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583 EDITORIAL: Die Zukunft der Fahrschulen
586 Kurz und aktuell: Ein Auto - wozu? / Auslese
590 Regionalversammlungen – Ausgebucht!
596 Prüfungsfahrzeuge BE – Weshalb verschärfte Anforderungen?
598 Unfall mit dem Pedelec – Wie sieht’s mit der Haftung aus?
602 Motorradklassen – Was ist Stufenaufstieg und was Direkterwerb?
605 Werbung mit Gutschein für ASP
616 Unisex-Tarife: Große Entlastung für Frauen?
619 Mangelnde Fahrpraxis Klasse C und D – BVerwG: Erneute Fahrprüfung
620 Jahresende – Büro ausmisten
624 Gerichtsurteile: (2115) Befahren der Mittelinsel im Kreisverkehr / (2114) Überfahren des Radschutzstreifens durch Pkw / (2113) Regelfahrverbot ist die Regel / (2112) Fahrverbot trotz unscharfen Radarfotos? / (2111) IHK-Ausbildungs-Betreuungsgebühr / (2110) Meldepflicht des erkrankten Arbeitnehmers
Unfall mit dem Pedelec – Wie sieht’s mit der Haftung aus?
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe November/2012, Seite 598
Paragraf 1 Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes definiert Kraftfahrzeuge als „Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein“. Ein Pedelec wird durch Maschinenkraft und Muskelkraft bewegt. Bei Tretleistung wird der Fahrer durch einen Elektromotor unterstützt.
Weil § 1 Absatz 2 StVG einen aus Muskel- und Maschinenkraft kombinierten Antrieb nicht ausschließt, ist das Pedelec grundsätzlich als Kraftfahrzeug einzustufen. Nach Aussage eines Vertreters des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV) auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag im Januar 2012 wurden 2011 in Deutschland rund 300.000 E-Bikes verkauft. Meldungen aus 2012 lassen weiter steigendes Interesse am Pedelec und am E-Bike erkennen.
Viel Sympathie für Pedelecs
Neben zahllosen Radfahrern begeistern sich auch immer mehr eingefleischte Autofahrer für das Pedelec 25. Deshalb auch die weitverbreitete Auffassung, man solle es verkehrsrechtlich den Fahrrädern gleichstellen. Solange der Gesetzgeber aber keine entsprechende Regelung trifft, hat das Pedelec 25 als Kraftfahrzeug zu gelten. Unter Pedelec 25 versteht man Fahrräder mit Elektromotor, dessen Nenndauerleistung maximal 250 Watt beträgt. Beim Treten wird der Fahrer durch den Elektromotor unterstützt, der beim Erreichen von 25 km/h automatisch abschaltet. Manche Pedelecs 25 sind mit einer Anfahrhilfe ausgestattet, die das Fahrzeug ohne Tretleistung des Fahrers auf 6 km/h beschleunigt. Danach hilft der Motor nur, wenn der Fahrer die Pedale bewegt.
E-Bikes
Als E-Bikes bezeichnet man Fahrräder, deren Motor eine höhere Leistung bringt und bei 25 km/h nicht abschaltet. In den Europäischen Regelungen zur Ermittlung der bauartbestimmten Höchstgeschwindigkeit (bbH) ist für Zweiräder vorgegeben, dass der Fahrer seine Haltung bei der Testfahrt nicht verändert. Da der Fahrer beim Treten seine Haltung zwangsläufig verändert, käme man sowohl beim Pedelec 25 als auch beim E-Bike zu einer bbH von 0 km/h. Bei einem Pedelec 25 mit Anfahrhilfe läge die bbH danach bei 6 km/h. Die Regelung erweist sich damit als unbefriedigend. Als bauartbestimmte
Höchstgeschwindigkeit der Pedelecs und E-Bikes sollte die Geschwindigkeit gelten, bei der die Tretunterstützung abschaltet. Es wäre zu wünschen, dass die EU bald entsprechende Regelungen trifft.
Halterpflichten?
Trotz der heute schon sehr weiten Verbreitung dieser Fahrzeuge hat der Gesetzgeber die Empfehlungen des Arbeitskreises VI des Deutschen Verkehrsgerichtstages vom Januar 2012 noch nicht aufgenommen und entsprechende Regelungen getroffen. Besonders problematisch können sich fehlende Regelungen nach Unfällen auswirken. Schließlich ist der Halter eines Kraftfahrzeugs nach § 1 Pflichtversicherungsgesetz verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. In § 2 dieses Gesetzes werden Ausnahmen von der Versicherungspflicht genannt. Danach käme allenfalls die Regelung in Absatz 1 Nr. 6 Buchstabe a in Betracht. Dort sind „Kraftfahrzeuge, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit sechs Kilometer pro Stunde nicht übersteigt“, von der Versicherungspflicht befreit. Versteht man unter der bbH eines Pedelecs die Geschwindigkeit, bei der die Tretunterstützung abschaltet, sind somit auch die Halter eines Pedelec 25 verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Wie die Gerichte das Pedelec 25 in einem Schadenersatzprozess einstufen, bleibt abzuwarten. Allerdings sollte kein Fahrer sich darauf verlassen, dass ein Obergericht der Meinung folgt, das Pedelec sei dem Fahrrad gleichzustellen.
Haftung
Wer schuldhaft einen Schaden verursacht, muss nach § 823 BGB Ersatz leisten. Wird der Schaden durch ein Kraftfahrzeug verursacht, tritt die vom Halter des Kraftfahrzeugs abzuschließende Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ein. Die Inanspruchnahme einer Privathaftpflichtversicherung scheidet aus, weil die Versicherungsbedingungen die sogenannte Benzinklausel enthalten. Diese lautet bei den meisten Versicherungsgesellschaften: „Nicht versichert ist die Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugs wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden.“
Kein Versicherungsschutz?
Das bedeutet, dass der Fahrer eines Pedelecs im Fall eines von ihm verschuldeten Schadens nicht durch seine Privathaftpflichtversicherung geschützt ist. Im Klartext: Er muss den Schaden in voller Höhe selbst bezahlen. Verfügt ein Pedelec-Fahrer nicht über ausreichende finanzielle Mittel, geht der Geschädigte leer aus.
Auf die Bedingungen kommt es an!
Die Fahrlehrerversicherung VaG lässt auch ihre Pedelec-Fahrer nicht im Regen stehen. Sie hat in ihre „Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen zur Privathaftpflichtversicherung“ unter Ziffer 4.1 folgenden Passus aufgenommen: „Versichert ist im Umfang von Ziff. 1 BBR die gesetzliche Haftpflicht als Radfahrer (Fahrrad, Fahrrad mit Hilfsmotor, Pedelec)“. Eine solche Regelung ist woanders keineswegs selbstverständlich. Versicherungsnehmer unseres berufsständischen Versicherungsunternehmens können also beruhigt Pedelec fahren. Sie haben im Fall eines von ihnen mit dem Pedelec verschuldeten Schadens Versicherungsschutz.
SEGWAY geregelt, Pedelec nicht!
Anders als für das Pedelec gibt es für das SEGWAY (elektrisch angetriebene zweirädrige Mobilitätshilfe) klare rechtliche Regelungen (Mobilitätshilfenverordnung (MobHV) vom 16.7.2009). Darin ist u.a. eine Haftpflichtversicherung wie fürs Mofa vorgeschrieben. Das erstaunt umso mehr, als diese Fahrzeuge überwiegend in großräumigen Anlagen wie Messegeländen, Flughäfen, Freizeitparks etc. verwendet werden. Gelegentlich sieht man sie auch bei Stadtführungen; aber sonst treten sie als Fortbewegungsmittel im öffentlichen Straßenverkehr kaum auf.
Eine gescheite „Pedelec-Verordnung“ könnte die E-Mobilität kräftig fördern und Bedenken unentschlossener Interessenten beseitigen.
Wann kommt sie?
Peter Tschöpe