Fahrschulüberwachung: Tagesnachweise ausdrucken?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe März/2015, Seite 170

Nach § 18 Absatz 2 FahrlG müssen Fahrschulen für jeden beschäftigten Fahrlehrer Tagesnachweise führen. Diese dürfen laut einem Erlass des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur (MVI) auch elektronisch geführt werden. Nun kommt es neuerdings zwischen Fahrschulinhabern und den Prüfern des Treuhandvereins immer wieder zu Diskussionen über die Frage, ob und wenn ja, in welchem Umfang die Tagesnachweise ausgedruckt werden müssen.

Erlass des MVI vom 22.07.2010

In der FahrSchulPraxis Ausgabe 8/2011 ist auf Seite 451 unter dem Titel „Tagesnachweise – Jetzt auch elektronisch archivieren“ ein Erlass des baden-württembergischen Ministeriums abgedruckt. Der Vortext der Redaktion lautet:

„Mit Schreiben vom 22.07.2011 hat das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg auf ein vom Berufsstand seit Jahren vorgetragenes Anliegen reagiert. Ab sofort dürfen Fahrschulen die Tagesnachweise elektronisch archivieren. Ausdrucke sind nur erforderlich, sofern es anlässlich der Fahrschulüberwachung verlangt wird. Selbstverständlich muss die Fahrschule die Daten ausreichend sichern, damit sie auf Anforderung ausgedruckt werden können.“

Der Erlass enthält dazu folgende Passage:

„Soweit sich eine Fahrschule der elektronischen Aufzeichnungsführung bedient, müssen die für die Fahrschulüberwachung benötigten Aufzeichnungen auf Anforderung des Prüfers in ausgedruckter Form vorgelegt werden (§ 18 Absatz 3 i.V.m. § 33 Absatz 2 Satz 2 FahrlG).
Der Prüfer entscheidet, in welchem Umfang die Tagesnachweise ausgedruckt werden müssen. Dies können alle oder nur einzelne Tagesnachweise sein. Soweit der Prüfer den Ausdruck verlangt, genügt es nicht, die Daten auf dem PC bereitzuhalten.“

Treuhandverein: Alle oder keiner!

Folgender Fall: Eine Prüferin des Treuhandvereins hatte im Schreiben an eine Fahrschule, mit dem sie ihr Erscheinen zur turnusmäßigen Überwachung ankündigte, angeordnet, sämtliche Tagesnachweise der letzten zwei Jahre müssten ausgedruckt vorgelegt werden. Der Kollege, der nun nach seiner Aussage gezwungen gewesen wäre 231 Blatt Papier auszudrucken, verweigerte dies, berief sich auf den Erlass des MVI und bot am Tag der Überwachung an, jeden von der Prüferin angeforderten Tagesnachweis auszudrucken. Dies wiederum wurde von der Prüferin nicht akzeptiert, sie brach die Überwachung ab. Es kam wie es kommen musste: Die zuständige Fahrerlaubnisbehörde erließ einen Bußgeldbescheid. Dagegen legte der Kollege Widerspruch ein, sodass man sich schließlich vor dem Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart wiedertraf.

Urteil des VG Stuttgart (Az. 8 K 1555/14)

Das VG gab der Behörde in vollem Umfang recht und begründete das Urteil damit, dass es der Erlass des MVI in das alleinige Ermessen des Treuhandvereins stelle, ob einzelne oder alle Tagesnachweise ausgedruckt werden müssen. Wenn der Prüfer bei der Regel-Überwachung nach § 33 FahrlG (Überwachungszeitraum zwei Jahre oder vier Jahre) den Ausdruck der gesamten Tagesnachweise aller in der Fahrschule beschäftigten oder beschäftigt gewesenen Fahrlehrer verlangt, hat die Fahrschule dies zu akzeptieren.

Zurück in die analoge Steinzeit?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Richter des VG Stuttgart haben Recht gesprochen und dem Treuhandverein den Rücken gestärkt. Wenn der Überwacher kommt und es verlangt, müssen Sie brav alle Tagesnachweise ausdrucken. Bei einer Hauptstelle, drei Zweigstellen und mehreren Fahrlehrern kommen da schon ein paar Stapel Papier zusammen. Bei Verweigerung droht ein Bußgeld!

Zwei Gedanken dazu:

  1. Es wird allerhöchste Zeit, dass das FahrlG auch in diesem Punkt modernisiert wird und – wie beim Finanzamt und bei den Sozialkassen schon lange gang und gäbe – die papierlose Überwachung am Bildschirm möglich wird. Da gibt es aber wenigstens Licht im Tunnel, denn bei der anstehenden Reform des Fahrlehrerrechts steht dieser Punkt auf der Agenda.
  2. Dem Vernehmen nach sollen sich der Geschäftsführer und ausnahmslos alle Prüfer des Treuhandvereins darauf geeinigt haben, flächendeckend von allen im Land zur Überwachung anstehenden Fahrschulen das Ausdrucken sämtlicher Tagesnachweise zu verlangen. Das ist nach dem geltenden Recht zulässig. Fraglich ist jedoch, ob dieses Handeln dem Geist des MVI-Erlasses entspricht. Zu fragen ist auch: Ist dieser bürokratische Akt der Unfähigkeit des Umgangs mit digitalen Medien geschuldet? Und schließlich: Entspricht dieses Verfahren den Grundsätzen der Schonung von Ressourcen und Umwelt?

Jochen Klima