Motorrad-Langstreckentraining Istrien TOTAL 2015 - Magnetisch: Automotodrom Grobnik

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Oktober/2015, Seite 550

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Die einen kennen es als adriatisches Urlaubsparadies, die anderen kommen wegen der Rennstrecke mit dem starken Grip. So oder so verspricht das nördliche Kroatien rund um Opatija Bikern einen tollen Trip.


Foto: Jochen Klima

Unsere Unterkunft ist das komfortable „Milenij Hoteli“ in Opatija. Kroatiens ältestes Seebad aus der k.-u.-k.-Epoche protzt, mehr noch als das benachbarte Rijeka, mit stuckverzierten Prachtbauten. Dazu üppige subtropische Vegetation, in deren Grüntöne sich unser in vielen Farben schillernder Motorradpulk kontrastreich einfügt.

Seminarauftakt am Kreuzbergpass

Das fast 1.650 Meter über dem Meeresspiegel thronende Passhotel an der alten Römerstraße war diesmal für alle Teilnehmer offizieller Sammel- und Startpunkt der Seminarwoche. Die seit Wochen anhaltende Vorfreude auf dieses Event der Sonderklasse erfuhr mit den ersten Dolomitenpässen noch eine deutliche Steigerung. Dass einige der 86 Teilnehmer wegen starken Wochenendverkehrs den Kreuzbergpass etwas verspätet erreichten, konnte die Freude über das Wiedersehen mit vielen alten Bekannten keineswegs mindern. Daneben gab es auch viele neue Gesichter – ein gutes Zeichen: MotorradTotal ist heute so attraktiv wie vor 33 Jahren, als mit dem legendären Aufbruch nach Mallorca alles begann. Die neu hinzugekommenen Kolleginnen und Kollegen wurden mit großer Herzlichkeit aufgenommen. Der einmal von unserem Altvorsitzenden Gebhard L. Heiler geprägte Begriff „Bruderschaft“ gilt heute wie damals. Am Abend gab es zur Begrüßung einen fröhlichen Empfang im Kaminzimmer des Hotels. Verbandsvorsitzender Jochen Klima und Motorradreferent Karl-Heinz Hiller führten kurz in die Seminarwoche ein und stellten die Instruktoren und Unterrichtenden vor.

Verheißungsvoller Aufbruch

Ein kräftiges Frühstück im Zwischenhotel und ein traumhaftes Alpenhoch beflügelte an diesem Sonntagmorgen die Motorradlust. Die Strecke führte den Kreuzbergpass hinunter, über Tolmezzo, ein Stück Autobahn und über Udine nach Triest. Kurz durch Slowenien, schon war die kroatische Grenze erreicht. Quer durch Istrien mit kurvenreicher Strecke bis zum Zielpunkt Opatija. Die erste gemeinsame Fahrt (Realverkehr I) dient, und das ist sehr wertvoll, der Gruppenfindung. Ein Seminar dieses Anspruchs kann nur gelingen, wenn alles perfekt organisiert und der Geist der Gruppe auf Zusammenhalt programmiert ist. Hervorragend von den Instruktoren geführt, fanden die Gruppen schnell zu einer Einheit, in der sich auch die „Neuen“ sofort wohlfühlten.

Realverkehr und Automotodrom

Am Montag ließ es Motorradreferent Karl-Heinz Hiller moderat angehen. Die Tour ging durch das Innere von Istrien und beschied sich mit 181 Kilometer Tagesleistung. Raus aus der Stadt, ab auf Tour. Zypressen recken ihre Spitzen in den blauen Himmel, Jachten stechen in See, und als sei das ansteckend, kann dich auf der schönen kurvigen Straße schnell der Hafer stechen. Aber die Strecke forderte die Biker in hohem Maße, weil das Wetter nicht immer schön und die Straßen in Kroatien bei Nässe ziemlich rutschig sein können.

Sie mussten alles geben, um den Anforderungen der zum Teil sehr schmalen Straßen zu genügen und sicher zurückzukommen. Es ging dabei besonders um das „Anbremsen“ der Kurven, um die jeweils angemessene Schräglage, um das Lesen der Fahrbahn und die Perfektionierung der Fahrzeugbeherrschung. Hiller steigerte die Anforderungen im Lauf der Woche: zum einen mit einem Fahrdynamiktraining auf „höchstem Niveau“ im Automotodrom Grobnik bei Rijeka, zum anderen mit einer mehr an der Küste von Istrien entlang geführten Strecke von rd. 240 Kilometern, wo für die Enduro-Freaks auch ein Stück Schotterstrecke eingebaut war. Die richtige Umsetzung der Inhalte zur Erreichung der gesetzten Ziele ist der wichtigste Schlüssel zum Erfolg eines so anspruchsvollen Seminars. Das erfordert ein didaktisch bedachtes Arrangement der Strecken, einen guten Aufbau und eine vernünftige Steigerung der Anforderungen. Ein solcher „Fahrplan“ ist unserem Motorradreferenten, so denke ich, auch dieses Jahr wieder hervorragend gelungen.


Auf der Rennstrecke (Foto: Jochen Klima)

Erste Hilfe

Stefan Rieger vom DRK, ein erfahrener Notfallsanitäter, war mit von der Partie und begleitete mit seinem Motorrad abwechselnd die verschiedenen Gruppen im Realverkehr. Immer mal wieder in den Pausen zeigte er mithilfe eines simulierten Motorradunfalls ganz praktisch, wie fallgerecht Soforthilfe geleistet werden kann.

Recht und Reifenkunde

Der Himmel war am Dienstag etwas überzogen und ließ es zeitweise regnen. Genau richtig für einen Tag im Klassenzimmer. Jochen Klima unterrichtete am Vormittag sehr sachkundig über aktuelle Rechtsfragen. Dabei gab es auch interessante Diskussionen. So über die Frage, ob die praktischen Prüfungsübungen beim Motorrad auch ohne Leitkegel sinnvoll gefahren werden könnten. Mit großem Praxisanteil referierte Stefan Hamberger am Nachmittag eingehend über alle Fragen rund um den Motorradreifen.

Technik-Check

Bevor es am nächsten Tag auf die Rennstrecke ging, musste nach der Theorie jeder Teilnehmer mit seiner Maschine zum Technik-Check: Reifen, Lenkkopflager, Bremsen und Fahrwerkabstimmung. Auch der Schutzhelm samt ECE-Norm wurde unter die Lupe genommen. Nachdem alle eine Startnummer erhalten und sich in ihre Fahrgruppe eingetragen hatten, strahlten die Gesichter in Vorfreude auf den nächsten Tag.

Tradition Rennstreckentag

Manchmal überholt die Geschichte selbst das schnellste Motorrad. 13 Mal fand zwischen 1978 und 1990 auf der Rennstrecke von Rijeka – offizielle Bezeichnung: Automotodrom Grobnik – ein Lauf zur Motorrad-Weltmeisterschaft statt. Der für den 16. Juni 1991 geplante Große Preis wurde dann wegen der Jugoslawienkriege abgesagt. Der Rest ist bekannt. Mal einen Tag auf einer Rennstrecke gehört zur Qualitätsmarke MotorradTotal. Ein solcher Tag im Automotodrom Grobnik ist natürlich nicht zum Schnäppchenpreis zu bekommen. Deshalb ist der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg e.V. auch ein wenig stolz darauf, dass er dieses Jahr wieder einen Tag auf der Rennstrecke von Rijeka ausschreiben konnte.

Highlight Automotodrom

Der Konvoi der Motorradfahrer machte sich am Mittwoch schon recht früh auf den Weg zum Automotodrom. Dort ging´s Schlag auf Schlag: Abkleben der Lichter und Spiegel, dann zur Fahrerbesprechung bei Karl-Heinz Hiller mit Briefing zum Ablauf auf dem Ring. Und schon konnten die ersten drei Gruppen mit den Instruktoren Marcus Pollermann, Ute Schermer und Torsten Lüth auf die Strecke geschickt werden. Nach 30 Minuten wurde gewechselt und die Gruppen 4 bis 7 mit den Instruktoren Siegfried Nill, Stefan Hamberger, Ulf Eckhardt und Helmut Storck waren an der Reihe. Gefahren wurde in instruktorengeführten Gruppen mit festen Zeitblöcken. Dadurch wurde ein stressfreies Fahren auf der anspruchsvollen Strecke ermöglicht.

Möglichst homogene Gruppen und maximale Sicherheit standen dabei im Vordergrund. Zum Schluss, wie sich das gehört, etwas freies Fahren. Am Ende des Tages konnte jeder, vom Newcomer bis zum Könner, ein gutes Gefühl für Schräglage mitnehmen und damit fast nebenbei einen deutlichen Sicherheitsgewinn für jeden Meter auf dem Motorrad, der sich auch an Fahrschüler vermitteln lässt.

Nächtliche Bootsfahrt in der Kvarner Bucht

Zu MotorradTotal gehört neben anspruchsvollem Lernen und Üben immer auch Geselligkeit. So waren am Mittwochabend alle eingeladen, auf einem Ausflugsboot die Küste von Opatija und Lovran bei Nacht zu genießen. Ein guter Ausklang für den anstrengenden Rennstreckentag.

Erkundungen in Eigenregie

Etwas lockerer ging’s am Donnerstag zu. Die Biker durften tun und lassen, wozu sie Lust hatten. Möglichkeiten gab es viele. Die Einkaufsstraßen von Opatija luden zum Shoppen und Bummeln ein, die schönen Strände zu einem kühlen Bad. Einige drängte es bei dem schönen Wetter auch wieder auf die Maschine. Einige erkundeten die Insel Cres, andere verschlug es bis runter an die Plitwitzer Seen.


Gruppenfoto in der Dämmerung - am Abend vor der Abreise (Foto: Jochen Klima)

Meinungen gefragt

Die „Bruderschaft“ lebt von ihren vielen treuen Langstrecklern. Nicht minder von vielen neuen „Brüdern“ und „Schwestern“ die diesmal zum „Stamm“ fanden. Von besonderem Interesse ist jeweils: Wie hat MotorradTotal den „Neuen“ gefallen? Nach dem Zufallsprinzip wurden dazu Pierre Pfennig, Frank Schuster, Andreas Huber und Kevin Hoffmann befragt. Alle lobten die Organisation der Veranstaltung und die Kameradschaft in höchsten Tönen. Ein ganz besonderes Glanzlicht war für alle der Tag im Automotodrom. Einen Verbesserungsvorschlag gab es auch: Für die Biker, die etwas mehr fahren wollen, würde man sich zusätzlich Alternativrouten wünschen. Ein besonderes Merkmal von MotorradTotal ist es, immer hohe Qualität zu bieten. Dazu gehört es auch, neue Ideen der Teilnehmer aufzugreifen und nach Möglichkeit in das Seminarkonzept einzubauen. Qualität braucht Offenheit für Innovation und Fortschritt. In diesem Sinne – auf eine Neues in Andorra im September 2016.

Ralf Nicolai

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Danke für Istrien TOTAL 2015

MotorradTotal 2015 in Istrien ist gelaufen, sehr gut gelaufen. Als ein wichtiges Ergebnis bleibt: Die Zustimmung der aus allen Teilen der Republik nach Opatija gereisten Teilnehmer war auch diesmal wieder überwältigend. Das freut und motiviert uns, weiterhin für hohe Qualität von MotorradTotal zu sorgen. Allen Mitwirkenden und Sponsoren ganz herzlichen Dank.

Mein besonderer Dank geht an die Kolleginnen und Kollegen, die durch ihre Teilnahme und ihr freundschaftliches, diszipliniertes Miteinander unser Spitzenseminar wiederum zu einer hochwertigen Motorradfortbildung und einem einzigartigen Treff motorradaffiner Menschen machten.

Ebenso herzlich danke ich unserem Instruktorenteam für die Mitwirkung bei der Vorbereitung und der immer umsichtigen Leitung und Betreuung ihrer Gruppen im Seminar.

Herzlicher Dank gilt auch dem Verlag Heinrich Vogel, München, für sein schon traditionelles Engagement bei MotorradTotal und für den wunderbaren Abend auf „hoher See“, der allen Teilnehmern viel Freude brachte.
Dank auch an Stefan Rieger, der im Realverkehr und auf der Rennstrecke immer dabei war. Als Rettungsassistent und Notfallsanitäter inszenierte er auf den Strecken simulierte Unfälle und trainierte die Teilnehmer in Erster Hilfe. Desgleichen Dank an Kollege und Instruktor Stefan Hamberger, der am Theorietag einen hochinteressanten Part zum Thema Motorradreifen übernommen hatte.

Mein Dank gilt weiterhin meinem Stellvertreter, Kollege Ralf Nicolai, der diesmal die Aufgabe übernommen hat, den Bericht für die FahrSchulPraxis zu schreiben.

Und nicht zuletzt geht mein ganz besonderer Dank an Ute Friedrich und Karl-Heinz Hiller. Sie haben das Seminar perfekt vorbereitet und vor Ort einen tollen Job abgeliefert. Die hohe fachliche und menschliche Kompetenz unseres Motorradreferenten trägt jedes Jahr erneut dazu bei, das Seminar noch ein Stückchen weiter nach vorn zu bringen.

Und noch was:

Frei nach Sepp Herberger: Nach MotorradTotal ist vor MotorradTotal. Ich würde mich sehr freuen, wenn 2016 beim Treffen der „Bruderschaft“ in Andorra wieder viele Kolleginnen und Kollegen mit von der Partie wären.

Jochen Klima
Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes
Baden-Württemberg e.V.

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