Verdienstausfall: Entgangene Einnahmen konkret darlegen

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juni/2012, Seite 346

Das Amtsgericht Berlin Mitte hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Durch Auffahrunfall war eine Fahrschulinhaberin verletzt und ihr Fahrschulmotorrad beschädigt worden (AZ: 25 C 3160/10). Die Geschädigte machte u. a. Ansprüche wegen Verdienstausfalls geltend.

Nach den Angaben der Geschädigten konnten wegen ihrer Verletzung und der Dauer der Reparatur des Motorrads zwei ihrer Fahrschüler die praktische Prüfung erst mit Verzögerung von einem Monat ablegen. Deshalb sei praktischer Unterricht ausgefallen.

Unzureichende Darlegung und Beweise

Das Gericht verneinte einen Schaden aus Verdienstausfall, weil die Fahrschule nicht in ausreichendem Maße ihrer Darlegungs- und Beweislast nachgekommen ist. Sie habe die Höhe des tatsächlichen Ausfalls von Einnahmen aus entgangenen Fahrstunden nicht konkret dargelegt. Insbesondere begründeten Fahrstunden, die nachgeholt werden können und nicht endgültig ausfallen, grundsätzlich keinen Verdienstausfall. Die Fahrstunden seien dann nicht entgangen, sondern lediglich später angefallen.

Wie muss die Fahrschule Verdienstausfall darlegen? 

Soll der Anspruch auf Entschädigung erfolgreich sein, muss die Fahrschule genau darlegen, welcher konkrete Verdienstausfall durch den Unfall entstanden ist. Zunächst muss die Gewinnminderung festgestellt werden, die ohne den Unfall nicht eingetreten wäre. Das erfordert oft eine aufwendige, detaillierte Berechnung durch einen Fachmann in Betriebswirtschaft unter Heranziehung der Fahrschulaufzeichnungen und Geschäftsbücher.

Von den Gerichten wird gerade bei Selbstständigen sehr darauf geachtet, dass sie der Schadenminderungspflicht nachkommen. Deshalb ist in diesen Fällen ernsthaft zu erwägen, ob die Einstellung einer Ersatzkraft, die Mehrbeschäftigung eines angestellten Fahrlehrers oder die zumutbare Nachholung des ausgefallenen Unterrichts in Frage kommen.

Ist Nachholen möglich? 

Eine wichtige Grenze für das Nachholen von Fahrstunden setzt hier § 6 FahrlG, wonach die tägliche Dauer des praktischen Unterrichts 495 Minuten nicht überschreiten darf. Weist eine Fahrschule Vollauslastung nach (Tagesnachweis, Terminkalender), so ist ein Nachholen von Fahrstunden nicht zumutbar, und die gegnerische Versicherung hat für den durch entgangenen Gewinn entstandenen Vermögensschaden (§ 252, § 842 BGB) aufzukommen. Für die Berechnung können die wegen ausgefallener Fahrstunden entgangenen Fahrstundenentgelte (ohne Umsatzsteuer) abzüglich der ersparten Nutzungskosten (30 bis 40 Prozent) angesetzt werden.

Wird wegen längerer Reparaturzeit ganz oder teilweise ein Fahrzeug gemietet, entfällt für die Dauer der Mietzeit der Anspruch auf Verdienstausfall wegen des beschädigten Fahrzeuges. Beides zusammen geht nicht.

Ralf Nicolai