der Fahrschulerlaubnis
Nachdem sie Kenntnis vom Ausgang des Strafverfahrens erlangt hatte, widerrief die zuständige Erlaubnisbehörde Gustavs Fahrschulerlaubnis wegen mangelnder Zuverlässigkeit. Die Fahrlehrerlaubnis durfte er behalten, damit er als angestellter Fahrlehrer in der Lage sein würde, seine Schulden beim Staat abzustottern.
Peter Tschöpe
Abgabenordnung (AO) – Auszug
Straf- und Bußgeldvorschriften; Straf- und Bußgeldverfahren
§ 370 Steuerhinterziehung
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
- die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
- pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
- seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht,
- die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
- unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt oder
- als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt.
(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.
(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf harmonisierte Verbrauchsteuern, für die in Artikel 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 (ABl. EG Nr. L 76 S. 1) genannten Waren bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften verwaltet werden.
(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.
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§ 378 Leichtfertige Steuerverkürzung
(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfertig begeht. § 370 Abs. 4 bis 7 gilt entsprechend.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.
(3) Eine Geldbuße wird nicht festgesetzt, soweit der Täter gegenüber der Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, bevor ihm oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. § 371 Absatz 3 und 4 gilt entsprechend.