EG-Führerscheinrichtlinie: Motorrad mit Anhänger verboten?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Oktober/2012, Seite 543

Ist es erlaubt, hinter einem Motorrad einen Anhänger mitzuführen? Von manchen Stellen wurde in den zurückliegenden Wochen mit Verweis auf die dritte EG-Führerscheinrichtlinie behauptet, das sei verboten.

Das angebliche Verbot wird mit dem Fehlen von Hinweisen in der dritten EG-Führerscheinrichtlinie begründet. Weder bei den Beschreibungen der „A-Klassen“ noch bei denen der Anhängerklassen sei etwas über Motorradanhänger zu finden. In der amtlichen Begründung zur 6. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 07.10.2011 stehen im Verkehrsblatt 3/2011 auf Seite 111 unter der Überschrift „Keine Anhängerregelung bei den Motorradklassen“ folgende Sätze: „Die Richtlinie sieht für die Motorradklassen keine Anhängerklasse vor.“ Am Ende des Absatzes heißt es: „Nach den Vorschriften der Richtlinie darf mit der Fahrerlaubnis der Klasse A bei Trikes und Krafträdern kein Anhänger mitgeführt werden.“

Widerspruch

Dieser Auslegung wird energisch widersprochen, und zwar mit folgenden Begründungen:

  • Obwohl sich schon in der zweiten EG-Führerscheinrichtlinie keine Regelung für Anhänger hinter Motorrädern fand, war das Mitführen von Anhängern hinter Motorrädern bisher unstrittig und wird – vor allem im ländlichen Bereich – auch täglich praktiziert. Anzeigen oder gar Bußgeldverfahren sind in diesem Zusammenhang bisher nicht bekannt geworden.
  • Nach den EG-Führerscheinrichtlinien ist für das Mitführen von Anhängern bis 750 kg zulässiger Gesamtmasse (zG) neben der Fahrerlaubnis für das Zugfahrzeug keine Fahrerlaubnis für eine Anhängerklasse erforderlich. Da es keine Motorradanhänger über 750 kg zG gibt, erübrigt sich hierfür eine ausdrückliche Regelung in der Richtlinie.
  • Die Frage, ob Anhänger hinter Motorrädern mitgeführt werden dürfen, ist in erster Linie eine fahrzeugrechtliche Frage. Sie ist sowohl in der Zulassungsverordnung (FZV) als auch in den Bauvorschriften der StVZO als zulässig entschieden. 
  • In § 3 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe f werden „einachsige Anhänger hinter Krafträdern, Kleinkrafträdern und motorisierten Krankenfahrstühlen“ ausdrücklich von der Zulassungspflicht ausgenommen.
  • In § 32 Absatz 1 Nummer 3 StVZO wird die höchstzulässige Breite für Anhänger hinter Krafträdern auf einen (1) Meter begrenzt. In § 42 Absatz 2 Sätze 1 und 2 StVZO ist geregelt, dass „hinter Krafträdern und Personenkraftwagen Anhänger ohne eigene Bremse nur mitgeführt werden dürfen, wenn das ziehende Fahrzeug Allradbremse und der Anhänger nur eine Achse hat. Krafträder gelten trotz getrennter Bedienungseinrichtungen für die Vorder- und Hinterradbremsen als Fahrzeuge mit Allradbremsen. Werden einachsige Anhänger ohne ausreichende eigene Bremse mitgeführt, so darf die Anhängelast höchstens die Hälfte des um 75 kg erhöhten Leergewichts des ziehenden Fahrzeugs, aber nicht mehr als 750 kg betragen.“
  • § 43 Absatz 4 Satz 2 StVZO lautet: „Nicht selbsttätige Anhängekupplungen sind jedoch zulässig, […] 2. an Krafträdern und Personenkraftwagen.“

Da der Gesetzgeber sowohl in der FZV als auch in der StVZO das Mitführen von Anhängern hinter Krafträdern ausdrücklich zulässt und dafür auch spezielle Regelungen getroffen hat, gibt es das behauptete Verbot nicht. Von in der EG-Richtlinie und der FeV nicht vorhandenen Regeln ein Verbot ableiten zu wollen, ist ziemlich gewagt.

Peter Tschöpe