Verkehrsministerium Baden-Württemberg: Urlaubsanspruch während der Fahrlehrerausbildung

 

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe September/2018, Seite 572

Auf Anfrage einer Fahrlehrerausbildungsstätte äußerte sich das baden-württembergische Verkehrsministerium zum Umfang zulässiger Fehlzeiten während der Fahrlehrerausbildung nach dem seit 1. Januar 2018 geltenden Recht.

Bisheriges Recht 

Für die Ausbildung zum Fahrlehrer galt bis zum 31.12.2017 die Regelung des § 2 Abs. 4 FahrlG a.F., wonach die fünfmonatige Ausbildung an der Fahrlehrerausbildungsstätte nicht unterbrochen werden durfte. Zulässig war jedoch eine unterrichtsfreie, auf die Dauer der Ausbildung nicht anrechenbare Zeit von bis zu einem Monat. Die Fahrlehrerausbildungsstätten nutzten diese Vorgabe, indem sie in der Regel pro Kurs zwei Ferienzeiten zu je zwei Wochen ansetzten. Darüber hinaus wurde eine gewisse Anzahl weiterer Fehltage, z.B. bei Krankheit oder für Behördengänge, toleriert.

Neues Recht seit 01.01.2018

Unlängst richtete eine Fahrlehrerausbildungsstätte folgende Anfrage an das baden-württembergische Verkehrsministerium:

„Betreff: Mögliche Fehlzeiten in der Ausbildung zum Fahrlehrer der Klasse BE

Sehr geehrte Frau Abele, wir bilden Fahrlehrer in allen Klassen aus. Zur Erteilung der jeweiligen Fahrlehrerlaubnis ist die vollständige Teilnahme an den Fahrlehrerkursen erforderlich; bis Ende 2017 wurden begrenzt Fehlzeiten in der Ausbildung von den Behörden akzeptiert. Maßgeblich für die Anzahl der möglichen Fehlstunden war in Baden-Württemberg ein entsprechender Erlass des Ministeriums […]. Es wurde in diesem Erlass die Obergrenze auf zwei Unterrichtstage je Ausbildungsmonat festgelegt […]. Bitte teilen Sie uns mit, welche Obergrenze an möglichen Fehlzeiten für die Fahrlehrerausbildung nach den ab dem 01.01.2018 geltenden Vorschriften anzusetzen sind.“

Antwort des Ministeriums

Die Anfrage beantwortete das Ministerium am 09.07.2018 per E-Mail wie folgt:

„Sehr geehrter Herr [...],

zu Ihrer untenstehenden Anfrage kann ich Ihnen – nach Rücksprache mit dem BMVI – Folgendes mitteilen:

Mit der Reform des Fahrlehrergesetzes und der damit in Zusammenhang stehenden Verordnungen wurde die Vorschrift des § 2 Abs. 4 FahrlG a.F., nach welcher vorgesehen war, dass die Ausbildung in der Fahrlehrerausbildungsstätte – abgesehen von einer auf die Dauer der Ausbildung nicht anrechenbaren unterrichtsfreien Zeit von bis zu einem Monat – nicht unterbrochen werden dürfe, geändert. Die neuerliche Regelung wurde nunmehr in § 1 Abs. 1 Fahrlehrer-Ausbildungsverordnung überführt und sieht vor, dass die Ausbildung in der Fahrlehrerausbildungsstätte in geschlossenen  Kursen erfolgt und vorbehaltlich arbeitsschutzrechtlicher, mutterschutzrechtlicher und urlaubsrechtlicher Bestimmungen nicht unterbrochen werden dürfe.

Die urlaubsfreie Zeit von höchstens 1 Monat, welche früher meist im Sinne von 2 x 2 Wochen "Ferien" vorgesehen war, ist entfallen. Mithin wurde unter Anwendung des Bundesurlaubsgesetzes die Möglichkeit geschaffen, dass Fahrlehreranwärter entsprechend ihrer eigenen Interessen und familiären Bedürfnisse innerhalb der mindestens einjährigen Ausbildung flexibel Urlaub nehmen können. Bei einer Arbeitswoche mit regelmäßig 5 Werktagen entspricht dies einem Anspruch auf Urlaub in Höhe von 20 Tagen. Darüber hinaus gehende Fehltage während der Ausbildung sind nicht zulässig. In Ausnahmefällen kann dem Fahrlehreranwärter auf seinen Antrag hin Sonderurlaub nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften (§ 616 BGB) gewährt werden.

Der "Erlass zu § 2 Absatz 4 Satz 1 FahrlG a.F./ Fehlstunden bei der Fahrlehrerausbildung" findet daher keine Anwendung mehr. Die nachgeordneten Behörden und die Fahrlehrerverbände werden wir entsprechend informieren.

Mit freundlichen Grüßen
Katharina Abele
Referat 46 – Verkehrsrecht, Verkehrssicherheit Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg“

Information 

Mit E-Mail informierte das Verkehrsministerium die Behörden sowie die Fahrlehrerverbände über die ministerielle Sichtweise, die damit einem Erlass gleichkommt:

„Az.: 4-3854/993

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

nachstehend übersenden wir Ihnen die Antwort des Verkehrsministeriums vom 9. Juli 2018 auf die Anfrage einer Fahrlehrerausbildungsstätte. Mit der Novellierung des Fahrlehrergesetzes sind die Anwendungshinweise vom 23. Februar 2005, Az. 3-3853.2-1/90, obsolet geworden und daher nicht weiter anzuwenden.

Wir bitten um Kenntnisnahme, Beachtung und Weiterleitung an die nachgeordneten Behörden.

Mit freundlichen Grüßen
Katharina Abele
Referat 46 – Verkehrsrecht, Verkehrssicherheit Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg“

Urlaubsanspruch während des Kurses

Mit diesem Schreiben hat die oberste Landesbehörde bestätigt, dass Fahrlehreranwärter während der Fahrlehrerausbildung in der Fahrlehrerausbildungsstätte Anspruch auf Urlaub nach den Vorgaben des Bundesurlaubsgesetzes haben. Spannend ist nun, wie die Ausbildungsstätten mit dieser Neuregelung umgehen werden. Machen sie weiterhin zu bestimmten Zeiten „Betriebsferien“, um diesem Anspruch nachzukommen? Oder werden sie gemäß Bundesurlaubsgesetz den Teilnehmern Urlaub nach deren individuellen zeitlichen Wünschen gewähren? Bei Letztem drängt sich die Frage auf: Kann es bei einer in Form von geschlossenen Kursen organisierten Fahrlehrerausbildung im Interesse einer umfassenden, lückenlosen und nachhaltigen Ausbildung angehen, dass Fahrlehreranwärter nach Gusto Urlaub machen, während der planmäßige Unterricht in der Fahrlehrerausbildungsstätte weiterläuft?

Jochen Klima