Durch Auswahl eines Links wird unterhalb dieser Auflistung der vollständigen Artikel bzw. weitere Informationen dazu angezeigt: 2 Inhalt Mitglieder des FLVBW finden die FPX als PDF-Datei im Downloadbereich des internen InternetForums... ___________________________________
1 Es bleibt spannend
6 Update: "Volksgesetz" StVO
8 Vorschau: 67. ordentliche Mitgliederversammlung
12 FeV Anlage 7 – Vorgaben für Prüfungsfahrzeuge – A2-Krafträder und BE-Anhänger
14 Anwenderhinweise veröffentlicht – Prüfungsfahrzeuge Klasse BE
17 AGB für Fahrschulen – Wichtige Änderung
18 Fahrschule – Freier Beruf oder Gewerbebetrieb?
20 Aufbewahrungsfristen von Geschäftsunterlagen – Was kann entsorgt werden?
22 Pilotversuch des Verkehrsministeriums Ba-Wü – Prüfung mit Elektro-Pkw
24 Fahrerlaubnis-Verordnung: 11. FeV-Änderungsverordnung in Kraft
27 1. Verordnung zur Änderung der StVO – E-Bikes, Radfahrer, Rettungsgasse
44 Rückschau auf das 34. MotorradTotal – "Unser Team machte einen exzellenten Job"
47 Ralf Schütze: Raser und Drängler zur Kasse
Ralf Schütze unterwegs für FPX: Raser und Drängler zur Kasse - Mehr Sicherheit durch hohes Bußgeld

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Januar/2017, Seite 47
Bisher hat es nur das Leben gekostet. Jetzt kostet es 40 Mark, und schon schnallen sich die Leute an.
Das soll sinngemäß Manfred Rommel, von 1974 bis 1996 Stuttgarts Oberbürgermeister, gesagt haben. Es war sein spitzzüngiger wie treffender Kommentar auf das 1984 – endlich – eingeführte Bußgeld zur Anschnallpflicht. Damit brachte Rommel ein Phänomen auf den Punkt, das der aktuellen Forderung nach härteren Strafen für Raser und Drängler helfen könnte: Erst wenn's spürbar bis empfindlich ums Geld geht, werden Vorschriften besser befolgt. Die Gefahren für Gesundheit oder Leben allein scheinen nur begrenzt vorbeugend zu wirken.
Aktuell im Brennpunkt Bußgelder und weitere Strafen für Raser und Drängler sollen deutlich erhöht werden. Den Innenministern der Bundesländer geht es bei ihrer entsprechenden Forderung ans Bundesverkehrsministerium vor allem um Verkehrsrowdies, die sich durch folgende Verstöße negativ in Szene setzen: deutlich überhöhte Geschwindigkeit, zu geringer Abstand, gefährliches Überholen und das Missachten der Bildung von Rettungsgassen. Kein Wunder: Allein die Zahl der Abstandsunfälle mit Verletzten oder Toten ist in Deutschland während der letzten Jahre deutlich angestiegen – laut ADAC seit 2011 um 13 Prozent, während andere Unfallursachen rückläufig sind. Einer Umfrage zufolge haben 85 Prozent der ADAC-Mitglieder Drängeln durch zu dichtes Auffahren als „Hauptärgernis“ wahrgenommen.
Höhere Sätze Die aktuellen Forderungen lauten auf Bußgelder oder Strafen in Höhe von 1.000 € oder mehr. Dagegen sind die derzeitigen Sätze (z.B. 160 € Bußgeld und einen Punkt für außerorts 31 bis 40 km/h zu schnell) geradezu harmlos. Erst ab 41 bis 50 km/h zu schnell gibt’s ein einmonatiges Fahrverbot, 240 € Bußgeld und zwei Punkte. Maximale Ahndung nach Bußgeldkatalog für Pkw außerhalb geschlossener Ortschaften: 70 km/h über Limit bedeutet 600 € Bußgeld, zwei Punkte und drei Monate Fahrverbot. Eine weitere Forderung der Landesinnenminister: Die Höhe der Bußgelder soll sich nach dem Einkommen richten. Denn, so der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius: „Gleiche Bußgelder für jeden sind sozial höchst ungerecht.“ Deshalb solle ein Bußgeld für bestimmte Verstöße laut Pistorius bei entsprechend hohem Verdienst durchaus 1.000 € und mehr betragen.
Dem Rasen und Drängeln auf den Straßen soll mit höheren Geldstrafen entgegengewirkt werden
(Foto: M. Hischka/Pixelio)
Nachbarn In anderen EU-Ländern setzt man schon länger auf die Abschreckung derart hoher Strafen: Zum Beispiel sind für das Blockieren einer Rettungsgasse in Österreich 1.000 € fällig. In Deutschland kommt ein unüberlegt, ignorant oder gar mutwillig handelnder Kraftfahrer, der die lebensrettende Gasse blockiert, mit 20 € davon. Da muss man kein Großverdiener sein, um den überschaubaren Betrag schnell wieder zu vergessen. Zu leicht fällt es bei solcher „Drohung“, sich selbst in stufenweiser Steigerung des Nichtbeachtens einzureden: „Mir passiert schon nichts, mich erwischt schon keiner. Und selbst wenn man mich erwischt: Die Strafe ist ja nicht schlimm.“ Jemand könnte sogar anfangen hochzurechnen, wie viele tausend Kilometer er auf deutschen Autobahnen zu schnell oder mit zu geringem Abstand zurücklegen kann, eher er nach empirischer Wahrscheinlichkeit mit einem Bußgeld rechnen muss.
Billigland für Verkehrssünder Der Jurist und Dieselringträger des Verbandes der Motorjournalisten (VdM), Professor Dr. Dieter Müller, bezeichnete Deutschland jüngst sogar als „Billigland bei der Sanktion von Regelverstößen im Straßenverkehr“. Seine Vergleiche klingen ebenfalls eklatant: Schweden zahlen laut Müller 270 €, wenn sie innerorts 20 km/h zu schnell fahren (Deutschland: 35 €). Briten zahlen für einen Rotlichtverstoß bis zu etwa 1.300 € (Deutschland: 90 €) und ohne angelegten Sicherheitsgurt bis zu ca. 650 € (30 €). Schweden und Großbritannien gehören zu den drei sichersten Ländern innerhalb der EU (weniger als 30 Verkehrstote pro 1 Mio. Einwohner). Deutschland ist in dieser Hinsicht auf Platz sechs abgerutscht (Vergleichswert: 43). Müllers Fazit ist deshalb nachvollziehbar: „Dem Staat müsste die Sicherheit seiner Bürger mehr wert sein, als dies heute erkennbar ist.“ Denn: Fehlverhalten, das zu oft unentdeckt bleibt und nicht sanktioniert wird, würden Menschen laut Prof. Dr. Müller als neue Norm erlernen.
Informationsdefizit? Stefan Heimlich, Vorsitzender des Auto Club Europa (ACE), glaubt zwar: „Unser Eindruck ist eher, dass ein Informationsdefizit herrscht. Und das kann nicht mit Bußgeldern bekämpft werden.“ Dem möchte man allerdings entgegenhalten: „Kann es sehr wohl“ – und zwar, wenn man sich in unserer heutigen Gesellschaft die Funktionsweise der Nachrichtenverbreitung vor Augen hält. „1.000 € für Drängler“. Diese Hiobsbotschaft wäre „teilbarer“ Stoff für Internet-Portale, Stammtische und für Schlagzeilen von Boulevardzeitungen. Wenn es ums Geld geht, herrscht allenthalben erhöhte Aufmerksamkeit. Wenn es aber um viel Geld geht, erhöht sich die Aufmerksamkeit nochmals.
Abzocke? Von „Abzocke“ bis hin zu „unverzichtbare Ordnungsmaßnahme“ reichen die Meinungen zu den Forderungen nach deutlich erhöhten und nach Einkommen gestaffelten Strafen. Gegen Abzocke spricht unter anderem, mit welch hohem Aufwand die Polizei zum Beispiel Drängler überführt. Vier Kameras liefern bei der typischen Kontrolle einer Strecke von bis zu 400 Metern Länge Beweisfotos und eine Filmsequenz zum Verkehrsfluss. Ausreden, der Vordermann sei gerade eingeschert und hätte so einen zu kurzen Abstand verursacht, können damit widerlegt werden. Dazu ist die erfasste Strecke in fast allen Fällen lang genug. Die so ermittelten Verstöße und das Beweismaterial müssen jeweils noch weiter ausgewertet werden. Ein insgesamt sehr hoher Aufwand, der nicht für schnelles Kassieren durch Behörden spricht. Während die typische Quote bei dieser „statischen“ Art der Verkehrsüberwachung rund 80 überführte Drängler pro Vormittag beträgt, erwischt die Polizei weit weniger Drängler mit nochmals erhöhtem Aufwand. Dabei sind Überwachungsfahrzeuge im Einsatz samt Front- und Heckkameras sowie Geschwindigkeitsmessung. Die Tagesquote liegt hier bei nur rund fünf Dränglern. Zum Ausgleich dafür gehen aber auf diese Weise den Beamten besonders eklatante Fälle ins Netz, so ein Bericht des ADAC zum Thema „Gefahr von hinten“.
Abstandshalter Höhere und somit stärker abschreckende Ahndung könnte jedenfalls auch die Arbeit der Fahrlehrerschaft unterstützen, die im Rahmen der Ausbildung die Faustregeln „halber Tacho“ oder „zwei Sekunden“ vermitteln. Weniger hilfreich in dieser Hinsicht: Laut ADAC könnten zwar Abstandsregeltempomaten (auch ACC genannt, für „Adaptive Cruise Control“) Autofahrer beim Einhalten des richtigen Abstandes unterstützen. ACC hält einen Mindestabstand und bremst bei Bedarf das Fahrzeug ab. Mit solchen Systemen sind laut ADAC in Deutschland rund 2,5 Mio. Fahrzeuge unterwegs. Aber: Laut Thomas Unger von der ADAC-Unfallforschung lassen sich Abstandswarner und ACC meist weit unterhalb der „Zwei-Sekunden“-Formel einstellen. „Und diese Möglichkeit nutzen erfahrungsgemäß viele Autofahrer“, so Unger.
Nachgeben Wer sich auf dem Laufenden hält, und das sollte schließlich jeder Kraftfahrer tun, wird sich über die Abstandsregeln im Klaren sein. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wird ohnehin angezeigt, und zwar nicht nur auf Schildern und Matrixzeichen, sondern zunehmend auch in Navigationssystemen oder im Display von Autos mit Verkehrszeichenerkennung. Deshalb: Mehr Strafe bringt in Verbindung mit einer einkommensabhängigen Staffelung ein Mehr an Gerechtigkeit. Wie sagt Dr. Dieter Müller doch so treffend? „Lücken bei Sicherheit und Gerechtigkeit gehen zu Lasten aller rechtschaffenen Bürger.“ Ein an sich selbstverständlicher, aber offenbar zu selten beherzigter Ratschlag kommt gerade zum Thema Drängeln von der ADAC-Verkehrspsychologin Nina Wahn. Für den Umgang mit Dränglern und Rasern – oder beidem in einer Person – rät sie entschieden und völlig zu Recht von jeglichem Konfrontationskurs ab. Stattdessen: „Die Ruhe bewahren und bei nächster Gelegenheit den Weg freigeben.“ Und wer sich von einem langsamen Fahrzeug behindert fühlt, das zum Beispiel unnötig die mittlere oder gar linke Spur auf einer dreispurigen Autobahn blockiert, der kann den vielversprechenden Weg zielführender Kommunikation wählen, anstatt zu dicht aufzufahren: Kurzes Anzeigen der Überholabsicht durch Lichthupe oder Hupe ist außerhalb geschlossener Ortschaften ausdrücklich durch die Straßenverkehrs-Ordnung gestattet – jedoch eben nur, wenn dabei der Sicherheitsabstand gewahrt bleibt ...