EDITORIAL: Überzogene Kontrollen

Jochen Klima, Vorsitzender des FLVBW

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Mai/2018, Seite 265

Liebe Leserinnen und Leser,

„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!“ Das dem Revolutionär Lenin zugeschriebene Zitat scheint zunehmend der Leitsatz von Politik und Verwaltung gegenüber der Fahrlehrerschaft zu sein.

Klar, der deutsche Staat hat den Fahrschulen eine herausgehobene Aufgabe und Verantwortung zugewiesen: Im Regelfall muss der Erteilung der Fahrerlaubnis die Ausbildung in einer Fahrschule vorausgehen. Dieser staatlich verordnete Bildungsauftrag bedarf der Kontrolle. Das wird als Prinzip von der großen Mehrheit der Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer anerkannt. Doch zwischen Prinzip und Akzeptanz des praktischen Vollzugs stehen immer auch Fragen: Muss das alles sein? Und in welchem Verhältnis stehen Aufwand und Kosten zur Wirksamkeit der Kontrollen? Diese Fragen müssen immer wieder gestellt werden, und zwar aktuell zu folgenden drei Punkten:

  • Die Reformer konnten sich nicht dazu durchringen, nach zwei hintereinander unbeanstandeten Überwachungen ohne Wenn und Aber den vierjährigen Überwachungszyklus festzuschreiben. Das nenne ich kleinlich, zumal die Aufsichtsbehörde bei Verdacht von Pflichtverletzungen jederzeit eine außerordentliche Überwachung anordnen kann.

  • Nach § 11 Absatz 4 FahrlG kann die Aufsichtsbehörde vom Inhaber einer Fahrlehrerlaubnis alle fünf Jahre zur Prüfung der Zuverlässigkeit die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses verlangen. Das mag bei begründeter Vermutung von Mängeln an der Zuverlässigkeit sinnvoll sein. Nun aber soll durch eine für die zweite Jahreshälfte 2018 geplante Änderung des FahrlG (siehe S. 306) aus der Kann-Bestimmung eine Muss-Vorschrift werden. Ohne Berücksichtigung ihres bisherigen beruflichen und persönlichen Verhaltens nach jeweils fünf Jahren ein großes Führungszeugnis zu verlangen, stellt alle Kolleginnen und Kollegen unter Generalverdacht.

  • Um Fahrlehrer/in der Klasse BE zu werden, bedarf es nicht mehr des Besitzes eines Lkw-Führerscheins. Doch von jedem BE-Fahrlehrer ist bis zum Eintritt ins Rentenalter alle fünf Jahre – wie für den Erwerb der Klasse C – der große Nachweis über die Sehkraft zu erbringen. Das ist Übermaßregelung. Ein regelmäßiger Nachweis der für den Erwerb des Führerscheins der Klasse BE erforderlichen Sehkraft würde völlig ausreichen. In Baden-Württemberg, wo seit vielen Jahren für den Fortbestand der Fahrlehrerlaubnis der Klasse BE auf die turnusmäßige Verlängerung der Lkw-Fahrerlaubnis verzichtet wird, gibt es mangelnder Sehkraft wegen keine nachweisbaren Auffälligkeiten von BE-Fahrlehrern/innen.

Ich meine, die deutschen Fahrlehrer/innen haben ein Recht darauf, dass in dem von ihnen zu ertragenden Kontrollwesen Maß und Ziel im Lot bleiben.

In diesem Sinne grüße ich Sie sehr herzlich
Ihr
Jochen Klima