EDITORIAL: Man muss die Politik beim Wort nehmen

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe April/2015, Seite 199

Liebe Leserinnen und Leser,

nach Jahren des Stillstandes könnte 2017 durch eine grundlegende Neufassung des Fahrlehrerrechts als das Jahr des großen Wurfs in die Annalen unseres Berufsstandes eingehen. Denn dann, gerade noch rechtzeitig vor dem Ende der Legislaturperiode des Bundestages, wird voraussichtlich ein hoffentlich substanziell reformiertes Fahrlehrergesetz in Kraft treten.

Vor einigen Wochen drang eine Reihe von geplanten Neuregelungen durch, auf die das Wort „Reform“ nicht passt (siehe Seite 204 dieser Ausgabe). Folgte man dem, bliebe der ursprünglich angestrebte Umbau unseres Berufes zu einem anerkannten Lehrberuf auf der Strecke. Von der im Groko-Vertrag versprochenen Erhöhung der „Qualität der pädagogischen Ausbildung der Fahrlehrer“ ist jedenfalls nichts Greifbares enthalten.

Strebten zu viele Interessengruppen innerhalb des Berufsstandes und solche um ihn herum in zu unterschiedliche Richtungen? Hat das von der Regierung bestellte Gutachten sich zu sehr am Bestehenden statt an den Anforderungen der Zukunft orientiert, es sich in wichtigen Fragen zu leicht gemacht? Da heißt es z.B. auf Seite 70 u.a.: „Auch der Gesetzgeber hat sich schließlich gegen eine verbindliche Einführung eines Berufseignungstests mit dem Ziel einer Bewerberselektion entschieden, weil dies einen schwerwiegenden rechtlichen Eingriff in die Berufsfreiheit bedeuten würde und letztendlich nicht umsetzbar sei.“ Welcher Gesetzgeber? Derselbe, der den Eignungstest für angehende Berufssoldaten eingeführt hat?

So jedenfalls wird daraus keine Reform. Käme es so, bliebe der Beruf ein Anlernberuf mit einer weiterhin mageren pädagogischen Ausbildung. Um die pädagogische Qualität zu erhöhen, muss das Lehren als zentrale Aufgabe und Kompetenz Schwerpunkt der Ausbildung werden. Mit einer halbherzigen, in Amtsstuben konzipierten Änderung unseres Berufsbildes dürfen wir uns nicht zufrieden geben. Jetzt muss man vielmehr die Politik beim Wort nehmen.

In diesem Sinne grüße ich Sie sehr herzlich

Ihr

Jochen Klima