Theorieprüfung mit Audiounterstützung – Kopfhörer nur mit Genehmigung?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Februar/2013, Seite 95

Anlage 7 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) lässt es zu, Bewerber mit Lese- und/oder Schreibschwäche mit Audiounterstützung zu prüfen. Dabei erscheinen die Fragen und vorgegebenen Antworten wie üblich auf dem Bildschirm, werden aber zugleich oral per Kopfhörer übermittelt, und zwar nur auf Deutsch. In jedem Fall muss die Audiounterstützung von der Fahrerlaubnisbehörde genehmigt werden. Dazu muss der Bewerber ein „Zeugnis“ eines Arztes oder einer Schule vorlegen. Ist diese Verfahrensweise sinnvoll?

Die jüngere Generation hat es offenbar nicht mehr so arg mit dem Lesen von Büchern und Zeitschriften. Die „bequemen“ Medien Fernsehen und Internet scheinen das geschriebene Wort zu verdrängen. Immer weniger Menschen kaufen Bücher. Zuwächse gibt es nur noch bei Hörbüchern. Tatsache ist, dass heute mehr Kinder schlechter lesen als früher. Die moderne Form der Informationsvermittlung setzt stark auf die Kombination der Wahrnehmung durch Auge und Ohr. YouTube und Co. lassen grüßen. Auch das hier abgebildete Plakat lässt ahnen, dass die Benutzer sich davon mehr Wirkung versprechen als vom üblichen Schild „Einfahrt freihalten“.

Genehmigungspflicht für Audiounterstützung

Es ist meine klare Meinung, dass das Erfordernis der „Genehmigung durch die Behörde bei Vorliegen eines Zeugnisses von Arzt oder Schule“ außer bürokratischem Aufwand nichts bringt und deshalb ersatzlos gestrichen werden muss. Wäre es der Verkehrssicherheit abträglich, wenn Prüflinge die freie Wahl hätten, sich die Fragen nicht nur anzuschauen, sondern auch vorlesen zu lassen? Übrigens: Was bitte sollen Arzt oder Schule bescheinigen? „Hiermit wird bestätigt, dass der Bewerber XY schlecht lesen kann“ – na toll! Und die Behörde? Kann die, wenn so ein „Wisch“ vorliegt, mehr tun als ihn abzunicken? Also: Weg mit dem Unsinn!

Audiounterstützung: Warum nicht auch in Fremdsprachen?

Mit der Neuregelung wurde auch die Möglichkeit mit Hilfe eines Dolmetschers in einer Fremdsprache geprüft zu werden ersatzlos gestrichen. Eine Ausnahme gibt es lediglich für Gehörlose. Sie können die Hilfe eines Gebärdendolmetschers in Anspruch nehmen. Die Abschaffung der Dolmetscherprüfung war überfällig. Aber nicht, weil man es fremdsprachigen Mitbürgern schwerer machen wollte, sondern weil massive Manipulationen vorgekommen waren. Außerdem sollen Dolmetscher, die beim Betrügen nicht mitmachen wollten, gelegentlich massiv bedroht worden sein. Die Prüfung kann außer in Deutsch nur noch in den in der Anlage 7 genannten elf Fremdsprachen  (Red.: Englisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Russisch, Kroatisch, Spanisch, Türkisch) abgelegt werden. Dagegen ist wenig einzuwenden. Hier ist die Frage zu stellen: Warum wird in diesen „offiziellen“ Sprachen nicht auch mit Audiounterstützung geprüft? Was spräche dagegen, wenn ein Ungar oder ein Inder, der vielleicht etwas Englisch spricht, aber die Sprache nur leidlich zu lesen versteht, die Fragen auf Englisch anhören könnte?

Jochen Klima