EDITORIAL: FahrlG - Reform vor dem Abschluss

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Mai/2017, Seite 281

Liebe Leserinnen und Leser,

sofern am 12. Mai auch der Bundesrat zustimmt, wird das neue Fahrlehrerrecht voraussichtlich am 1. Januar 2018 in Kraft treten. Damit geht kurz vor Ende der Legislaturperiode ein lang hingezogenes Reformvorhaben zu Ende. Und das ist gut so, denn jede weitere Verzögerung hätte der Zukunftsfähigkeit des Berufsstandes geschadet.

Positiv: Die Dauer der Ausbildung des Fahrlehrernachwuchses wird um gut 30 Prozent verlängert. Damit soll der Vermittlung höherer pädagogischer und didaktischer Kompetenzen deutlich größeres Gewicht zugemessen werden.

Negativ: Aber gerade deshalb ist unbegreiflich, warum die Politik sich weigert, den mittleren oder einen vergleichbaren Bildungsabschluss als Eingangsvoraussetzung festzuschreiben. Die Bundesregierung äußerte dazu, man wolle den Fahrlehrerberuf bewusst für Bewerber ohne Schulabschluss, aber mit einer möglicherweise langjährigen Berufserfahrung öffnen. Außerdem dürften die Zugangsvoraussetzungen nicht zu hoch sein, um dem Nachwuchsmangel in diesem Berufsbild mit geringen Verdienstmöglichkeiten begegnen zu können. Diese Haltung ist eine schallende Ohrfeige für den Berufsstand. Um Polizeibeamter werden zu können, benötigt man einen mittleren Bildungsabschluss, aber der pädagogisch anspruchsvolle Fahrlehrerberuf wird im bildungsarmen Niedriglohnsektor angesiedelt.

Eine Erleichterung ist, dass Fortbildungsfristen ab 2018 nur noch auf das Kalenderjahr bezogen werden. Ebenso ist zu begrüßen, dass das Ablaufen der Fahrerlaubnis künftig nur zum Ruhen und nicht zum sofortigen Erlöschen der entsprechenden Fahrlehrerlaubnis führt.

Überzogen und nicht durch Auffälligkeiten zu rechtfertigen ist die neue Bestimmung, wonach Fahrlehrer der Klasse BE künftig alle 5 Jahre die für den CE-Führerschein erforderliche Sehkraft nachweisen müssen. Abzuwarten bleibt hingegen, wie sich die Öffnung der Zweigstellenbeschränkung, die Zulassung freier Mitarbeiter und die neuen Kooperationsmöglichkeiten auf die Entwicklung des Fahrschulmarktes auswirken werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz dieser kritischen und teils widersprüchlichen Regelungen ist es nun an der Zeit, sich dem neuen Recht mit vorsichtigem Optimismus zu nähern und ihm die Chance zu geben, die Alltagstauglichkeit unter Beweis zu stellen. Der Gesetzgeber hat immerhin zugesagt, bei in der Praxis auftretenden Schwächen zeitnah nachzubessern.

In diesem Sinne grüße ich Sie sehr herzlich
Ihr
Jochen Klima