Überwachung der Fahrschulen: Deutlicher Richtungswechsel

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe August/2018, Seite 498

Paragraf 51 des am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Fahrlehrergesetzes steuert neue Ziele an: Das besondere Augenmerk richtet sich auf die Begutachtung der Unterrichtsqualität, während die sog. Formalüberwachung mehr nach hinten tritt.

Den Einführungserlass des baden-württembergischen Verkehrsministeriums zur neuen Überwachung hatten wir bereits in der Ausgabe Mai 2018, Seite 296 ff., der FahrSchulPraxis veröffentlicht.

Das Wichtigste vorweg

Dieser Erlass zeigt m.E. den Weg für einen unaufgeregten, maßvollen Einstieg in die neue Überwachung. Wer einen mindestens durchschnittlichen Unterricht abhält, kann der pädagogischen Überwachung mit einiger Gelassenheit entgegensehen. Das Überwachungspersonal ist im Übrigen gehalten, bei der Beurteilung der pädagogischen Qualität Besonnenheit walten zu lassen; im Zweifelsfall soll die Fahrschule nicht zuvorderst gerügt, sondern beraten und gefördert werden.

Qualitätssicherung

Ziel der neuen Überwachung ist Qualitätssicherung, nicht Sanktionen. Auch deshalb sollen die Behörden qualitätssichernde Maßnahmen wie Praxisberatungen oder spezifische Fortbildungen nur nach Feststellung eklatanter Mängel anordnen.

Vorgaben des Ministeriums

  • Der schon bisher mit der Überwachung beauftragte Treuhandverein für Verkehrserziehung und Verkehrssicherheit e.V. (THV) hat den Aufsichtsbehörden per Liste die im Jahr 2018 zur Überwachung anstehenden Fahrschulen benannt. Die Überwachung konnte erst nach Bestätigung dieser Liste durch die Behörden anlaufen.
  • Diese organisatorische Maßnahme war notwendig, aber auch zeitaufwendig. Somit konnten die ersten Überwachungen nach neuem Recht erst im Juni 2018 beginnen. Aus diesem Grund hat das Verkehrsministerium folgende Regelung getroffen: Fahrschulen, deren Überwachung verschoben werden musste, z.B. von Januar 2018 auf August 2018, stehen im Januar 2020 oder, bei verlängertem Zyklus, im Januar 2022 wieder zur Überwachung an (siehe Erlass Seite 502/503 dieser Ausgabe).
  • Der zuständige Sachverständige des THV nimmt mit der zur Überwachung anstehenden Fahrschule zwecks Terminabsprache Kontakt auf. Bei Vermutung von Befangenheit können beide, Fahrschule und Sachverständiger – wie schon bisher –, den jeweiligen Überwacher bzw. die Fahrschule ablehnen. Nach Klärung wird der Termin durch den THV schriftlich bestätigt.

Zeitaufwand

Der Erlass enthält zum Zeitaufwand folgende Regelungen:

Die Überwachung eines Fahrschulbetriebs sollte im Regelfall einen Gesamtzeitaufwand von vier Zeitstunden vor Ort plus Fahrzeiten nicht überschreiten. Der Schwerpunkt der Überwachung liegt auf der pädagogischen Überwachung der Fahrschulen. Eine Aufteilung in ein Drittel Formalüberwachung und zwei Drittel pädagogische Überwachung wird für sachgerecht gehalten.

Ein beispielhafter, vom Ministerium vorgegebener Ablauf

Bei angenommenem Unterrichtsbeginn um 19.00 Uhr geht das Ministerium beispielhaft von folgendem Ablauf einer Überwachung aus:

17:30 Uhr: Beginn der Formalüberwachung

18:30 Uhr: Ende der Formalüberwachung, Unterlagen können vervollständigt werden

19:00 Uhr: Beginn des zu überwachenden Theorieunterrichts

19:45 Uhr: Ende des Theorieunterrichts, Auswertungsgespräch und ggf. Abschluss der Formalüberwachung

21:30 Uhr: Ende der Überwachung

Nicht explizit im Erlass angesprochen, aber vom Überwachungspersonal so kommuniziert, wird Folgendes: Wenn es nicht möglich ist, dass ein anderer Fahrlehrer den Unterricht fortsetzen kann, ist es erlaubt, die Fahrschüler nach Abschluss der Überwachung, also, um beim o.g. Beispiel zu bleiben, um 19:45 Uhr nach Hause zu schicken und ihnen trotzdem den Besuch dieser Unterrichtseinheit gutzuschreiben. In Anbetracht der Tatsache, dass dies nur alle zwei bzw. alle vier Jahre einen einzelnen Unterrichtsabend betrifft, ist diese Vorgabe sachgerecht.

Überschaubare Kosten

Die bei der Überwachung entstehenden Kosten sind künftig durchaus überschaubar. Mehr als das Entgelt für die vorgegebenen vier Zeitstunden zuzüglich der Kosten für Reisezeit und Fahrt (Kilometergeld) des Sachverständigen dürften künftig nicht mehr zu Buche schlagen. Weil die bislang obligatorische Überprüfung des Theorieunterrichts jeder einzelnen Betriebsstelle entfällt und damit die Reisetätigkeit der Sachverständigen erheblich abnimmt, werden Kosten gespart. Somit kann angenommen werden, dass die Kosten im Vergleich zur bisherigen Form der Überwachung nicht oder nur gering steigen.

Formalüberwachung

Der formale Teil der Überwachung (ca. 1 Stunde) soll künftig im Wesentlichen folgende Punkte umfassen:

  • Einsicht in die Fahrschul- und Zweigstellenerlaubnisse,
  • Vorlage der Fahrlehrerscheine und Führerscheine (Kopien reichen aus),
  • Arbeitszeitnachweise (Stichproben),
  • Ausbildungsnachweise (20–30),
  • Struktur und inhaltliche Vollständigkeit der Ausbildung,
  • Kooperationen,
  • Aufzeichnungen über den Ausbildungsstand der in Ausbildung befindlichen Schüler,
  • Termine und Aufzeichnungen der abgehaltenen ASF- und FES-Seminare. Bei Auffälligkeiten darf der Sachverständige weitere Unterlagen anfordern und die beispielhafte Zeitvorgabe überschreiten.

Kriterien für den pädagogischen Teil der Überwachung

Für die Begutachtung des theoretischen Unterrichts sollen ähnliche Merkmale wie die in Anlage 2 der Fahrlehrer-Ausbildungsordnung aufgelisteten Qualitätskriterien für die Fahrschulausbildung maßgeblich sein. Die Sachverständigen verwenden folgerichtig dazu das u.s. abgedruckte Beobachtungsprotokoll. Jochen Klima

Beobachtungsprotokoll für den Theorieuntericht

Qualitätskriterium Ausprägung Anmerkungen
Die Unterrichtslektion war für die Fahrschüler klar erkennbar strukturiert. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 
Die Fahrschüler wurden durch das Lehrerverhalten für die Inhalte der Lektion interessiert. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 
Die Inhalte des Theorieunterrichts wurden sinnvoll mit der Praxisausbildung verzahnt. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 
Die Inhalte der Theorielektion wurden fachlich richtig vermittelt. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 
Die individuellen Stärken und Schwächen der Fahrschüler wurden differenziert berücksichtigt. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 
Die Reaktion auf Schülerbeiträge war stets wertschätzend. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 
Das Unterrichtstempo war stets für alle Fahrschüler angemessen. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 
Wichtige Inhalte der Unterrichtslektion wurden durch Wiederholung gefestigt. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 
Medien wurden stets gekonnt und zielgerichtet eingesetzt. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 
Lehrvorträge wurden stets verständlich und in angemessenem Umfang gehalten. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 
Erfahrungsberichte wurden gekonnt organisiert und ausgewertet. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 
Diskussionen wurden gekonnt organisiert und ausgewertet. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 
Lernkontrollen wurden zielorientiert durchgeführt und ausgewertet. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 
Die Richtlernziele nach § 1 Absatz 1 FahrschAusbO wurden angestrebt. __ trifft zu
__ trifft eher zu
__ trifft weniger zu
__ trifft nicht zu
 

 

Folgende Maßnahmen können aufgrund des Überwachungsergebnisses empfohlen werden:

__ eine Praxisberatung über eine verkehrspädagogisch-didaktisch angemessene Gestaltung der Fahrschülerausbildung gemäß § 16 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 FahrlGDV

__ eine inhaltsspezifische Sonderfortbildung gemäß § 16 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 FahrlGDV

__ eine Nachkontrolle gemäß § 16 Absatz 2 FahrlGDV

__ keine besonderen Maßnahmen notwendig

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