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Urteil: Preisangaben - Zusätzliches Entgelt neben Grundbetrag?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Oktober/2013, Seite 553

Aktenzeichen: 6 U 67/12 OLG Karlsruhe vom 13.03.2013

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in seiner Entscheidung vom 13. März 2013 (6 U 67/12) für zulässig erklärt, von Fahrschülern neben dem Grundbetrag zusätzlich ein sog. „Intensiventgelt“ zu erheben.
Auch im Preisaushang nach § 7 Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz (DV-FahrlG) und in der Werbung soll die Erwähnung des von § 19 FahrlG abweichenden Preisbestandteils zulässig sein.

Beschleunigungs-Zuschlag

Das Oberlandesgericht (OLG) hat der beklagten Fahrschule mit diesem Urteil eine Art Beschleunigungs-Zuschlag zugestanden. Anlass für das Verfahren war – kurz gefasst – folgendes Angebot der Fahrschule:

Wenn Sie schneller, also in erheblich kürzerer als der normalen Verweildauer in der Fahrschule zu Ihrem Führerschein kommen wollen, müssen Sie bei uns ein zusätzliches Intensiventgelt bezahlen.

Das OLG begründet die Zulässigkeit mit systematischer und teleologischer Auslegung des § 19 Absatz 1 Satz 3 FahrlG. Die Bestimmung lasse neben den stundenbezogenen Entgelten nach Nummer 2 ganz allgemein die Erhebung von Pauschalbeträgen zu. Ob der eindeutige Wortlaut des § 19 FahrlG wirklich Raum für diese Auslegungen gibt, bleibt jedoch weiterhin äußerst fraglich. Dies vor allem auch, weil § 19 FahrlG eine dem Verbraucherschutz dienende Bestimmung ist.

Marktsituation

Dieses Urteil einmal beiseite gelassen, stellt sich doch die Frage, ob dieses Beschleunigungs-Entgelt nicht für eine Leistung erhoben wird, die längst marktüblich ist. Der früher klassische Unterrichtszyklus, der gewöhnlich zwei Abende pro Woche umfasste, ist längst nicht mehr die Regel. Die hauptsächlich jugendliche Klientel der Fahrschulen ist durch Berufsausbildung, Schule (G8) und Sport heute zeitlich stärker eingespannt als früher. Dem Kundenwunsch nach kompaktem und flexiblem Theorieunterricht kommen mittlerweile sehr viele Fahrschulen nach.

Kompaktausbildung ist Standard

Fahrschulen bieten Theorieunterricht an vier, fünf oder gar allen Wochentagen an. Andere bieten mehrmaligen Unterricht verteilt auf ihre einzelnen Filialen an; die Schüler können dies nutzen und den Unterricht nacheinander in diesen Lehrräumen besuchen. Manche Fahrschulen bieten „Ganztagsunterricht“ an. Und wiederum andere bieten nur noch sogenannte Kompakt- oder Intensivkurse an. Warum soll angesichts dieser Marktsituation ein zusätzliches Intensiventgelt gerechtfertigt sein? Es ist nichts als Beutelschneiderei, denn worin besteht der Mehraufwand dieser Fahrschule, den andere bei gleichem Angebot offenbar nicht haben?
Damit nicht demnächst eine Fahrschule auf die Idee kommt, in einem besonders kalten Winter ein „Heizkostenentgelt“ zu erheben, wäre es zu begrüßen, wenn das Urteil des OLG Karlsruhe in einem neuerlichen Fall durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) revidiert würde.

Ralf Nicolai