Unzuklässige Werbung für Simulatorstunden: Keine Ersparnis für Fahrschüler

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juli/2017, Seite 460

Simulatoren werden immer häufiger auch in Fahrschulen eingesetzt; für deren Nutzen gibt es bisher jedoch keinen wissenschaftlichen Beleg (Foto: Verlag Heinrich Vogel)Simulatoren werden immer häufiger auch in Fahrschulen eingesetzt; für deren Nutzen gibt es bisher jedoch keinen wissenschaftlichen Beleg (Foto: Verlag Heinrich Vogel)

Eine Ausbildung am Simulator kann aus unterschiedlichen Gründen nützlich und sinnvoll sein. Aber obwohl Fahrschulen seit vielen Jahren Fahrsimulatoren verwenden, gibt es bis heute keinen wissenschaftlich gesicherten Nachweis dafür, dass Fahrschüler davon Kostenvorteile haben.

 

Behaupten Fahrschulen in ihrer Werbung, durch Ausbildung am Fahrsimulator entstünden ihren Kunden geringere Kosten beim Erwerb des Führerscheins, verstoßen sie gegen das Wettbewerbsrecht. So jedenfalls urteilte jüngst das Landgericht Bielefeld in seiner Entscheidung vom 09.05.2017 (Az. 5 O 110/16).

Keine gesicherten Erkenntnisse

In Fachkreisen wird teils sehr leidenschaftlich über den Nutzen von Fahrsimulatoren für die Ausbildung von Fahrschülern diskutiert. Eine abgeschlossene, von der Mehrheit der Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer getragene Bewertung gibt es dazu noch nicht. Auch gibt es derzeit weder wissenschaftlich noch empirisch gesicherte Daten zur Wirkkraft einer teilweisen Ausbildung auf einem Fahrsimulator. Es ist bisher auch nicht untersucht, ob durch Üben am Simulator – wie häufig behauptet – etwaige Ängste vor dem Fahrzeug und der Straße abgebaut werden. Ebenso wenig ist untersucht, ob – wie von Skeptikern behauptet – beim Umstieg vom Simulator aufs Auto bei Fahrschülern ein schädlicher „Praxisschock“ eintritt. Einigkeit herrscht lediglich darin, dass der Simulator nur ein Abbild der Realität ist und vom Fahrschüler so auch wahrgenommen wird.

Einsparung?

Die Anzahl der benötigten Fahrstunden hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, auf die das Üben am Simulator nur sehr bedingt Einfluss hat. Maßgeblich sind Begabung, Motorik, Lernfähigkeit, Belastungsfähigkeit usw. des Fahrschülers. Der reale Straßenverkehr stellt weit höhere Anforderungen an die Psyche des Fahrschülers als das Üben am Simulator. Moderne Fahrsimulatoren mögen vor allem für die Anfangsphase des praktischen Fahrunterrichts nützlich sein, eine Gleichsetzung mit dem Üben im realen Straßenverkehr und die daraus folgernde Behauptung, jede Stunde im Simulator erspare eine Fahrstunde im Verkehr, sah das Gericht als nicht haltbar an.

Ziele der Fahrschüler-Ausbildungsordnung

Auch gibt es noch keine gefestigten Erkenntnisse darüber, inwieweit eine Ausbildung am Simulator die in § 1 Absatz 2 der Fahrschüler-Ausbildungsordnung formulierten Ziele (Bereitschaft und Fähigkeit zum rücksichtsvollen und partnerschaftlichen Verhalten, Bewusstsein für die Bedeutung von Emotionen beim Fahren sowie Verantwortung für Leben und Gesundheit, Umwelt und Eigentum) zu fördern vermag. Eine Werbung also, die der Verwendung von Fahrsimulatoren konkrete Wirkungen dieser Art zuschreibt, gilt derzeit als irreführend im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG § 5). 

Studie

Hintergrund der beanstandeten Werbemaßnahme war eine Studie des Institutes für Automobilwirtschaft vom April 2016. Diese beruht allerdings nicht auf tatsächlich erhobenen Daten, sondern auf Befragungen von Fahrschulunternehmen und Fahrschülern. Die Studie selbst weist darauf hin, dass in ihr ein wissenschaftlicher Beleg für eine Kostenersparnis nicht gesehen werden kann.

Vorteile – aber keine Kostenersparnis

Gegen die Verwendung von modernen Fahrsimulatoren ist weder rechtlich noch sachlich etwas einzuwenden. Im Gegenteil, sie können in vielen Fällen einen wertvollen Beitrag zur Ausbildung leisten. Auch bleibt es Fahrschulunternehmen unbenommen, in der Werbung auf die Vorteile der Verwendung eines Simulators hinzuweisen. Die Behauptung einer Ersparnis von Ausbildungskosten ist nach der Entscheidung des Landgerichts Bielefeld nicht zulässig. Die Kosten der Führerscheinausbildung sind neben Ausbildungsqualität und Vertrauen in den Fahrlehrer ein für Fahrschüler wichtiges Thema. Deshalb ist es unerlässlich, in einer Werbung mit Kostenvorteilen nur zutreffende Angaben zu machen.

Drivers Cam & Co

Vorsicht geboten ist auch bei Verwendung anderer technischer Hilfsmittel, die dem Fahrschüler durch Erfassen von Verkehrssituationen und Prüfungssimulationen zusätzliche Sicherheit für die Prüfungsfahrt vermitteln sollen. Auch die Nutzung derartiger technischer Hilfsmittel, die z.B. bestimmte Verkehrssituationen zum Nachfahren aufzeichnen, darf bis zum Vorliegen eines wissenschaftlichen Nachweises nicht als Ersatz für reale Fahrstunden beworben werden.  

Ralf Nicolai