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Ausbildungsverbot an Sonntagen: Im 21. Jahrhundert noch zeitgemäß?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Oktober/2013, Seite 545

Das baden-württembergische Gesetz zum Schutz der Ruhe an Sonn- und Feiertagen (Feiertagsgesetz, FTG § 6 Absatz 1) verbietet an Sonn- und Feiertagen „öffentlich bemerkbare Arbeiten, die geeignet sind, die Ruhe des Tages zu beeinträchtigen“. Das gilt auch für die Ausbildung von Fahrschülern in Theorie und Praxis sowie für Aufbauseminare oder für Weiterbildungen nach dem Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz. Aber passt diese Vorschrift noch in die heutige Zeit?

Auch wenn es oft anders gesehen wird: Die Rechtslage ist eindeutig.

Arbeitszeitgesetz (AZG)

Paragraf 9 AZG (Sonn- und Feiertagsruhe) regelt, dass Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden dürfen. Das führt immer wieder zu der irrigen Meinung, Fahrschulinhaber dürften sonntags schulen, weil sie nicht dem AZG unterlägen.

Rechtsprechung zum FTG

Schon vor vielen Jahren urteilte das Landgericht Ellwangen (AZ 2 KfH O 9/99) so: Fahrausbildung an Sonn- und Feiertagen weist immer das Merkmal der Beeinträchtigung der Sonntagsruhe auf. Die öffentliche Bemerkbarkeit gilt dabei aber nicht nur für die praktische Ausbildung, sondern beginnt bereits, wenn andere – z.B. die Eltern – mitbekommen, dass ein Jugendlicher sonntags zum Theorieunterricht in die Fahrschule geht. In die gleiche Richtung geht auch die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVG) vom 01.12.2009 (AZ 1 BvR 2857/07 und 1 BvR 2858/07). Das BVG hat festgestellt, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, ein Mindestniveau des Schutzes der Sonn- und Feiertage zu gewährleisten, da diese Tage neben ihrer weltlich-sozialen Bedeutung in der religiös-christlichen Tradition wurzeln. Deshalb wurde der Handelskette Kaufhof in Berlin verboten, ihre Läden an den Adventssonntagen zu öffnen.

Ausnahme: verkaufsoffener Sonntag

Je nach Bundesland haben Städte und Gemeinden das Recht, ein paar Mal jährlich, zum Beispiel aus Anlass einer Großveranstaltung, eines Volksfestes oder Jahrmarkts, verkaufsoffene Sonntage einzurichten. An diesen dürfen auch die Fahrschulen ihre Unterrichtsräume öffnen und Ausbildungsverträge abschließen oder auch theoretischen Unterricht anbieten. Dies hat sich in vielen Regionen als gutes Marketinginstrument bewährt.

Was ist ein freier Tag wert?

Auch in der Fahrlehrerschaft hört man immer wieder die Meinung, die Gesellschaft, die Flexibilität der Menschen und ihre Arbeitszeiten habe sich in den letzten zwanzig Jahren sehr stark verändert, weshalb Regelungen wie das FTG in den Orkus der Geschichte gehörten. Auch wenn Fahrausbildung an Sonn- und Feiertagen erlaubt würde, wäre schließlich keiner gezwungen, an diesen Tagen zu schulen. Wer so denkt, vernachlässigt den dabei sehr schnell entstehenden Druck des Marktes.

Verlorener Montag der Friseure

Noch vor wenigen Jahren hatten Friseurgeschäfte im ganzen Land montags Ruhetag. Das war akzeptiert, zumal die Haarkünstler am Samstag oftmals sehr lange arbeiten müssen. Doch dann fing diese Front allmählich an zu bröckeln, zuerst in den Großstädten, später auch auf dem Land: Filialisten und Billig-Friseure machten den Anfang und warben damit, auch montags ihren Laden offen zu halten. Es dauerte nicht lange, bis Mitbewerber am Ort zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen montags ebenfalls öffneten. Mittlerweile gibt es – einmal von „Monopolisten“ in kleinen Dörfern abgesehen – fast keinen Friseursalon mehr, der nicht auch montags offen hat.

Liefe das bei den Fahrschulen anders?

Da die Gesetze des Marktes auch für Fahrschulen gelten, ist anzunehmen, dass bei einem Wegfall des Schulungsverbotes an Sonn- und Feiertagen unsere Branche bald eine ähnliche Entwicklung nähme. Deshalb finde ich, dass eine Änderung der Rechtslage niemandem nützen würde.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mich sehr freuen, wenn Sie Ihre Meinung zu diesem Thema in Leserbriefen oder in Beiträgen in unserem internen InternetForum mitteilen würden.

Jochen Klima