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Ralf Schütze unterwegs für FPX: Minivans im Fahrschulbetrieb?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe November/2015, Seite 622
Fotos: Ralf Schütze

Minivans stehen vielleicht nicht ganz oben auf der Liste, wenn es um fahrschultaugliche Pkw geht. Doch ebenso wie Mini-SUV (siehe FPX März 2015, Seite 180 ff.) kommen gewiss auch die familienfreundlichen Raumwunder als Ausbildungsfahrzeuge in Frage. Allen voran der beliebte VW Golf Sportsvan, seit 2014 Nachfolger des Golf Plus. Wir haben ihn zusammen mit zwei artgleichen Rivalen näher unter die Lupe genommen: Ford C-Max und BMW 2er Active Tourer.

Namen als Nachrichten

Der BMW 2er Active Tourer ist ein wenig wie ein ungeliebtes Kind für die Marke mit dem Leitsatz „Freude am Fahren“. Jahrzehntelang hielten die Münchener die Fahne des Heckantriebs hoch, jetzt gibt es vom viertürigen 2er BMW eine besonders geräumige Variante mit Frontantrieb. „Minivan“ durfte der „Active Tourer“ jedoch nicht heißen, denn der Modellname sollte markentypische Agilität und Sportlichkeit verheißen. Da ist der Bayer in guter Gesellschaft mit dem Niedersachsen: Auch Volkswagens Großraum-Golf trägt seit der Generation 2014 nicht mehr den nüchternen Namenszusatz „Plus“, der noch mit dem etwas biederen Image des Vorgängermodells verbunden war. „Sportsvan“ heißt stattdessen der schnittiger und kantiger als bisher gestaltete Minivan der Golf-Reihe. VW und BMW buhlen gegen Rivalen wie Mercedes B-Klasse, Opel Meriva, Renault Scenic oder Skoda Roomster um die Käufergunst. Aber besonders der Kompakt-Van Ford C-Max liegt mit dem Platzhirsch von VW und dem Herausforderer von BMW auf Augenhöhe. Wir haben uns die drei geräumigen Kompaktwagen mit Blick auf den Einsatz als Fahrschulfahrzeug näher angesehen.

Golf Sportsvan

Komfort und Ausblick

Minivans bieten Vorteile, die nicht nur Familien und Senioren, sondern gerade auch Fahrlehrern, ihren Schülern sowie Prüfern zugute kommen: erhöhte Sitzposition, gute Rundumsicht, ein großzügiges Raumgefühl, reichlich Platz auf allen Sitzen. Natürlich erfüllen die genannten Modelle diese Kriterien auf ihre Weise mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten. Aber tendenziell kommt ein Minivan vor allem für jene in Frage, die auf die genannten Eigenschaften Wert legen, ohne gleich von einem klassischen Kompakt-Pkw auf einen SUV mit erhöhter Bodenfreiheit umsteigen zu wollen.

BMW 2er Active Tourer

Platzwunder

Der Golf Sportsvan erfüllt diese Kriterien auf vorbildliche Weise. Platz ist reichlich vorhanden auf fünf Sitzplätzen. Dazu kommt üppiger Stauraum von 500 (im Normalzustand mit fünf Sitzen) bis maximal 1.520 Liter (bei abgeklappten hinteren Rückenlehnen). Dass der Ford C-Max in dieser Disziplin souverän vorn liegt (1.723 Liter) und der BMW knapp hinter dem VW liegt (1.510), spielt freilich für den Fahrschuleinsatz keine entscheidende Rolle. Aber im Bedarfsfall bieten alle drei Kandidaten reichlich Stauraum zum Befördern auch etwas größerer Gegenstände. Für den praktischen Fahrschulunterricht viel entscheidender: Auch in Sachen Kopf- und Beinfreiheit vorn und hinten liegt der Wolfsburger souverän in Führung. Ford und BMW müssen sich im Raumgefühl wie auch von den Zahlenwerten her klar geschlagen geben, bieten allerdings immer noch genau jene Platzvorteile, die man von einem Minivan erwartet. Insofern sorgen neben dem Golf Sportsvan auch der 2er Active Tourer und der C-Max für besonders entspannte Atmosphäre im Innenraum – selbst für große Erwachsene im Fond.

Ford C-Max

Ablagen und Stauraum

Zur der oft gepriesenen Variabilität der praktischen Kompaktwagen gehören auch zahlreiche Ablagen. Hier geben sich die drei Kandidaten nichts. Alle bieten in Griffweite ausreichende Staumöglichkeiten für Trinkflaschen und Unterlagen im DIN-A4-Format. Überraschend hingegen: Mit einem extrem kleinen Handschuhfach fällt der VW Sportsvan gegenüber Ford und BMW ebenso ab wie mit einem keineswegs ungehinderten Blick des Fahrlehrers auf den Tachometer. Zugegeben: Letzteres ist kein prinzipieller konstruktiver Mangel, denn normalerweise müssen Beifahrer nicht Tachowerte lesen. Aber zusammen mit dem auffallend kleinen Staufach vorn rechts muss der Sportsvan in dieser Disziplin überraschend zurückstecken. Der BMW dagegen überzeugt mit einer sehr guten Sicht auf den Tacho vom Arbeitsplatz des Fahrlehrers aus – und das trotz der traditionell „fahrerorientierten“ Cockpitgestaltung bei den Bayern. Und auch der Ford ermöglicht es dem Fahrlehrer, vom Beifahrersitz aus die gefahrene Geschwindigkeit stets ohne große Verrenkungen im Auge zu haben. Lediglich die übrigen Instrumente sind beim C-Max nicht gut einsehbar, aber es kommt ja vor allem auf den Tacho an.

Chassis etc.

Stärken spielt der Bestseller in unserem Minivan-Trio, der VW Golf Sportsvan, beim Thema Fahrwerk aus. Für die typischen Ausbildungsstrecken ist der Wolfsburger angenehm komfortabel abgestimmt, ohne zu weich zu wirken. Wie zu erwarten, der BMW kommt straffer daher und kann deshalb in Sachen Komfort nicht mit dem Rivalen von VW mithalten. Der Ford schließlich überzeugt mit einem sehr guten Kompromiss aus Komfort und Agilität. Man hält es im C-Max auch auf Langstrecken oder bei längeren Fahrten im Stadtverkehr gut aus, dennoch wirkt er auf Landstraßen sehr agil. Auch ist sein Wendekreis überwältigend, was besonders beim Einparken oder Rangieren gefällt. Was sich so anfühlt, bestätigen auch die Zahlen in dieser Disziplin: Dem Ford genügen 10,7 m Durchmesser, um eine 180-Grad-Kehre hinzulegen, beim VW sind es 11,1, beim BMW sogar 11,3 m. Von der gesamten Bedienung her gibt es keine gravierenden Unterschiede: Sowohl der in Sachen Fahrfreude fast schon in der Pflicht stehende BMW, als auch Ford und VW lassen sich geschmeidig bedienen, lenken und schalten. Bemerkenswert dabei: Die Bayern haben den ungewohnten Fronttriebler gut hinbekommen, die Mini-Plattform des Active Tourers fährt sich extrem unkompliziert.
Wie sie sich rechnen Im Kostenkapitel hören die Gemeinsamkeiten des Minivan-Trios allerdings auf: BMW lässt sich seinen Premium-Status mit dem stolzen Basispreis von 29.150 € für den 216d Aktiv Tourer (116 PS/85 kW Diesel) honorieren. Der VW Sportsvan 1.6 TDI, mit 110 PS/81 kW fast gleich stark, fängt bei 24.200 € an, was bereits einen gehörigen Unterschied darstellt. Und noch günstiger in diesem Trio ist der Ford: Schon ab 23.530 € ist der C-Max 1.6 TDCi mit 115 PS/85 kW zu haben.

Er gibt sich wie seine beiden Rivalen auch in Sachen Antrieb keine Blößen, kann lediglich im wichtigen Kriterium Sparsamkeit nicht ganz mit BMW und VW mithalten. Der Normverbrauch beträgt beim Ford 4,3, beim VW 3,9 und beim BMW sogar nur 3,8 l/100 km – Katalogwerte, die sich bei unseren Testfahrten über alle drei Kandidaten hinweg gleichmäßig und vertretbar gesteigert haben.

Fazit 

Mit der Technik, die vielen Fahrlehrern vom klassischen Golf her vertraut ist, bietet sich der VW Golf Sportsvan alles in allem auch in der Minivan-Klasse an. Wer jedoch vom absoluten Mainstream abweichen möchte und vielleicht bei seinem Arbeitsplatz auch spezielle private Bedürfnisse einfließen lässt, findet im Ford C-Max wie auch im BMW 2er Active Tourer eine Alternative, ohne wesentliche Kompromisse eingehen zu müssen. Im Gegenteil: Spezifische Stärken machen auch die beiden Minivan-Rivalen zu einer klaren Option im Fahrschuleinsatz.