Fahreigung: Beurteilung durch Fahrlehrer?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe August/2015, Seite 444

Autofahren zu dürfen ist für die Lebensqualität vieler Menschen von großer Bedeutung. Eine Krankheit kann, namentlich bei älteren Leuten, zur Beeinträchtigung der Fahrsicherheit führen.

Auf Anraten von Ärzten kommen Betroffene immer wieder zu Fahrschulen, um sich ihre Fahreignung schriftlich bestätigen zu lassen. Das Formular zur Dokumentation einer „Beobachtungsfahrt" bringen sie meist mit.

Bestimmungen zur Fahreignung

Die §§ 11, 12, 13, 14 und 46 FeV enthalten die wesentlichen gesetzlichen Regelungen zur Fahreignung. Diese Bestimmungen werden durch die Anlagen 4, 4a, 5 und 6 zur FeV sowie durch die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung ergänzt.

Straßenverkehrsgesetz verlangt eigenverantwortliches Verhalten

Weil die Fahrerlaubnisbehörden in der Regel keine Meldung über Krankheiten von Fahrerlaubnisinhabern erhalten, ist der Führerschein einer z.B. an einem Schlaganfall erkrankten Person zunächst nicht in Gefahr. Nach § 2 Absatz 1 der FeV ist aber jeder Inhaber einer Fahrerlaubnis verpflichtet zu überprüfen, ob er nach einer Erkrankung Kraftfahrzeuge noch sicher führen kann (sog. Vorsorgepflicht). Entstehen daran Zweifel und werden sie der Behörde bekannt, muss diese handeln und die Beibringung von ärztlichen Gutachten anordnen. Wer infolge geistiger oder körperlicher Mängel fahruntauglich ist, sich aber trotzdem hinters Lenkrad setzt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, macht sich im Sinne von § 315c StGB strafbar.

Wie kann man seine Fahreignung verbindlich nachweisen?

Wer nach erlittenem Schlaganfall weiterhin ein Kraftfahrzeug führen will, muss durch eine Untersuchung seine Fahreignung klären lassen. Eine befürwortende Beurteilung, die auch rechtsverbindlich ist, kann nur über die Fahrerlaubnisbehörde erlangt werden. Die Behörde kann dazu neben einer MPU und dem Gutachten eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation auch eine praktische Eignungsprüfung oder eine Fahrverhaltensprobe durch einen Fahrprüfer anordnen. Fällt die Überprüfung der Fahreignung zufriedenstellend aus, darf der Betroffene weiterhin Kraftfahrzeuge führen. Ergeben sich aus der Untersuchung erhebliche Eignungsmängel, die auch durch Auflagen und Beschränkungen nicht kompensiert werden können, ist die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Informelle Abklärung der Fahreignung

Ein anderer Weg der Überprüfung besteht in einer informellen Klärung der Fahreignung. Dabei kann man mittels eines medizinischen Privatgutachtens oder einer Beobachtungsfahrt mit einem Fahrlehrer eine fachliche Einschätzung über die nach einer Krankheit bestehende Fahreignung erhalten. Der Vorteil ist, dass diese „private" Form der Überprüfung nicht zwangsläufig zu amtlichen Maßnahmen führt.

Keine schriftliche Stellungnahme zur Fahreignung

Eine „private" Überprüfung mit dem schriftlich dokumentierten Ergebnis uneingeschränkter Fahreignung könnte der Betroffene nach einem auf Eignungsmängel zurückzuführenden Verkehrsunfall als Nachweis seiner Sorgfalt ins Feld führen.

Deshalb sollte sich der Fahrlehrer unbedingt einer verbindlichen schriftlichen Aussage zur Fahreignung seines Probanden enthalten. Das ist besonders wichtig, um nicht in ein Regressverfahren verwickelt werden zu können. Auch bei hoher Beurteilungsfähigkeit hinsichtlich des Fahrverhaltens besitzt ein Fahrlehrer nicht die fachliche Kompetenz, etwa medizinisch bedingte Fahreignungsmängel zu diagnostizieren und zu bewerten.

Eine bloße Bescheinigung über die Durchführung der Beobachtungsfahrt ist unbedenklich. Der beste Rat ist jedoch, mit dem Probanden lediglich ein offenes Abschlussgespräch zu führen. Den unten abgebildeten Beurteilungsbogen sollte man nicht benutzen.

Ralf Nicolai