Fahrschulwechsel - Ausbildungsnachweis verweigern?

© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe August/2019, Seite 472

Fahrschüler haben das Recht, den mit einer Fahrschule geschlossenen Ausbildungsvertrag zu kündigen und die Ausbildung in einer anderen Fahrschule fortzusetzen.

In jüngster Zeit häufen sich bei der Verbandsgeschäftsstelle in Korntal die Beschwerden über Fahrschulen, die nach einem Fahrschulwechsel dem Kunden den Ausbildungsnachweis verweigern.

Klarer Rechtsanspruch

Nach § 6 Absatz 2 letzter Satz der FahrschAusbO hat die Fahrschule dem Fahrschüler bei nicht abgeschlossener Ausbildung die durchlaufenen Ausbildungsteile schriftlich zu bestätigen. Mit der aktuellen Ausbildungsbescheinigung kann nur der Abschluss der Ausbildung bescheinigt werden. Sie eignet sich nicht für die Bestätigung von einzelnen Ausbildungsteilen. Deshalb ist im Fall einer nicht abgeschlossenen Ausbildung der Ausbildungsnachweis zu verwenden; zulässig wäre auch eine formlose Bestätigung der absolvierten Unterrichte und Fahrstunden.

Zwingend: Kündigung in Textform

Unabdingbare Voraussetzung für den Anspruch auf einen Ausbildungsnachweis ist eine schriftliche Kündigung des Ausbildungsvertrags. Dafür gilt das sogenannte Textformerfordernis. Das bedeutet, dass beispielsweise eine Kündigung auch per E-Mail zulässig ist. Nicht formgerecht sind hingegen Telefonanrufe, WhatsApp- oder Facebook-Nachrichten.

Adressat ist der Fahrschüler

Die neue Fahrschule kann von der vorherigen nicht die Übersendung des Ausbildungsnachweises verlangen. Adressat des Dokuments ist ausschließlich der Fahrschüler, nur er hat den Rechtsanspruch. Es ist seine Angelegenheit, den Ausbildungsnachweis an die neue Fahrschule weiterzureichen.

Fahrerlaubnisbehörde kann helfen

Wird dem ehemaligen Kunden der Ausbildungsnachweis verweigert, kann sich der Fahrschüler an die zuständige Fahrerlaubnisbehörde wenden. Die Aufsichtsbehörde kann gegen eine Fahrschule, die den Ausbildungsnachweis verweigert, ein Bußgeldverfahren einleiten. Die dabei gelegentlich von Behörden geäußerte Auffassung, dafür sei man nicht zuständig, der Anspruch des Fahrschülers auf einen Ausbildungsnachweis sei lediglich zivilrechtlicher Natur, ist falsch. Die Herausgabe des Ausbildungsnachweises ist eindeutig und unzweifelhaft eine bußgeldbewehrte fahrlehrerrechtliche Pflicht.

Verweigerung ist eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit

Gemäß § 8 Nr. 7 DV-FahrlG handelt es sich bei der Verweigerung des Ausbildungsnachweises oder mangelhafter Bestätigung durchlaufener Ausbildungsteile um eine Ordnungswidrigkeit. Dieser Rechtsverstoß ist gemäß der lfd. Nummer 33 des baden-württembergischen Bußgeld- und Maßnahmenkatalogs Fahrlehrerrecht mit einer Geldbuße von bis zu 1.000 € bewehrt und wird außerdem im zentralen Fahrlehrerregister eingetragen.

Unbürokratische und kostenlose Ausstellung ist Pflicht

Gelegentlich verlangen Fahrschulen vom ehemaligen Kunden nach einer Kündigung des Ausbildungsvertrages, er müsse persönlich kommen, um den Ausbildungsnachweis abzuholen. Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage. Es ist auch nicht zulässig, für die Ausstellung des Ausbildungsnachweises eine Gebühr zu verlangen. Die gelegentlich durchgedrungene
Behauptung, beim Wechsel der Fahrschule oder vorzeitiger Beendigung des Ausbildungsvertrages sei eine „Wechsel-Gebühr“ fällig, gehört in die Rubrik „versuchter Betrug”. Das Ausstellen des Ausbildungsnachweises ist eine Verwaltungstätigkeit, die mit Entrichtung des Grundbetrages abgegolten ist.

Und wenn der Fahrschüler noch Schulden hat?

Die Pflicht zu Ausstellung eines Ausbildungsnachweises besteht ungemindert auch dann, wenn ein ehemaliger Kunde der Fahrschule noch Geld schuldet. Es ist nicht zulässig, deshalb den Ausbildungsnachweis zu verweigern. Eine Anfrage der aufnehmenden Fahrschule bei der vorherigen kann helfen, Verluste zu vermeiden. Dieser gute Brauch ist in den letzten Jahren ein wenig in Vergessenheit geraten. Daran sollte man sich wieder erinnern, denn Überschuldung und nicht bezahlte Rechnungen sind keine Seltenheit.

Was kann die Fahrschule tun?

Da die Fahrschule den Ausbildungsnachweis nicht verweigern darf, muss sie nach anderen Wegen suchen, ihr Geld zu bekommen. In den von der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V. (BVF) empfohlenen AGB (AGB als PDF ...) der Fahrschulen ist aus gutem Grund vorgesehen, dass der Grundbetrag bei Anmeldung, das Entgelt für Fahrstunden und für Prüfungen im Voraus zu entrichten ist. Wer so verfährt oder Zwischenrechnungen stellt oder Akontozahlungen verlangt oder seine Forderungen an ein Factoring-Unternehmen abtritt, bleibt auch bei einem Fahrschulwechsel nicht auf offenen Forderungen sitzen.

Jochen Klima