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59 EDITORIAL: Christian Lindner kommt
62 Update: Geistig abwesende Fußgänger / 150 Jahre TÜV SÜD
64 Innenansichten des Verbandes
66 Einladung zur 66. ordentlichen Mitgliederversammlung in Friedrichshafen
74 Reform des Fahrlehrerrechts – Hitzige Diskussionen in Goslar
78 Prüfungsfahrzeuge der Klassen BE, A, A2 und A1 – Auslaufende Übergangsfristen
92 Beharrliche Pflichtverletzung: Auch nach „kleinen” Sünden Fahrverbot
106 Gerichtsurteile: (2355) Benutzung von Blitzer-App verboten / (2354) Vom Hund erschreckt / (2353) Alleinhaftung einer Radfahrerin / (2352) Handy anschließen zum Laden verboten / (2351) Turban vs. Helmpflicht / (2350) Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zulässig
Reform des Fahrlehrerrechts: Hitzige Diskussionen in Goslar

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Februar/2016, Seite 74
Die allgemeinen Medien haben mehr oder weniger erhellend über den Verkehrsgerichtstag und die dort beratenen Sachverhalte sowie die daraus entstandenen Empfehlungen berichtet. Deshalb beschränkt sich dieser Bericht auf den Arbeitskreis VII, der sich mit der Reform des Fahrlehrerechts befasste.
Ein Scheitern der im Koalitionsvertrag versprochenen Neuordnung wird sich die Bundesregierung nicht leisten wollen, denn das wäre ein Armutszeugnis sondergleichen. Deshalb hatte das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) die Vertreter der zuständigen Landesministerien, Fahrlehrerverbände, Fahrlehrerausbildungsstätten und auch andere Interessierte gebeten, am Verkehrsgerichtstag in Goslar teilzunehmen. Dort sollte im Arbeitskreis VII über aus Sicht der Legislative noch offene Punkte diskutiert werden. Diesem Ruf waren ca. 170 Teilnehmer gefolgt.
Ein Schwachpunkt war, dass noch kein ministerieller Entwurf vorlag. Somit konnte Dr. Kirschner vom baden-württembergischen Ministerium für Verkehr und Infrasstruktur (MVI) als erster Referent lediglich sog. Eckpunkte des künftigen Fahrlehrerrechts präsentieren. Diese aber waren samt den Standpunkten der einzelnen Verbände/Organisationen hierzu längst bekannt.
Konträre Standpunkte
In vielen Punkten standen sich sehr konträre Auffassungen gegenüber. Da ist zum einen die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V. (BVF), deren Ziel es in erster Linie ist, den Fahrlehrerberuf zu einem für junge Leute attraktiven, hochwertigen pädagogischen Beruf umzubauen und dazu manche bisher eher niedrige Anforderungsschwelle – z.B. die geforderte Vorbildung – anzuheben und die Ausbildung zu verlängern. Auf der anderen Seite der Bundesverband Deutscher Fahrschulunternehmen e.V. (BDFU) und Moving. Dort bevorzugt man als Rezept gegen den Fahrlehrermangel das Absenken von Zugangsvoraussetzungen (z.B. Wegfall des Besitzes der Fahrerlaubnisklassen A2 und CE) und die Ausbildung – wenn überhaupt – nur marginal zu verlängern. Dieser ganz grundsätzliche Konflikt führte zu heißen Diskussionen. Außerdem fielen die Abstimmungsergebnisse über einige Punkte der am zweiten Tag verabschiedeten Resolution des Arbeitskreises sehr knapp aus.
Zugang
Einig war sich der Arbeitskreis bei der Absenkung des Mindestalters auf 21 Jahre sowie bei der Forderung nach einem mittleren Bildungsabschluss plus abgeschlossener Berufsausbildung für künftige Fahrlehreranwärter. Dabei soll per Berufseingangstest auch geeigneten Menschen mit geringerer Vorbildung der Zugang zum Beruf ermöglicht werden.
Führerscheine
In seinem Eingangsvortrag hatte der zweite Referent Prof. Dr. Detlev Leutner, Uni Duisburg-Essen, sich dafür ausgesprochen, von künftigen Fahrlehrern als Zugangsvoraussetzung wenigstens die Klasse A1 und einen Solo-Schwerfahrzeug-Führerschein (Klasse D oder Klasse C) zu verlangen. Dies war eine der am heftigsten diskutierten Punkte, da er von vielen als das größte Hemmnis bei der Gewinnung von Berufsnachwuchs gesehen wird. Doch letztendlich folgte der Arbeitskreis diesem Vorschlag.
Fahrlehrerausbildung
Gegen den heftigen Widerstand der Vertreter der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fahrlehrerausbildungsstätten (BAGFA), die enorme organisatorische Probleme befürchten, votierte der Arbeitskreis dafür, dass die fahrpraktische Fahrlehrerprüfung künftig bereits vor dem Beginn der Ausbildung in der Fahrlehrerausbildungsstätte bestanden worden sein muss. Einigkeit bestand, dass künftig dem Erwerb pädagogischer Kompetenzen wesentlich mehr Raum gegeben werden muss. Lediglich eine knappe Mehrheit der Anwesenden folgte der Forderung, dass dazu die Ausbildungszeit in der Ausbildungsstätte und in der Ausbildungsfahrschule deutlich verlängert werden müsse.
Entbürokratisierung
Einig war man sich, überkommene Anzeige- und Aufzeichnungspflichten abzuschaffen oder zu vereinfachen. Lange Diskussionen waren erforderlich, bis die Mehrheit des Arbeitskreises dafür votierte, den Tagesnachweis als fahrlehrerrechtliche Pflicht abzuschaffen. Das Berichtsheft für Fahrlehrer in der Ausbildungsfahrschule soll hingegen beibehalten werden und künftig in das Ergebnis der Fahrlehrerprüfung mit einfließen.
Kooperationen und Zweigstellen
Da war sich der Arbeitskreis einig: Die Kooperationsmöglichkeiten für Fahrschulen müssen verbessert werden. Der Gesetzgeber lieferte bisher keinerlei Informationen, wie das gestaltet werden soll, wie die Verantwortlichkeiten verteilt werden und – vor allem – wie das kontrolliert werden soll. Deshalb schaffte es nur eine ganz allgemein gehaltene Formulierung in die Resolution. Ähnliches gilt für die Frage, unter welchen Voraussetzungen und Kontrollmöglichkeiten Fahrschulen künftig mehr Zweigstellen als jetzt betreiben können. Auch hier wünscht sich der Berufsstand eine sinnvolle Überarbeitung der jetzigen Regelung.
Freie Mitarbeiter
Die Eröffnung der Möglichkeit, Fahrlehrer als „freie Mitarbeiter“ zu beschäftigen, ist in erster Linie ein Anliegen des Interessenverbandes Deutscher Fahrlehrer (IDF). Dessen Anwalt verstieg sich als dritter Referent zu der Behauptung, ein Verbot verstieße gegen das im Grundgesetz verankerte Prinzip der freien Berufsausübung. Da sich BVF und BDFU in diesem Punkt einig waren, gab es im Arbeitskreis ein klares, eindeutiges Votum gegen diese Form der Beschäftigung .
Fazit
Auch Goslar hat nicht den erwünschten Schub für die wichtige Neuregelung unseres Berufsrechts erbracht, da nur über bereits weitgehend bekannte Positionierungen diskutiert werden konnte. Es ist deshalb allerhöchste Zeit, dass das BMVI mit einem konkreten Gesetzesentwurf zu Potte kommt.
Jochen Klima