Fahrerlaubnisprüfung – Identität und Ausweisersatzpapiere

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Dezember/2013, Seite 689

Im Oktober 2002 (S. 530/531) und im Februar 2003 (S. 63) berichteten wir über Anwendungshinweise zu Fragen der Identitätskontrolle bei der Antragstellung und der Fahrerlaubnisprüfung, die seinerzeit das baden-württembergische Ministerium für Umwelt und Verkehr verlautbart hatte.

Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg hat mit Schreiben vom 07.05.2013 überarbeitete Anwendungshinweise zur Identitätsprüfung bekannt gegeben. Die eingangs erwähnten Hinweise sind damit gegenstandslos.

Genügt eine Verlustbescheinigung?

Vor kurzem wurde beim Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. angefragt, ob ein Bewerber, der seinen Ausweis verloren hat und statt Ersatzausweis nur noch eine sogenannte Verlustbescheinigung bekommt, sich damit bei der Fahrerlaubnisprüfung ausweisen könne. Die TP-Leitung TÜV SÜD stellte hierzu fest, dass eine Verlustbescheinigung nicht als Ausweisdokument bei der Fahrerlaubnisprüfung gelten kann, weil damit eine Identitätsprüfung nicht möglich ist.

Lesen Sie den Wortlaut der neuen Anwendungshinweise:

„Fahrerlaubnisrecht;

Amtlicher Nachweis über Ort und Tag der Geburt (§ 21 Abs. 3 Nr. 1 FeV) und Identitätsprüfung bei Abnahme der theoretischen und praktischen Fahrerlaubnisprüfung nach §§ 16 Abs. 3 Satz 3, 17 Abs. 5 Satz 2 FeV bei Ausländern/Ausländerinnen, die keinen Personalausweis bzw. Reisepass besitzen.

Schreiben des Ministeriums für Umwelt und Verkehr vom 10. September 2002 und vom 23. Dezember 2002, Az. 34-3853.1-0/496

Die nachfolgenden Anwendungshinweise ersetzen die bisherigen Hinweise gemäß dem Schreiben des Ministeriums für Umwelt und Verkehr vom 10. September 2002, Az. 34-3853.1-0/496 und gemäß dem Nachtragsschreiben vom 23. Dezember 2002, die damit als erledigt anzusehen sind.

Die Überarbeitung der Anwendungshinweise berücksichtigt einen angemessenen Ausgleich zwischen der Missbrauchsbekämpfung bei Ausweisdokumenten einerseits und dem berechtigten Interesse an Mobilität und Integration von Personen, die bereits langjährig berechtigt oder geduldet in Deutschland leben. Es erschiene nicht nachvollziehbar, solchen Personen unter Berufung auf formale Anforderungen des Identitätsnachweises den Erwerb einer deutschen Fahrerlaubnis dauerhaft zu verwehren, wenn nicht die Gefahr einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit oder eines Missbrauchs mit Ausweisdokumenten besteht.

Gerade der Fahrerlaubniserwerb gewährleistet – insbesondere im ländlichen Raum – die Mobilität, die für die regelmäßige und zuverlässige Ausübung einer beruflichen Ausbildung oder Tätigkeit sowie für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben förderlich, unter Umständen sogar notwendig ist.

Gemäß § 2 Abs. 6 StVG i.V.m. § 21 Abs. 3 Nr. 1 FeV ist dem Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis ein amtlicher Nachweis über Ort und Tag der Geburt beizufügen. Als amtlicher Nachweis gelten regelmäßig

    • die Geburtsurkunde,
    • eine beglaubigte Abschrift aus dem Familienstammbuch,
    • der Personalausweis oder
    • der Reisepass.

Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 und § 17 Abs. 5 Satz 2 FeV hat der Sachverständige oder Prüfer sich jeweils vor der theoretischen und praktischen Prüfung durch Einsicht in den Personalausweis oder Reisepass von der Identität des Bewerbers/der Bewerberin zu überzeugen.

Im Falle von Ausländern/Ausländerinnen, die keinen Personalausweis bzw. Reisepass ihres Heimatlandes besitzen, wird empfohlen wie folgt zu verfahren:

1. Reiseausweise

Als Identitätsnachweis anzuerkennen sind von deutschen oder ausländischen Behörden ausgestellte amtliche Reiseausweise, z.B.

    • Reiseausweis für Ausländer,
    • Reiseausweis für Flüchtlinge,
    • Reiseausweis für Staatenlose,
    • Internationaler Reiseausweis für Asylbewerber.

Dies gilt auch dann, wenn diese Dokumente den Zusatz „Personalangaben beruhen auf den eigenen Angaben des Ausländers/der Ausländerin“ o.Ä. enthalten.

2. Aufenthaltsgestattung und Ausweisersatz

Als Identitätsnachweis anzuerkennen ist die Aufenthaltsgestattung, da Asylbewerber/ Asylbewerberinnen während des Asylverfahrens ihrer Ausweispflicht mit der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung genügen.

Ebenfalls als Identitätsnachweis anzuerkennen sind Bescheinigungen über einen Aufenthaltstitel oder die Aussetzung der Abschiebung (Duldung), wenn sie

    • mit den Angaben zur Person und einem Lichtbild versehen und
    • als Ausweisersatz bezeichnet sind. 

Ob die Dokumente in Papierform oder als elektronischer Aufenthaltstitel (sog. eAT) ausgestaltet sind, ist unerheblich.

Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn diese Dokumente den Zusatz „Personalangaben beruhen auf den eigenen Angaben des Ausländers/der Ausländerin“ o.Ä. enthalten. Ausnahmsweise kann die Anerkennung als Identitätsnachweis vorübergehend aufgeschoben werden, wenn in Abstimmung mit der zuständigen Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte für Missbrauch hinsichtlich der Personalangaben vorliegen; solchen Anhaltspunkten ist unverzüglich nachzugehen und nach Überprüfung eine Entscheidung über die Zulassung zur Fahrerlaubnisprüfung zu treffen.

3. Aufenthaltstitel und Duldungen ohne Charakter als Ausweisersatz

Bescheinigungen über einen Aufenthaltstitel oder die Aussetzung der Abschiebung (Duldung), die nicht als Ausweisersatz gelten, können ausnahmsweise als Identitätsnachweis zum Fahrerlaubniserwerb dienen, wenn besondere Umstände und Kriterien das berechtigte Interesse des/r Betroffenen am Fahrerlaubniserwerb als vorrangig gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Missbrauchsbekämpfung bei Ausweisdokumenten erscheinen lassen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der/die Betroffene

    • seit mindestens vier Jahren ununterbrochen einen tatsächlichen und erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalt in Deutschland hat,
    • nicht wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die für die Fahreignung gemäß § 11 FeV von Bedeutung ist, rechtskräftig sanktioniert wurde oder ein solches Verfahren noch anhängig ist,
    • zur Aufnahme einer Berufsausbildung oder einer Erwerbstätigkeit in Deutschland berechtigt ist
      und wenn keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch im Hinblick auf die Identität vorliegen.

Die Entscheidung hierüber bedarf einer eingehenden Einzelfallprüfung in Abstimmung mit der zuständigen Ausländerbehörde.

Bestehen Zweifel an der eindeutigen Identität des/r Betroffenen oder Anhaltspunkte für Missbrauch, sind diese Dokumente nicht als Identitätsnachweis zum Fahrerlaubniserwerb anzuerkennen. Dies gilt insbesondere bei

    • Einreise unter anderem Namen,
    • uneinheitlicher Angabe des Geburtsdatums,
    • uneinheitlicher Schreibweise des Namens oder
    • Verdacht auf Fälschung von Dokumenten. 

4. Sonstige Dokumente ohne Charakter als Ausweisersatz

Sonstige, nicht unter Ziff. 2 bzw. Ziff. 3 genannte asyl- oder aufenthaltsrechtliche Dokumente, die nicht als Ausweisersatz gelten, sind nicht als Identitätsnachweis anzuerkennen.

5. Mindestalter

Bestehen Anhaltspunkte für Zweifel, ob das gesetzliche Mindestalter für den Erwerb der jeweiligen Fahrerlaubnisklasse erreicht ist – insbesondere wenn Dokumente den Zusatz „Personalangaben beruhen auf den eigenen Angaben des Ausländers/der Ausländerin“ enthalten, ist diesen Zweifeln nachzugehen. Bleiben trotz Prüfung Zweifel bestehen, ist die Zulassung zum Fahrerlaubniserwerb solange aufzuschieben, bis die Zweifel ausgeräumt sind.

Die Regierungspräsidien werden gebeten, die Fahrerlaubnisbehörden entsprechend zu unterrichten.

Die TÜV SÜD Auto Service GmbH wird gebeten, die in Baden-Württemberg für die Abnahme der theoretischen und praktischen Fahrerlaubnisprüfungen eingesetzten Sachverständigen und Prüfer entsprechend zu unterrichten und darauf hinzuweisen, dass zur Identitätsprüfung bei der Fahrerlaubnisprüfung das von der Fahrerlaubnisbehörde auf dem Prüfauftrag zugelassene Ausweisdokument als Identitätsnachweis vorzulegen ist.

gez. Gerhard Schmidt-Hornig“