Durch Auswahl eines Links wird unterhalb dieser Auflistung der vollständigen Artikel bzw. weitere Informationen dazu angezeigt: 2 Inhalt Mitglieder des FLVBW finden die FPX als PDF-Datei im Downloadbereich des internen InternetForums... ___________________________________
3 EDITORIAL: Flagge zeigen
6 Nachrichten kurz und aktuell: DFA-Newsletter - jetzt herunterladen / Hauptuntersuchung: Immer mehr Autofahrer buchen online / Unfalltote: Dreht sich der Trend?
8 Mitgliederversammlung 2012: Vorschau
10 Fahrlehrer-Gala 2012 im Rahmen der Mitgliederversammlung
13 Private Nutzung von Kfz: Welche Abgaben sind fällig?
17 Polizei kontrolliert Fahrschulbus: Überraschung mit happigen Folgen
21 Streckenverbote - Wo sie enden und wo nicht
24 Praktische Fahrausbildung: Schulung kleinwüchsiger Menschen
41 Spielsucht, Unterschlagung: Fahrlehrerschein weg!
43 BVerwG zum 'EU-Führerschein': Stopp für Führerscheintourismus
46 Gerichtsurteile: (2042) Rotes Kennzeichen: eingeschränkte Fahrt / (2041) Führerschein ist nicht gleich Führerschein / (2040) Verhältnismäßigkeit einer Pkw-Abschleppung / (2039) Keine Geheimhaltungspflicht / (2038) Umrüstkosten für beschädigtes Taxi / (2037) Fließender Verkehr hat Vorfahrt / (2036) Rad verloren: Haftet Werkstatt für Nachziehen der Radmutter?
Polizei kontrolliert Fahrschulbus: Überraschung mit happigen Folgen
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Januar/2012, Seite 17
Polizeihauptkommissar Thomas Fritz ist Teamleiter der Kontrollgruppe für gewerblichen Güter- und Personenverkehr der Polizeidirektion Esslingen. Vielen CE-Fahrlehrern ist er als exzellenter Kenner der Sozialvorschriften und der digitalen Kontrollgeräte bekannt. Sie kennen ihn auch als einen Polizeibeamten, der neben dem Gesetz auch mit den Sorgen und Nöten der Berufskraftfahrer bestens vertraut ist. Vor einigen Monaten erlebten er und sein Kollege auf einer Streifenfahrt etwas eher Ungewöhnliches.
FPX: Was gab Anlass, den Fahrschulbus zu kontrollieren?
Fritz: Mein Kollege und ich waren auf einer ganz normalen Streifenfahrt. Schwerpunkt war dabei die Überprüfung von Bussen. Auf der vierspurigen B 27 holten wir einen aus einem anderen Bundesland stammenden Reisebus ein. Die Fahrweise des Busses war völlig normal. Wir sahen, dass außer dem Fahrer zwei weitere Personen im Bus saßen und vermuteten, es handle sich um eine Besatzung aus drei Fahrern. Daraus schlossen wir zunächst, dass eine Reisegruppe von einem weit entfernt liegenden Ort abgeholt werden sollte. Der Bus wurde für eine routinemäßige Kontrolle auf einen Parkplatz gelotst. Als die Tür geöffnet wurde, sah ich die Doppelpedale. Vor dem Einsteigen sagte ich zu meinem Kollegen: „Das ist eine Fahrschule. Da sind wir gleich fertig.“ Der Fahrlehrer erzählte, die beiden Fahrschüler absolvierten auf einer mehrtägigen Tour die vorgeschriebenen Überland-, Nacht- und Autobahnfahrten. Nächstes Etappenziel sei Metzingen. Man wolle die Fahrt auch dazu nutzen, dort günstig einzukaufen. Ich bat die beiden Fahrschüler, mir ihre Personalausweise auszuhändigen; vom Fahrlehrer verlangte ich Fahrlehrerschein, Führerschein und Fahrzeugpapiere.
FPX: Was war nun das Besondere?
Fritz: Bei der Überprüfung des Führerscheins stellte ich fest, dass die Gültigkeit der Klasse D seit etwas mehr als 6 Monaten abgelaufen war. Der Fahrlehrer war ganz überrascht. Er gab an, er habe die Verlängerung der Fahrerlaubnis ganz vergessen. Welche rechtlichen Konsequenzen hatte das? In Ermangelung einer gültigen Fahrerlaubnis konnte der Fahrlehrer nicht als verantwortlicher Führer des Busses gelten. Für die beiden Fahrschüler bedeutete das Fahren ohne Fahrerlaubnis und für den Fahrlehrer Beihilfe zum Fahren ohne Fahrerlaubnis. Erste Konsequenz: Die Weiterfahrt des Busses wurde untersagt. Der Inhaber der Fahrschule wurde verständigt. Dieser kam nach einigen Stunden mit seinem Pkw, den der Fahrlehrer nach Hause fahren konnte. Der Fahrschulinhaber setzte dann die Ausbildungsfahrten fort. Ihm wurde aber vor Ort die Eröffnung eines Verfahrens gegen ihn mitgeteilt. Er hatte, indem er die Fahrt zuließ, gegen seine Pflichten als Halter verstoßen.
FPX: Wie ging es weiter?
Fritz: Wir legten die Unterlagen der zuständigen Staatsanwaltschaft vor. Dort ging man davon aus, dass dieser Verstoß nicht fahrlässig, sondern vorsätzlich begangen worden war. Schließlich handelte es sich um einen professionellen Ausbilder, der nicht nur Fahrschüler, sondern auch Berufskraftfahrer aus- und weiterbildet.
FPX: Aber Fahrlehrer sind doch auch nur Menschen. Da kann es doch passieren, dass man einen Termin übersieht. Das muss doch nicht gleich Vorsatz sein.
Fritz: Natürlich kann auch einem Fahrlehrer ein Fehler unterlaufen. Aber wenn die Gültigkeit der Fahrerlaubnis mehr als ein halbes Jahr abgelaufen ist, muss das einem Bus- oder Lkw-Fahrlehrer doch auffallen. Er unterrichtet schließlich regelmäßig über dieses Thema. Außerdem muss ein Betrieb mit Bussen oder Lkw regelmäßig prüfen, ob die Fahrerlaubnisse seiner Fahrer noch gültig sind.
FPX: Wie ging das Verfahren weiter?
Fritz: Die Staatsanwaltschaft ordnete eine Durchsuchung der Fahrschule sowie der Wohnung des Fahrschulinhabers und des angestellten Fahrlehrers an. Alle Geschäftsunterlagen wurden beschlagnahmt und ausgewertet, die Konten und Bankverbindungen wurden gesperrt und überprüft.
FPX: Warum so weitgehende Maßnahmen? Schließlich waren die Verstöße doch schon offenkundig.
Fritz: Zunächst musste festgestellt werden, ob der Fahrlehrer nach Ablauf der Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis weitere Fahrschüler ausgebildet hatte. Außerdem kam in diesem Fall neben Strafe auch eine Gewinnabschöpfung bzw. ein Verfall in Betracht. Deshalb musste die Staatsanwaltschaft ermitteln, welche Vermögensvorteile die Fahrschule durch die unrechtmäßige Tätigkeit des Fahrlehrers erzielt hatte. Aus diesem Grund wurden nicht nur die vom Fahrlehrergesetz vorgeschriebenen Aufzeichnungen, sondern auch die gesamten Geschäftsunterlagen beschlagnahmt. Es war zudem zu prüfen, ob der Fahrlehrer in der fraglichen Zeit eventuell auch als Busfahrer in dem Betrieb tätig gewesen war.
FPX: Was ist der Unterschied zwischen Gewinnabschöpfung und Verfall?
Fritz: Verfall ist der eigentliche rechtliche Begriff, doch „Gewinnabschöpfung“ ist wohl populärer. In Einzelfällen wird aber nicht nur der errechnete Gewinn, sondern auch der während eines bestimmten Zeitraums erzielte Bruttoumsatz abgeschöpft.
FPX: Was trat bei den Ermittlungen zutage?
Fritz: Der Fahrlehrer hatte in der fraglichen Zeit elf Bewerber um die Fahrerlaubnis Klasse D ausgebildet. Das bedeutet einen Umsatz von rund 60.000 Euro. Sollte die Staatsanwaltschaft von einem Strafbefehl gegen den Fahrschulinhaber absehen, kann die Ermittlungsbehörde auf diesen Betrag vollumfänglich zugreifen und er wird „verfallen“. Selbstverständlich wird gegen den Fahrlehrer ebenfalls ein Strafbefehl wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis erlassen.
FPX: Da kommt es aber knüppeldick.
Fritz: Das ist ja noch nicht alles. Schließlich kommen auch noch die fahrlehrerrechtlichen Vorschriften zum Tragen. Die Staatsanwaltschaft hat die zuständige Erlaubnisbehörde informiert. Diese hat in einem ersten Schritt die Fahrlehrerlaubnis des Fahrlehrers widerrufen. Damit war dieser Mann faktisch arbeitslos. Da er sowohl gegenüber der Staatsanwaltschaft als auch gegenüber der Erlaubnisbehörde kooperativ war und alle Unterlagen sofort herausgegeben hat, wurde die Fahrlehrerlaubnis unter Vorbehalt bis zum Abschluss des Verfahrens neu erteilt. Natürlich prüft die Erlaubnisbehörde auch, ob der Fahrschulinhaber weiterhin als zuverlässig im Sinne des Fahrlehrergesetzes gelten kann. Das Verfahren zum Widerruf der Fahrschulerlaubnis ist noch im Gange. Auf jeden Fall wurde dessen Vorhaben, den Betrieb zu erweitern, zunächst einmal abgelehnt. Außerdem erleidet die Fahrschule, die mit mehreren Industrieunternehmen zusammenarbeitet, auch einen erheblichen Imageverlust.
FPX: Wurden auch gegen die elf Fahrschüler, die von dem Fahrlehrer ohne gültige Erlaubnis ausgebildet worden waren, Maßnahmen eingeleitet?
Fritz: Zunächst wurde tatsächlich erwogen, die Fahrerlaubnis dieser Personen zu widerrufen, weil nach dem Fahrlehrergesetz und den darauf beruhenden Rechtsverordnungen die rechtlichen Voraussetzungen für die Ausbildungen objektiv nicht erfüllt waren. Davon wurde aber Abstand genommen, weil keiner der Betroffenen von dem Verstoß des Fahrlehrers und der Fahrschule wusste und auch nicht wissen konnte. Schließlich darf ein Fahrschulkunde davon ausgehen, dass die Fahrschule die gesetzlichen Vorschriften beachtet.
FPX: Ist das Verfahren schon rechtskräftig beendet?
Fritz: Im Dezember 2011 wurden die Ermittlungen abgeschlossen und im Januar 2012 soll Anklage erhoben werden. Außerdem hat die Polizeiführung angeordnet, dass in Baden-Württemberg künftig Lkw und Busse der Fahrschulen im Rahmen der normalen Polizeikontrollen genauso überprüft werden, wie andere Fahrzeuge. Bislang war es so, dass Fahrschulfahrzeuge bei Kontrollen eher durchgewunken wurden.
FPX: Welche Konsequenzen sollten Fahrschulen aus diesem Verfahren ziehen?
Fritz: Fahrlehrer der Lkw- oder Busklassen müssen in geeigneter Weise für eine zuverlässige Erinnerung an den Ablauf der Gültigkeit ihrer Fahrerlaubnis Klasse C bzw. D sorgen. Außerdem muss natürlich jede Fahrschule, wie jeder Betrieb, der Fahrer beschäftigt, mindestens zweimal im Jahr prüfen, ob die Fahrlehrer im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis sind. Darüber hinaus ist dafür zu sorgen, dass Beschäftigte mit befristeter Fahrerlaubnis rechtzeitig deren Gültigkeit verlängern lassen.
FPX: Herr Fritz, wir danken Ihnen für das Gespräch. Sie werden uns sicher informieren, sobald die Verfahren rechtskräftig abgeschlossen sind.
Das Gespräch führte Peter Tschöpe