Ralf Schütze unterwegs für FPX: Premium-Schwede mitten im SUV-Boom

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juli/2018, Seite 456

Die SUV-Welle reißt nicht ab. Ihr Anteil an allen Automodellen liegt weltweit mittlerweile schon bei rund einem Drittel – Tendenz weiter steigend. Die bequemen, praktischen und übersichtlichen Allrounder machen sich auch als Fahrschulautos immer mehr breit. Wir haben den Volvo XC40, einen sogenannten Premium-SUV der Kompaktklasse, auf seine Tauglichkeit hin getestet. – Was kann das internationale „Auto des Jahres 2018“ im Fahrschuleinsatz?

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Schon 2014 galt es als Sensation, dass bereits mehr als jeder Fünfte verkaufte Pkw ein SUV war. 2017 war schon jeder dritte Pkw weltweit ein erhöhter und im Idealfall besonders übersichtlicher, praktischer und geräumiger SUV.

Allrad?     Längst hat sich die einstige Mischung aus Geländewagen und Pkw zum Crossover entwickelt, der seine Verwandtschaft zu Offroadern immer seltener mit Allradantrieb beweisen muss. So auch beim neuen Volvo XC40: Das internationale „Auto des Jahres 2018“ gab es zwar anfangs nur mit Allradantrieb in den beiden Modellen T5 (Benziner mit 247 PS) und D4 (Diesel mit 190 PS). Doch inzwischen ist der Schwede unter den Kompakt-SUV auch mit 1,5-l-Dreizylinder-Turbobenziner mit 156 PS zu haben. Diese T3 genannte Variante beginnt preislich bei 31.350 € – nicht so viel mehr als ein VW Tiguan mit 150 Benzin-PS, der ab 28.150 € zu haben ist. Und ein eher vergleichbarer BMW X1 mit 140 PS schlägt mit 31.700 € zu Buche, ein 150 PS starker Audi Q3 gar mit 32.450 €. Lohnt sich also der Griff zum schwedischen Premium-SUV?

Ideal für alle Beteiligten: Der Fahrlehrer sitzt bequelm, Fahrschüler haben Spaß und der Prüfer ausreichend Platz (©Ralf Schütze) Ideal für alle Beteiligten: Der Fahrlehrer sitzt bequelm, Fahrschüler haben Spaß und der Prüfer ausreichend Platz (©Ralf Schütze)

 

Quality     Auf den ersten Blick beim Probesitzen: ja. Es ist schon erstaunlich, wie viel Premium in einem Kompakt-SUV wie dem Volvo XC40 stecken kann. Wohin man auch blickt, was man auch anfasst: Alles sieht nach Premium aus, fühlt sich so an und riecht auch so. Mit seinem eigenständigen Design tanzt der nur 4,43 m lange XC40 im Vergleich zu anderen Volvos aus der Reihe: Er kommt viel kantiger daher als etwa seine großen SUV-Markenbrüder XC60 und XC90. Aber bei genauerem Hinsehen entpuppt er sich als typischer Vertreter der schwedischen Marke in chinesischer Hand (Geely). Materialien und Verarbeitung liegen auf hohem Niveau, und die Sicherheitsausstattung ist, wie zu erwarten, sehr umfangreich. Einer der Gründe, warum 60 Fachjournalisten aus 23 Ländern den jungen Schweden mit großem Vorsprung zum Auto des Jahres 2018 wählten.

Design Optisch fällt auf: Der bislang kleinste SUV der Marke schwingt zwar an der Front auch „Thors Hammer“ – die sogenannte Leuchtengrafik, in der die aktuellen Volvos vorn erstrahlen. Aber ansonsten hebt sich der XC40 mit einem individuelleren Kühlergrill von der allgemeinen Designsprache der Marke ab. Das gilt auch für die auffällige Einbuchtung an der Flanke oder das zweifarbige Dach, das einen klassentypisch verspielten Charakter verströmt. Klassentypisch für die kompakten und Mini-SUV, wohlgemerkt. Premium-Anspruch mit Augenzwinkern: An der Motorhaube lugt ein kleines Schwedenfähnchen seitlich hervor. Statt der serienmäßigen 17-Zoll-Felgen ist Aufrüstung mit bis zu riesenhaften 21-Zoll-Felgen möglich.

Die Front des XC40 entspricht nicht dem üblichen Volvo-Design, das Heck dagegen: eindeutig Volvo (©Volvo)Die Front des XC40 entspricht nicht dem üblichen Volvo-Design, das Heck dagegen: eindeutig Volvo (©Volvo)
Die Front des XC40 entspricht nicht dem üblichen Volvo-Design, das Heck dagegen: eindeutig Volvo (©Volvo)

 

Blickfang Vorteil für die Ansprache potentieller Fahrschüler: Außen wie auch innen geht‘s beim XC40 jünger und frischer zu als bei den Markenbrüdern. Volldigitale Instrumente auf einem riesigen 12,3-Zoll-Bildschirm statt Analoguhren und Holzdekor, dazu kontaktloses Handyladen und Connectivity auf neuestem Stand. Der große Infotainment-Bildschirm ist im Hochkant-Format sehr übersichtlich gestaltet. Wenn man erst einmal damit vertraut ist, erweist sich das System als sehr bedienungsfreundlich. Bis dahin sucht man nach manchen Funktionen allerdings eine ganze Weile. Einige sind zu weit im Menü versteckt; da haben es die Programmierer etwas übertrieben. Versöhnlich: Alle Bedienelemente sind optisch und haptisch top. Praktisches Detail und eine Eigenheit von Volvo und Skoda: An einem Plastik-Clip am linken inneren Frontscheibenrand kann man einen Parkausweis oder Ähnliches einfach und sicher einstecken – ein Cent-Teil mit großem Nutzen.

Der große Bildschirm im Hochkantformat ist sehr übersichtlich gestaltet (©Volvo)
Der große Bildschirm im Hochkantformat ist sehr übersichtlich gestaltet (©Volvo)

Beim Rückwärtsfahren ist die Sicht nach hinten aufgrund der sehr breiten C-Säulen eingeschränkt (©Ralf Schütze)

Beim Rückwärtsfahren ist die Sicht nach hinten aufgrund der sehr breiten C-Säulen eingeschränkt (©Ralf Schütze)Interieur Die Ingenieure haben den Innenraum des XC40 sehr großzügig konstruiert, und zwar vorn wie hinten. Im Stadtverkehr kommen dem XC40-Fahrer bzw. dem Fahrschüler nicht nur die kompakten Außenmaße des Premium-Allrounders zugute, sondern auch die rundum sehr gute Übersicht. Die SUV-typisch leicht erhöhte Sitzposition wirkt sich hier positiv aus. Und was wegen der etwas breiteren C-Säulen nach schräg hinten an Übersicht fehlt, gleicht die 360-Grad-Kamera am großen Display meist wieder aus. Außer: An spitzwinkligen Einmündungen kann es sein, dass die Sicht nach schräg hinten nicht gut ist, und da hilft dann auch die Kamera nicht. Auf dem Arbeitsplatz des Prüfers hinten rechts stößt ein Zwei-Meter-Mann ganz leicht mit dem Scheitel am Dach an, bis 1,95 m gibt es keine Probleme. In Sachen Beinfreiheit haben im Fond des Volvo-SUV nicht einmal Sitzriesen Schwierigkeiten. Der Prüfer hat auch einen guten Blick auf alles und kann sich die Lüftungsdüsen der Klimaanlage selbst einstellen. Vom Beifahrersitz aus hat der Fahrlehrer einen perfekten Blick auf die wichtigen Instrumente. Das Handschuhfach ist ausreichend groß. Für DIN-A4-Dokumente ist in den Türablagen Platz, ebenso für eine Liter-Flasche oder kleinere Getränke. Auch für den Fahrlehrer ist der Blick nach schräg hinten deutlich eingeschränkt, so wie es der Fahrer auch beim rückwärts Rangieren oder Einfädeln spürt. Unabhängig von der Körpergröße fühlt man sich auf dem Fahrerplatz in keiner Dimension eingeengt. Im Gegenteil: Der Langstreckenkomfort ist hervorragend – weit besser, als man es dem kompakten SUV zunächst zutraut. Dabei spielen die Sitze eine wichtige Rolle: Sie glänzen bei flotter Fahrweise mit sehr gutem Seitenhalt, ausreichender Straffheit und Dauerkomfort. Akustisch gibt sich der XC40 sehr dezent: Bei 140 km/h z.B. glaubt man, vielleicht mit Tempo 80 dahinzurollen.

 

Viel Platz auch im Fond – das wird den Prüfer freuen (©Volvo)Viel Platz auch im Fond – das wird den Prüfer freuen (©Volvo)

 

Agilität Dem kurzen Radstand von 2,70 m sei Dank: Der XC40 wieselt an sich sehr agil durch Kurven. Allerdings schleppt er auch ganz schön Ballast mit sich herum. Nur dank eines recht straffen Fahrwerks kann der kleine Volvo-SUV das ausgleichen. Das bringt leichte Komforteinbußen mit sich, die man dem edlen Premium-Kompakten allerdings gern zugesteht. Im Vergleich zur allgemeinen Linie der Schwedenmarke gibt sich der XC40 insgesamt eher sportlich-straff. Anders die Lenkung, die im „Eco“-Modus zu indirekt wirkt. „Comfort“ oder gar „Dynamic“ passen besser zum dynamisch ausgelegten Allrounder.

Vom Beifahrersitz hat man sehr gute Sicht auf die Instrumente  (©Ralf Schütze)
Vom Beifahrersitz hat man sehr gute Sicht auf die Instrumente  (©Ralf Schütze)

 

Bilanz Alles in allem hinterlässt der Volvo XC40 einen wahrhaft imposanten Eindruck. Er ist eindeutig als City-SUV konzipiert, schon seine kompakten Ausmaße sind dafür bestimmend. Vermutlich liegen die Schweden ganz richtig mit ihrer Auslegung des kleinen Allrounders. Die Fahrleistungen des T3-Benziners sind allemal ausreichend, um flott genug und dabei relativ sparsam voranzukommen. Wer sich im Umfeld von Audi Q3, BMW X1 oder Mercedes GLA nach einem kompakten Premium-SUV umsieht, sollte den kleinen Schweden keinesfalls außer Acht lassen.