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EDITORIAL: Viel geredet, wenig gesagt!

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Oktober/2013, Seite 539

Liebe Leserinnen und Leser,

es ist erfreulich, dass es die FAHRSCHULE, laut Impressum offizielles Organ der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V., in diesem Jahr endlich einmal geschafft hat, einen Bundesverkehrsminister zu interviewen. Die Fragen waren gut und sprachen die wichtigsten Problemfelder an, doch viel Erhellendes haben sie nicht gebracht. Als es um eine Existenzfrage unseres Berufes ging, die Reform des Fahrlehrerrechts nämlich, hielt sich Ramsauer bedeckt und verwies auf eine „vertiefte Diskussion“, der er nicht vorgreifen wolle. Das ist nach 16 Jahren Stillstand und absichtlichem Wegsehen von unseren Problemen wenig genug. Auf die Fragen nach den Zielen der zukünftigen Fahranfängervorbereitung verwies Ramsauer vieldeutig auf eine demnächst zusammentretende Projektgruppe, die „wirksame, praxistaugliche und bürgerfreundliche Vorschläge“ unterbreiten soll. Dabei vergaß er nicht, diese Vorschläge sogleich unter den Vorbehalt zu stellen, der Führerschein müsse auch in Zukunft bezahlbar bleiben. Da fragt man sich als Leser unwillkürlich, in welcher Welt dieser Minister eigentlich lebt. Er tut so, als ob sich der Staat trotz der erdrückenden Konkurrenzsituation der Fahrschulen um Preisdämpfung kümmern müsse. Ganz und gar daneben liegt er mit seiner Behauptung: „Wir haben einen Vorschlag für ein Qualitätssicherungsprogramm gemacht. Die Arbeiten wurden nicht weiter verfolgt, weil uns die Fahrlehrerschaft selbst den Hinweis gegeben hat, dass ein solches System für höchstens fünf bis sieben Prozent der Fahrschulen von Interesse ist.“ Das ist ministerielle Geschichtsklitterung. Hat er sich das von anmaßenden Bundes-Zwergverbänden einflüstern lassen? Richtig hingegen ist: Das System kommt nicht zum Zug, weil sich das heute von Ramsauer geführte Bundesministerium seit 1999 mit fadenscheinigen Begründungen um den Erlass einer Verordnung drückt, deren Rechtsgrundlage sein fähiger Vorgänger Matthias Wissmann 1998 ins Fahrlehrergesetz geschrieben hat.

Bayern, wo Ramsauer herkommt, hat als erstes Bundesland anno 1977 einen Modellversuch zur Nachschulung mehrfach auffälliger Kraftfahrer initiiert. Es waren eigens dafür geschulte Fahrlehrer, die mit der Durchführung der Kurse beauftragt wurden. Schon nach wenig mehr als zwei Jahren, so las ich das unlängst in einem alten Blatt, pries das Bayerische Staatsministerium des Innern den verkehrssicherheitlichen Erfolg der Kurse. Allmählich folgten auch die anderen Länder dem bayerischen Modell. So kam es schließlich vor mehr als 20 Jahren zu den bundeseinheitlichen Aufbauseminaren mit Punktetilgung. Ramsauer wischt die jahrzehntelangen Verdienste der Fahrlehrerschaft auf dem Gebiet der Nachschulung mit Verweis auf zweifelhafte Studien vom Tisch. Das enttäuscht und beleidigt viele Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer, die in diesen Seminaren durch ihren leidenschaftlichen Einsatz viel für die Verkehrssicherheit bewirkt haben. Immerhin wurden 50 Prozent der Kursanten nach ihrem Aufbauseminar nicht mehr auffällig. Aber das zählt bei Ramsauer nicht mehr.

Die Bundestagswahl war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht gelaufen. Es mag ausgehen, wie es will. Doch nach diesem Interview hoffen, soweit ich das überblicke, viele Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer im Südwesten einmal mehr auf einen Bundesverkehrsminister, der etwas mehr von ihrem Metier versteht oder mindestens zu verstehen sucht.

Ihr

Jochen Klima