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12. FeV-Änderungsverordnung: Umtauschpflicht und Klasse AM

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe November/2017, Seite 682

In der Oktober-Ausgabe der FahrSchulPraxis berichteten wir über die 12. Änderungsverordnung zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Der folgende Beitrag geht auf zwei wesentliche Punkte näher ein.

1. „Zwangsumtausch“

Nach § 24a Absatz 2 FeV müssen sämtliche vor dem 19. Januar 2013 ausgestellten Führerscheine bis spätestens 19. Januar 2033 in einen auf 15 Jahre befristeten Scheckkartenführerschein umgetauscht werden; die Fahrerlaubnis der Klassen AM, A1, A2, A, B, BE, L und T bleibt davon unberührt. Das betrifft die grauen und die rosaroten Führerscheine sowie die zwischen dem 01.01.1999 und dem 18.01.2013 ausgestellten Kartenführerscheine der ersten Generation.

Keine vorgezogene Umtauschpflicht  Die Bundesländer befürchten, dass viele Führerscheininhaber erst gegen Ende der Frist umtauschen werden. Das würde innerhalb weniger Wochen zu einem schwer zu bewältigenden Ansturm auf die Führerscheinstellen führen. Deshalb schlugen die Länder vor, einen vorge- zogenen und nach Erteilungsjahren gestaffelten Umtausch zu verordnen. Die Bundesregierung trat diesem Vorschlag nicht bei.

Klärungsbedarf

Bis zum Stichtag fließt zwar noch viel Wasser den Bach hinunter, aber Klärungsbedarf besteht schon heute. Denn zu dem im Jahr 2033 bevorstehenden „Zwangsumtausch“ kursieren längst dunkle, die EU diffamierende Gerüchte. Obwohl Fahrschüler von heute von dieser speziellen Umtauschpflicht nicht betroffen sind, sollte das Thema im theoretischen Unterricht angesprochen werden. Das kann zweifach nützlich sein: erstens, weil Fahrschüler korrekte Nachrichten zum „Zwangsumtausch“ nach Hause bringen; zweitens, weil auch ihr eigener Führerschein nach 15 Jahren verfällt. Und da könnte der Umtausch vielleicht genau in den Zeitraum des befürchteten Ansturms auf die Führerscheinstellen fallen.

2. Neudefinition der Klasse AM

Zweirädriges Klasse-AM-Fahrzeug – Piaggio Vespa 50 (Foto: Piaggio)Zweirädriges Klasse-AM-Fahrzeug – Piaggio Vespa 50 (Foto: Piaggio)

Bisher war die Beschreibung der in die Klasse AM fallenden Fahrzeuge (§ 6 Abs. 1 FeV – alt) meist auch für Laien verständlich. Die Rede war, etwas verkürzt dargestellt, von zwei- und dreirädrigen Kleinkrafträdern sowie vierrädrigen Leicht-Kfz mit einer bbH von 45 km/h und einem Hubraum von nicht mehr als 50 cm3 bei Verbrennungsmotoren. Ergänzend  enthielt die Vorschrift spezielle technische Daten für Elektro- und Dieselfahrzeuge. Der neue § 6 FeV bezieht sich für die Klasse AM auf die technische Klassifizierung der Kraftfahrzeuge nach der EU-Genehmigungsrichtlinie (Verordnung EU Nr. 168/2013, ABl. L 60 vom 2.3.2013, S. 52), nämlich auf die Fahrzeugklassen L1e, L2e und L6e.

Klasse AM

    • leichte zweirädrige Kraftfahrzeuge der Klasse L1e-B nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a der o.g. Verordnung,
    • dreirädrige Kleinkrafträder der Klasse L2e nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der o.g. Verordnung,
    • leichte vierrädrige Kraftfahrzeuge der Klasse L6e nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe f der o.g. Verordnung.

Verklausuliert

Dreirädriges Klasse-AM-Fahrzeug – Piaggio Ape 50 (Foto: Piaggio)Dreirädriges Klasse-AM-Fahrzeug – Piaggio Ape 50 (Foto: Piaggio)

Die Beschreibungen der Fahrzeuge sind nicht mehr sinnfällig. Deshalb sollte man, um sicherzugehen, die Begründung zum Beschluss des Bundesrates vom 7. Juli 2017 (Bundesratsdrucksache 417/17) zurate ziehen. Hier die wichtigsten Punkte:

    • Bei zweirädrigen Klasse-AM-Fahrzeugen ist ein Beiwagen nicht mehr zulässig.
    • Bei dreirädrigen Kleinkrafträdern der Klasse AM ist die maximale Leermasse auf 270 kg (früher 350 kg ohne Batterien bei Elektrofahrzeugen) beschränkt.  
      § 76 Nr. 8a FeV enthält dazu eine Übergangsvorschrift: Inhaber einer bis zum 23.08.2017 erteilten Fahrerlaubnis der Klasse AM dürfen auch dreirädrige Kleinkrafträder mit einer Leermasse von mehr als 270 kg und zweirädrige Kleinkrafträder mit Beiwagen führen.
    • Für drei- und vierrädrige Leicht-Kfz sind Benzinmotoren (Hubraum max. 50 cm3) sowie Elektromotoren und Selbstzündungsmotoren (Diesel) zulässig. Bei Selbstzündern ist jedoch neuerdings der Hubraum auf 500 cm3 beschränkt.

Bei vierrädrigen Kraftfahrzeugen der Klasse AM sind maximal zwei Sitzplätze erlaubt. Außerdem ist bei Quads die Nutzleistung auf 6 kW begrenzt, die Leermasse darf 425 kg nicht übersteigen (bisher 350 kg ohne Batterien).

Verknüpfung von Fahrzeug- und Fahrerlaubnisrecht

Vierrädriges Klasse-AM-Fahrzeug – Legier DUE3 Dynamic (Foto: Legier)Vierrädriges Klasse-AM-Fahrzeug – Legier DUE3 Dynamic (Foto: Legier)

Die Nutzung der EU-Fahrzeugklassen im Fahrerlaubnisrecht mag im Interesse einheitlicher EU-Führerscheinregelungen erforderlich sein. Allerdings erschwert es dem Normalbürger das Verstehen der Fahrerlaubnis-Verordnung.

Jochen Klima