Depeche aus Friedrichshafen: Jahreshauptversammlung bei Kaiserwetter - Verkehrsminister Hermann: Wir brauchen eine neue Fahrkultur

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann spricht über wichtige Themen der Verkehrssicherheit

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Mai/2012, Seite 232

Dieser 28. April 2012 war eine Premiere: Der erste grüne Verkehrsminister unseres Bundeslandes erwies dem Verbandstag der südwestdeutschen Fahrlehrer aufmerksame Reverenz. Dank ausgezeichneter Tagungsatmosphäre und herrlichem Seewetter war es eine rundum gelungene Mitgliederversammlung.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann spricht über wichtige Themen der Verkehrssicherheit

Mehr als 500 Fahrlehrer und zahlreiche Gäste der 62. ordentlichen Hauptversammlung des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V. sahen im Graf-Zeppelin-Haus zu Friedrichshafen mit Spannung der Rede von Winfried Hermann entgegen. Mehrfach von Applaus unterbrochen, ging Hermann sehr konkret auf wichtige Themen der Verkehrssicherheit ein. Sein Bekenntnis zu qualitätvollem Fahrunterricht, der dazu führen könne, dass die Menschen künftig anders, also noch fairer, vorausschauender, rücksichtsvoller und vorsichtiger Auto fahren, kam besonders gut an. Nicht schnell und billig, sondern gut und sicher müsse Fahrunterricht sein.

Den Fahrlehrerberuf aufwerten

Das Fahrlehrerrecht und besonders die Fahrlehrerausbildung zu modernisieren und den Beruf aufzuwerten, seien Ziele einer Gesetzgebungsinitiative, für die sich sein Haus einsetze. Er freue sich, so Hermann weiter, dass die Konferenz der Länderverkehrsminister ein hierzu konzipiertes Eckpunktepapier als Grundlage weiterer Erörterungen einstimmig angenommen habe. Die Länder seien auch bereit, dem offenbar wegen der Reform des Punktsystems überlasteten Bundesverkehrsministerium legislative Vorarbeiten abzunehmen, um möglichst zeitnah zu Ergebnissen zu gelangen. Sein differenzierter Blick auf die von Ramsauer geplante Vereinfachung des Punktsystems löste starken Beifall aus.

Vorwiegend Zustimmung – aber auch Skepsis

Hermann ging im Weiteren auf Einzelheiten der beabsichtigten Rechtsänderungen ein, die bei seinen Zuhörern auf viel Zustimmung, in Teilen aber auch auf Zweifel, ja Ablehnung stießen. In seiner Replik ging Verbandsvorsitzender Tschöpe auf die Bedenken der Mitglieder ein. Vor allem die im Eckpunktepapier angesprochene Möglichkeit der Vergabe von Aufträgen an sogenannte „Kooperationsfahrschulen“ lösten bei vielen Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern große Besorgnis aus. Kooperationen von Fahrschulen seien nach heutiger Rechtslage schon in vielfältiger Weise möglich. Dafür bedürfe es keiner Aufweichung bewährter gesetzlich geregelter Verantwortlichkeiten. Auch die in Betracht gezogene Abschaffung der Ausbildungsbescheinigung, die sich (seit 1986, Red.) u.a. als Bestätigung der Prüfungsreife bewährt habe und im Übrigen Voraussetzung für die Zulassung zur Fahrerlaubnisprüfung sei, treffe bei der überwiegenden Mehrheit der Fahrschulen nicht auf Zustimmung. Einige der im Eckpunktepapier enthaltenen Änderungsvorschläge bedürften noch ausgiebiger Nacharbeit.

Diskussion im Foyer

Diesmal ließ die etwas längere Mittagspause viel Zeit zur Diskussion in kleinen Gruppen. Dabei stand die Rede des Ministers im Mittelpunkt. Vorherrschender Tenor: inhaltlich gut, sachlich und verständlich, keine leeren Versprechungen. Ein noch kurz vor Beginn der Versammlung sehr kritisch gestimmter Kollege aus dem Oberland meinte: „Der grüne Verkehrsminister steht auf dem Boden der Realität. Was er sagte, hat mir im Wesentlichen gut gefallen.“  

Einen ausführlichen Bericht über die Friedrichshafener Jahrestagung bringen wir in der Juni-Ausgabe. 

GLH