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479 EDITORIAL: Bürokratismus pur!
482 Kurz und aktuell: Papierlos - nicht bei Gericht / Sicherheitsgurt - der Leichtsinn fährt immer noch mit
485 Prüfungsfahrzeuge - Brüssel: Maßgebliche Änderungen
492 Energieverbrauchskennzeichnungsrecht: Effizienz-Label für neue Produkte
495 Altersvorsorge – Fatale Irrtümer bei der Riester-Rente
500 Fahrschülerinnen belästigt: Fahrlehrer Grapscher am Ende
504 Alkohol und Randale: Führerschein weg – ohne zu fahren
512 Gebhard L. Heiler: Wenn’s von allen Seiten grünt ... oder wie man in Radolfzell die StVO auslegt
522 Gerichtsurteile: (2102) Keine Halterhaftung für Parkplatzgebühren / (2101) Fahrerlaubnisprüfung in deutscher Sprache / (2100) Lahme Unfallregulierung / (2099) Fehlender Kfz-Versicherungsschutz / (2098) Fragwürdige Parkerleichterung / (2097) Einkaufswagen-“Führer“ begeht Unfallflucht auf Parkplatz / (2096) Baumschau durch Fachmann muss sein / (2095) Widerruf beim Fernabsatzvertrag
Fahrschülerinnen belästigt: Fahrlehrer Grapscher am Ende
© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe September/2012, Seite 500
Eine der Grundvoraussetzungen für den Fahrlehrerberuf ist persönliche Zuverlässigkeit. Damit ist die persönliche Integrität, besonders aber auch die Achtung vor der Würde der Fahrschüler gemeint. Die sexuelle Belästigung einer Fahrschülerin ist ein klarer Beleg für unverzeihliche Pflichtvergessenheit.
Das wurde jüngst einem Fahrlehrer ganz deutlich aufgezeigt. Seine Klage gegen den Widerruf seiner Fahrlehrerlaubnis wurde am 3. Mai 2012 vom Verwaltungsgericht Stuttgart abgewiesen (Az.: 8 K 2956/11). Der 63-jährige Kläger, verheiratet, Vater von zwei erwachsenen Kindern, war seit 1972 Fahrlehrer der Klassen A und BE (früher 1 und 3). Seit 1974 betrieb er in Stuttgart eine Fahrschule.
Erste Verurteilung im Jahr 2007
Schon 2007 war der Kläger wegen sexueller Nötigung und Beleidigung zu einer für zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden. Bereits damals hatte er bei einer Nachtfahrt eine Fahrschülerin belästigt. Weil er nicht vorbestraft gewesen war und die Tat zugegeben hatte, war das Gericht von einem minderschweren Fall ausgegangen. Daneben schien der Täter durch das Strafverfahren sehr in sich gegangen zu sein. Das Gericht war nicht zuletzt deshalb davon ausgegangen, dass die Verurteilung und die Furcht um den Fortbestand seiner Fahrschule ausreichend Druck auf ihn ausüben und ihn von weiteren Straftaten abhalten würde. Deshalb war weder ein Fahrverbot noch die Entziehung der Fahrerlaubnis verhängt worden. Somit konnte der Fahrlehrer seine Fahrschule weiter betreiben.
Behörde kündigt Widerruf der Fahrlehrerlaubnis an
Im März des Jahres 2010 teilte die zuständige Aufsichtsbehörde dem Kläger mit, dass sie von dem obigen Urteil erfahren habe. Die begangenen Straftaten seien Tatsachen, die ihn für den Fahrlehrerberuf ungeeignet erscheinen ließen. Deshalb beabsichtige man, die Fahrlehrerlaubnis zu widerrufen. Dagegen wehrte sich der Fahrlehrer mit der Ausrede, er habe die Taten gar nicht begangen, sondern den Schülerinnen lediglich den Gurt zurechtrücken wollen. Außerdem massiere er seine Fahrschülerinnen immer am Rücken, wenn sie unter Verspannungen litten. Und um das Schalten zu erlernen, sei es schließlich erforderlich, die Hand der Fahrschülerin an den Schalthebel zu drücken.
Erneute Strafanzeige einer Fahrschülerin
Mitten hinein in das laufende Verfahren platzte nun die Anzeige einer anderen Fahrschülerin, der er im August 2009 seine Hand zunächst aufs Knie und dann zwischen die Beine gelegt hatte. Daraufhin erhob die Staatsanwaltschaft Klage wegen sexueller Nötigung. Das zuständige Schöffengericht verurteilte den Fahrlehrer als Wiederholungstäter zu einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Daneben wurde ihm für die Dauer von drei Jahren untersagt, weiblichen Fahrschülern praktischen Unterricht zu erteilen.
Regierungspräsidium weist Widerspruch zurück
Dieses Verfahren führte dazu, dass die Fahrerlaubnisbehörde nunmehr die Fahrlehrerlaubnis widerrief. Das Regierungspräsidium wies den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers zurück. In seiner Begründung führte das Regierungspräsidium aus, die erneute Straftat belege die Unzuverlässigkeit und die charakterliche Ungeeignetheit als Fahrlehrer. Das Fahrlehrergesetz sei ein Gesetz zur Gefahrenabwehr und solle gewährleisten, dass nur integere und straffreie Personen Fahrlehrer sind. Außerdem sei die Fahrlehrerlaubnis nicht teilbar, sodass eine Beschränkung auf die Ausbildung männlicher Bewerber nicht in Frage käme.
Verwaltungsgericht weist Klage ab
Dem Verwaltungsgericht Stuttgart blieb der letzte Akt in diesem sich über einen längeren Zeitraum hinziehenden Verfahren vorbehalten. Es bestätigte den Widerruf in vollem Umfang. Die Richter machten deutlich, dass ein Fahrlehrer, der so wenig Respekt vor dem sexuellen Ehrgefühl seiner Fahrschülerinnen gezeigt habe, für die Ausübung des Fahrlehrerberufs charakterlich völlig ungeeignet sei. Die nachteiligen wirtschaftlichen Folgen des Widerrufs müsse er allein tragen, da er sie letztlich durch eigenes persönliches Fehlverhalten verursacht habe.
jk
Sittenstrolche gehören weg!
Auch wenn sich im dargestellten Fall wieder einmal gezeigt hat, dass in einem Rechtsstaat die Mühlen der Behörden manchmal sehr langsam mahlen, so mahlen sie letztlich doch sehr gründlich. Wer Fahrschülerinnen als Objekt seiner sexuellen Begierde betrachtet, hat die Berechtigung, sich Fahrlehrer zu nennen und diesen schönen, wichtigen Beruf auszuüben, verwirkt. Deshalb ist es gut für uns alle, dass dieser Fahrlehrer – wenn auch zu spät – endgültig vom Verwaltungsgericht aus dem Verkehr gezogen wurde. Dass sich ein Verfahren hinziehen kann, ist Preis der Rechtsstaatlichkeit. Das mag uns manchmal zu lang dauern. Aber bis zum eindeutigen Beweis des Gegenteils gilt in unserem Land die Unschuldsvermutung. Das ist ein hohes Rechtsgut, das wir trotz aller verständlichen Ungeduld immer wieder zu schätzen wissen sollten.
Ein lebenslanges Berufsverbot ist freilich eine sehr einschneidende Maßnahme. Doch wer Fahrlehrer ist, sollte wissen, was bei schweren Verletzungen des Rechts droht – und sexuelle Belästigung und Nötigung sind sehr böse, erniedrigende Vergehen.
Frauen, die sich solche Übergriffe nicht gefallen lassen und den Mut haben, die Kerle anzuzeigen, machen es richtig. Scham und womöglich die Sorge, deshalb Nachteile zu haben oder – wie eines dieser Subjekte einmal einer Frau gedroht hat – gar den Führerschein nicht zu bekommen, wären hier falsch. Es gehört zu unserem beruflichen Ethos, den Kundinnen und Kunden mit Wertschätzung und Anstand zu begegnen. Deshalb können unsere Fahrschülerinnen darauf vertrauen, dass sie in solchen Fällen bei der großen Mehrheit unserer Kolleginnen und Kollegen auf aktive Hilfe und Unterstützung treffen.
Jochen Klima