Elektromobilität: Flottenversuch beim Regierungspräsidium Stuttgart

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Januar/2013, Seite 52

Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) hat im Auftrag des baden-württembergischen Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur (MVI) eine sechsmonatige Pilotuntersuchung zur Elektromobilität durchgeführt.

Dabei ging es um die Verwendung von Elektrofahrzeugen durch die beim Regierungspräsidium Stuttgart angesiedelte zentrale Fahrbereitschaft des Landes. Das Ergebnis zeigt, dass mehr als ein Drittel aller Dienstfahrten mit Elektrofahrzeugen kostengünstiger durchgeführt werden könnten. Lässt sich das Ergebnis auch auf Fahrschulen übertragen?

Zu schade zum Verbrennen

Die fossilen Brennstoffe Kohle, Gas und Öl gehen zur Neige und sind außerdem viel zu schade, um zur Energieerzeugung verfeuert zur werden. Deshalb ist „nachhaltige Mobilität“ gefragt. Eine Möglichkeit ist der Betrieb von Elektroautos. Dabei muss klar sein, dass diese Antriebsart erst dann nachhaltig ist, wenn der zum Betrieb erforderliche Strom ausschließlich durch umweltfreundliche Kraftwerke, wie z.B. Windkraftanlagen oder Wasserkraftwerke, also nicht durch Kohle- oder Kernkraft, erzeugt wird.

Ergebnisse des Flottenversuchs

Die Ergebnisse wurden der Öffentlichkeit am 21. November 2012 auf einer Pressekonferenz des Regierungspräsidiums Stuttgart vorgestellt. Die Auswertung und der Vergleich der Fahrtenbücher der vorhandenen Dienstwagen mit Verbrennungsmotor (Audi A4, Audi A6, VW-Transporter) und den beim Versuch eingesetzten Elektrofahrzeugen u.a. Mercedes A-Klasse E-Cell, Renault Fluence Z.E. und Nissan Leaf, haben zu beachtlichen Ergebnissen geführt.

Betriebskosten pro Kilometer

Bei den reinen Betriebskosten (Diesel bzw. Strom) haben die Elektrofahrzeuge eindeutig die Nase vorn. Sie benötigten alle weniger als 5 Cent pro gefahrenen Kilometer, während beim A4 9,61 Cent und beim A6 11,24 Cent anfielen.

Fixkosten

Genau umgekehrte Ergebnisse brachte der Vergleich der Fixkosten (Kauf-, Mietpreise, Leasingraten, Batterieleasing, Restwerte, Abschreibung, Werkstatt- und Instandhaltungskosten etc.). Die beiden Audis kamen pro Tag auf 6,40 Euro (A4) bzw. 7,73 Euro (A6). Für die E-Fahrzeuge hingegen müssen pro Tag 16,47 Euro (A-Klasse E-Cell), 11,09 Euro (Renault Fluence Z.E.) oder 15,67 Euro (Nissan Leaf) aufgewendet werden.

Wirtschaftlichkeitsanalyse

Die Experten des Fraunhofer-Instituts kamen insgesamt zum Ergebnis, dass die Elektrofahrzeuge im Vergleich zum A4/A6 ab folgender Jahreskilometerleistung günstiger als die Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zu betreiben sind:

  • Mercedes A-Klasse E Cell:
    A4 > 69.910 km / A6 > 46.287 km
  • Renault Fluence Z.E.:
    A4 > 35.825 km / A6 > 19.101 km
  • Nissan Leaf:
    A4 > 66.362 km / A6 > 43.037 km

Klare Potenziale für verstärkten Einsatz von E-Fahrzeugen

Die Wissenschaftler rechneten vor, dass etwa ein Drittel der – meistens nicht weiter als 60 Kilometer führenden – Dienstfahrten mit Elektrofahrzeugen deutlich kostengünstiger durchgeführt werden könnten. Dies gelte zumindest dann, wenn auch die Mitarbeiter davon überzeugt werden könnten, auf eine kleinere – wie beispielsweise die beim Test verwendeten – Fahrzeuge umzusteigen. Die Ergebnisse bezeichneten Landesverkehrsminister Winfried Hermann und der Stuttgarter Regierungspräsident Johannes Schmalzl unisono als klares Signal, die ökologische Modernisierung der Dienstwagenflotte voranzubringen.

Fahrschulalltag:
Reichweite und Ladezeit sind problematisch

Einmal abgesehen von der Automatikfrage dürfte für Fahrschulen der Alltagseinsatz von reinen E-Fahrzeugen nach dem derzeitigen Stand der Technik aus folgenden Gründen noch in weiter Ferne liegen: Die Reichweite der getesteten Fahrzeuge ist in den meisten Fällen für den normalen Fahrschulalltag zu gering. Der Mercedes schaffte im Sommer 180 Kilometer, im Winter 150 Kilometer. Der Renault und der Nissan kamen im Sommerbetrieb grade mal auf 100 Kilometer; im Winter waren nur noch 80 Kilometer (Renault), bzw. 90 Kilometer (Nissan) drin. Der Unterschied Sommer – Winter kommt von der Heizung, die bei Verbrennungsmotoren im Wesentlichen von der ohnehin vorhandenen Abwärme gespeist wird. Bei E-Fahrzeugen hingegen muss ein nicht unerheblicher Teil der in der Batterie gespeicherten Energie für das thermische Wohlbefinden der Passagiere verbraten werden. Außerdem benötigen die Fahrzeuge im Regelfall mindestens zehn bis zwölf Stunden Zwangspause an der Steckdose, um die Batterien wieder komplett aufzuladen. Auch das dürfte im Fahrschulalltag kaum machbar sein.

Jochen Klima