Gebhard L. Heiler: Polizei erwischt 9-jährigen Schwarzfahrer

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe September/2017, Seite 550

Diese Überschrift ist Fiktion. Sie kam mir in den Kopf, als ich mit meinem Pedelec auf einem geteerten Feldweg dahinträumte und mich ein Knirps auf einem motorisierten Etwas flott überholte. Der 9-Jährige fuhr nicht Fahrrad, sondern auf einem Elektro-Scooter. Die als Hoverboards, E-Skateboards, E-Tretroller und E-Wheels marktfeilen elektrischen Kleinstfahrzeuge fahren ohne Unterstützung durch Muskelkraft bis zu 20 km/h (manche sogar bis 25 km/h) und passen als solche in keine Vorschrift der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Auch die Straßenverkehrs-Ordnung bietet ihnen keine rechtliche Heimat, denn § 24 StVO adressiert lediglich nicht motorbetriebene Schiebe- und Greifreifenrollstühle, Rodelschlitten, Kinderwagen, Roller, Kinderfahrräder, Inline-Skates, Rollschuhe und ähnliche Fortbewegungsmittel, die ausdrücklich nicht als Fahrzeuge im Sinne der Verordnung gelten. Und selbst das Segway-Dekret von 2009 hilft da nicht weiter (amtlich: Verordnung über die Teilnahme elektronischer Mobilitätshilfen am Verkehr). Kein Zweifel, der Geist der Erfinder und Konstrukteure verursachte wieder einmal eine Regelungslücke im sonst so dicht gestrickten deutschen Verkehrsrecht. 

Wizzard City Scooter - Bild: AmazonHoverboard - Bild: hands-free-segway reviews

Bild 1: Wizzard City Scooter - Bild: Amazon / Bild 2: Hoverboard - Bild: hands-free-segway reviews

Doch zurück zum Überholer. Er ist Pilot eines Wizzard City Scooters. Im Übrigen ist er ein Junge aus der Nachbarschaft. Man kennt sich, er heißt Felix, und so fröhlich ist er auch. Er hielt an, vermutlich um seine Begeisterung für den Scooter mit mir zu teilen. Meiner unverhohlenen Neugier an seinem Wizzard kam Felix mit einer bedienungstechnischen Einweisung entgegen. „Das ist leicht, das können Sie auch, Sie dürfen gern eine Runde drehen“, bot Felix mir an. Als ich mich zierte, verkündete Felix im Ton größten Vertrauens: „Mein Papa hat das Fahrzeug gut versichert, da kann Ihnen gar nichts passieren.“ Meine dennoch geringe Neigung, seinem Angebot näher zu treten, nahm er, wohl mit Rücksicht auf mein Alter, nicht übel, sagte Tschüss und zischte ab.

Diese elektromotorisch angetriebenen Kleinstfahrzeuge sind nach § 1 Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) Kraftfahrzeuge, auf die weder die Ausnahmen des § 1 Abs. 3 StVG noch die des § 3 Abs. 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) zutreffen. Und da sie bauartbestimmt schneller als 6 km/h fahren, sind sie fahrerlaubnispflichtig, denn auch die Ausnahmen des § 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) greifen nicht. Obwohl Felix’ Papa das Ding „gut versichert“ hat (wogegen?), verstößt der Junge gegen eine Reihe von Vorschriften, wenn er mit seinem Wizzard auf öffentlichen Straßen unterwegs ist.

Die Grünen-Fraktion des Bundestags (wer auch sonst?) hat aus der Lücke eine „Kleine Anfrage” gebastelt, nach der die Bundesregierung nun erwägt, die Elektro-Kleinstfahrzeuge zum Straßenverkehr zuzulassen. Dass es in manchen EU- Ländern für die Benutzung dieser Spaß-Vehikel keinerlei Vorschriften gibt, mögen manche cool finden. Aber passt das in unser System? Also schon wieder eine neue Verordnung? Ich meine, es könnte ohne große gesetzgeberische Anstrengungen gelingen, dieses „E-Spielzeug“ in der Segway-Verordnung unterzubringen. Doch wo auch immer, Felix würde es sicher nicht gefallen.

E-Scooter - Bild: Forca-Sports.de

Bild 3: E-Scooter - Bild: Forca-Sports.de