Spielsucht, Unterschlagung: Fahrlehrerschein weg!

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Januar/2012, Seite 41

Widerruf der Fahrlehrerlaubnis bedeutet für den Betroffenen Berufsverbot. Ordnet eine Behörde diesen schwerwiegenden Eingriff an, folgt auf Antrag des Betroffenen häufig eine gerichtliche Nachprüfung der Maßnahme. Lesen Sie, wie das Verwaltungsgericht Mainz im vorliegenden Fall am 25. Oktober 2011 entschieden hat (Az. 3 L 995/11.MZ).

Ein angestellter Fahrlehrer hat während eines längeren Zeitraums Barzahlungen von Fahrschülern entgegengenommen und nicht seinem Chef übergeben. Die ermittelnden Behörden konnten 85 Fälle dokumentieren. Es handelt sich dabei um eine Schadenssumme von etwa 17.000 Euro. Die unterschlagenen Teilbeträge lagen zwischen 50 Euro und 405 Euro. Der Fahrlehrer leidet an Spielsucht und verzockte das Geld in diversen Etablissements. Schon vor Beginn des Verfahrens hatte er einen Teil des Schadens wiedergutgemacht. Nach der fristlosen Kündigung schloss er mit seinem Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht einen Vergleich, der ihn verpflichtet, 22.000 Euro zur Abgeltung der Schadenersatzforderungen an den betrogenen Fahrschulinhaber zu bezahlen. Damit konnte er eine Anzeige und eine strafrechtliche Verurteilung wegen Unterschlagung verhindern.

Widerruf der Fahrlehrerlaubnis

Die zuständige Fahrerlaubnisbehörde bekam trotzdem Wind von der Sache und widerrief im Sofortvollzug die Fahrlehrerlaubnis wegen erwiesener Unzuverlässigkeit. Das Amt stützte den Verwaltungsakt auf die zweifelsfrei nachgewiesene Spielsucht. Für die Behörde war klar, dass der Betroffene auch weiterhin versuchen werde, sich auf illegalem Weg finanzielle Mittel zu verschaffen. Deshalb sei eine „künftige Schädigung“ einer nicht unerheblichen Anzahl von Fahrschülern und natürlich auch des jeweiligen Fahrschulinhabers mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Somit sei – unter Berücksichtigung seiner mangelnden finanziellen Leistungsfähigkeit sowie der Vielzahl der ihm zur Last gelegten Verstöße – eine Fortführung seiner Fahrlehrertätigkeit nicht vertretbar.

Klage beim Verwaltungsgericht

Das wollte sich der Fahrlehrer nicht gefallen lassen und reichte – auch gegen den sofortigen Vollzug der Maßnahme – Klage beim Verwaltungsgericht in Mainz ein. Die dortigen Richter ließen ihn jedoch in aller Deutlichkeit abblitzen und urteilten wie folgt:

Widerruf wegen erwiesener Unzuverlässigkeit

Nach dem Fahrlehrergesetz (§ 8 Abs. 2) ist die Fahrlehrerlaubnis bei erwiesener Unzuverlässigkeit zu widerrufen. Als unzuverlässig für den Fahrlehrerberuf gilt insbesondere, wer seine aus dem Gesetz sich ergebenden Pflichten wiederholt gröblich verletzt. Der betroffene Fahrlehrer habe unter Missbrauch seiner mit der Ausbilderfunktion verbundenen Autorität die Vermögensinteressen der ihm anvertrauten Fahrschüler gefährdet und dadurch das in ihn gesetzte Vertrauen massiv verletzt. Deshalb sei er als unzuverlässig anzusehen. Die Richter führten aus, dass für die Beurteilung der Zuverlässigkeit auch nicht strafrechtlich geahndete Verstöße gegen die Rechtsordnung herangezogen werden können, sofern diese zur Überzeugung des Gerichts feststehen.

Sofortvollzug zulässig

Ebenso wurde die Klage gegen den Sofortvollzug abgewiesen. Auch wenn beim Widerruf der Fahrlehrerlaubnis immer ein gravierender Eingriff in die nach Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes garantierte Freiheit der Berufsausübung im Raum stehe, sei die Anordnung in diesem Fall rechtmäßig. Das öffentliche Interesse daran, dass es zu keiner weiteren Gefährdung der Vermögensinteressen Dritter kommen konnte, wog schwerer als der Anspruch des Kollegen auf freie Berufsausübung.

Typisches Krankheitsbild

Geldbeschaffungsdelikte sind für das Krankheitsbild Spielsucht typisch. Deswegen ging das Gericht davon aus, dass der Fahrlehrer, solange er nicht vollständig geheilt sei, auch weiterhin der Versuchung nicht widerstehen könne, sich bei den ihm anvertrauten Fahrschülern illegal Geld zu beschaffen. Daran ändere auch die inzwischen von ihm begonnene Therapie nichts, zumal nach fachwissenschaftlichen Erkenntnissen bei Personen, die an Spielsucht leiden, wegen mangelnder Therapie-Motivation häufig von einer hohen Rate von Therapieabbrüchen auszugehen sei.

Jochen Klima