Leserbrief: C. Ostermair zum Beitrag aus FPX 4/2012: Fahrlehreranwärter: Nutzlose Führerscheine for ever?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Mai/2012, Seite 271

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Mit Verwunderung, um nicht zu sagen befremdend, nehme ich zur Kenntnis, dass ein von mir sehr geschätzter Kollege und jahrzehntelanger Verbandsvorsitzender den Vorbesitz der Fahrerlaubnis für Motorräder und Lastkraftwagen als Zugangsvoraussetzung zum Fahrlehrerberuf in Zweifel zieht. Zugegeben, leider wurde wie im beschriebenen Histörchen damals (1965) meist auf mickrigen Zweirädern und aufgeblasenen Sprudel-Lastern in den besagten Führerscheinklassen ausgebildet. Zum Glück hat sich das im Laufe von fast 50 Jahren entscheidend geändert.

Beobachtet man im täglichen Realverkehr, wie sich aus Unkenntnis über die sehr unterschiedlichen Probleme von Zweirad- und Schwerfahrzeugfahrern gefährliche Verkehrssituationen entwickeln, ist nicht zu verstehen, warum gerade die künftigen Ausbilder unserer neuen Pkw-Fahrer diese Erfahrungen aus der Sicht der anderen nicht erleben und weitervermitteln können sollten. Wenn man bedenkt, welche besonderen Verhaltensweisen beim Fahren mit Zweirädern und Lastkraftwagen hinsichtlich der Massen, der Geschwindigkeiten, der Sichtverhältnisse und des Platzbedarfs notwendig sind, darf man das nicht nur auf ein bisschen Ausholen beim Rechtsabbiegen reduzieren.

Zurück zum Histörchen. Es freut mich, dass aus besagter Silvia trotz der damals dürftigen Fahrausbildung eine erfolgreiche Fahrlehrerin geworden ist. Wir können allerdings nicht beurteilen, was sie ohne die geforderten zusätzlichen Führerscheinausbildungen ihren angehenden Fahranfängern hätte vermitteln können.

Anschließen möchte ich mich der Forderung einer besseren, weniger techniklastigen Ausbildung und einer anspruchsvolleren Bildungsvoraussetzung. Die künftigen Fahrlehrer sollten sich in Wort und Schrift wenigstens so artikulieren können, wie es einem Lehrberuf angemessen ist. Bessere Verkehrspädagogen bekommt man nicht durch eine immer weitere Reduzierung der Zugangsvoraussetzungen, sondern nur durch eine umfassendere, auch über den Teller(Klassen)-rand hinausreichende Kenntnisvermittlung.

Den Erwerb der zusätzlichen Führerscheine als Hinderungsgrund für die Fahrlehrerausbildung besonders der weiblichen Bewerberinnen zu vermuten, darf angesichts der zunehmenden Zahl von Motorrad- und Lastwagenfahrerinnen getrost auch der Historie zugeordnet werden. Oder wäre die nächste Forderung dann eine Frauenquote?

Christian Ostermair